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Voraussetzung für die Haftung des Luftfrachtführers für einen Personenschaden ist nach Art 17 Abs 1 MÜ, dass sich der „Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat“.
Der Begriff „Unfall“ iS dieser Bestimmung erfasst jeden Sachverhalt, der an Bord eines Luftfahrzeugs vorfällt und in dem ein bei der Fluggastbetreuung eingesetzter Gegenstand eine körperliche Verletzung eines Reisenden verursacht hat, ohne dass ermittelt werden müsste, ob der Sachverhalt auf ein luftfahrtspezifisches Risiko zurückgeht (hier: Verbrühung durch heißen Kaffee, weil während des Flugs der Kaffeebecher auf dem Ablagebrett des Vordersitzes aus ungeklärter Ursache ins Rutschen geraten und umgefallen war).
Um den Interessenausgleich zu wahren, sieht das MÜ in bestimmten Fällen die Befreiung des Luftfrachtführers von der Haftung oder eine Beschränkung seiner Schadenersatzpflicht vor. Art 20 MÜ bestimmt nämlich, dass der Luftfrachtführer ganz oder teilweise von seiner Haftung gegenüber dem Reisenden befreit ist, wenn er nachweist, dass dieser den Schaden durch eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung – wenn auch nur fahrlässig – verursacht oder dazu beigetragen hat. Allerdings ergibt sich aus Art 21 Abs 1 MÜ, dass für Schäden nach Art 17 Abs 1 MÜ (Tod oder Körperverletzung eines Reisenden) die Haftung des Luftfrachtführers weder ausgeschlossen noch beschränkt werden kann, wenn diese Schäden eine bestimmte Entschädigungsschwelle nicht übersteigen (100.000 Sonderziehungsrechte). Nur oberhalb dieser Schwelle kann nach Art 21 Abs 2 MÜ der Luftfrachtführer seiner Haftung entgehen, indem er nachweist, dass der Schaden nicht von ihm oder aber ausschließlich von einem Dritten verschuldet wurde.
EuGH 19. 12. 2019, C-532/18, Niki Luftfahrt
Zum Vorabentscheidungsersuchen OGH 26. 6. 2018, 2 Ob 79/18h, Rechtsnews 25846 = RdW 2018/467.
Zu den Schlussanträgen des Generalanwalts siehe Rechtsnews 27996 = RdW 2019/519.
Der EuGH hat für Recht erkannt:
Art 17 Abs 1 des am 28. 5. 1999 in Montreal geschlossenen Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, das von der Europäischen Gemeinschaft am 9. 12. 1999 unterzeichnet und mit dem Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. 4. 2001 in ihrem Namen genehmigt wurde, ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Unfall“ iS dieser Bestimmung jeden an Bord eines Luftfahrzeugs vorfallenden Sachverhalt erfasst, in dem ein bei der Fluggastbetreuung eingesetzter Gegenstand eine körperliche Verletzung eines Reisenden verursacht hat, ohne dass ermittelt werden müsste, ob der Sachverhalt auf ein luftfahrtspezifisches Risiko zurückgeht.