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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
MwStSyst-RL: Art 173, Art 184 bis 186
Abstract
Der EuGH beschäftigte sich in diesem Urteil mit der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vorsteueraufteilung bei gemischten Umsätzen nachträglich verändert werden kann. Er hielt fest, dass das nationale Recht eine einseitige Änderung der Berechnungsmethode versagen kann. Bei einer Änderung von Umständen, die den Steuerpflichtigen jedoch bei der Wahl der Berechnungsmethode beeinflusst hätten, ist eine nachträgliche Änderung unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
EuGH vom 30. 4. 2020, C‑661/18
Sachverhalt
CTT, ein portugiesischer Unternehmer für Postdienste, erbrachte sowohl unecht steuerbefreite als auch steuerpflichtige Umsätze. CTT erhielt von der Steuerbehörde eine bis 31. 12. 2012 befristete verbindliche Auskunft, dass die von CTT angebotenen Postzahlungsdienste steuerbefreit seien. Mit 1. 1. 2013 kam es zu einer unionsrechtlich bedingten Liberalisierung der Postdienste in der EU. CTT hinterfragte 2015 die steuerfreie Behandlung der Postzahlungsdienste und verrechnete ab Mai 2015 MwSt auf die Postzahlungsdienste.
In einer neuen verbindlichen Auskunft bestätigte die portugiesische Steuerbehörde, dass die erbrachten Postzahlungsdienste nicht mehr unter die Steuerbefreiung fielen. CTT verrechnete MwSt für die Zeiträume 2013-2015 nach und berichtigte die eingereichten Erklärungen. In diesem Zuge änderte CTT auch die Berechnung des Vorsteuerabzugs. Ein Teil der zuvor mit der Pro-rata-Methode berechneten Vorsteuer wurde durch die Zuordnungsmethode abgezogen, was zu einem höheren Vorsteuerabzug führte.
Die portugiesische Steuerbehörde wies eine Änderung der Berechnungsmethode nach Anwendung des endgültigen Pro-rata-Satzes ab, jedoch berichtigte sie die Pro-rata-Sätze für die Jahre 2013-2015, weil die Postzahlungsdienste nicht steuerbefreit waren.
Entscheidung des EuGH
Mit seinen Vorlagefragen fragte das portugiesische Gericht den EuGH (i) ob eine Änderung der Berechnungsmethode von Vorsteuerabzügen nach Festsetzung des endgültigen Pro-rata-Satzes möglich ist und (ii) ob die angewandte Vorsteuerabzugsmethode auf die neu hervorgekommen Umstände angepasst werden darf. Der vorliegende Newsbeitrag konzentriert sich auf die zweite Vorlagefrage – die Berichtigung der Berechnungsmethode.
Bei der Beantwortung der zweiten Frage ist zu berücksichtigen, dass die Postzahlungsdienstleistungen seit 2013 zwar nicht mehr steuerbefreit waren, CTT jedoch bei der Wahl der Vorsteuerabzugsmethode (gutgläubig) von der Steuerfreiheit der Leistungen ausgegangen war. Da die umsatzsteuerliche Qualifikation der Postzahlungsdienste durch die Aufhebung der Steuerbefreiung verändert wurde, ist dies ein Faktor, der ursprünglich bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrages berücksichtigt worden wäre. CTT hat demnach ein Recht auf Berichtigung der Vorsteuer.
Durch den Wegfall der Steuerbefreiung kann es dazu kommen, dass Leistungen, die ursprünglich für die gemischte Verwendung genutzt wurden, nun ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze verwendet werden. Aus diesem Grund hat CTT ein Recht auf Änderung der Abzugsmethode, vorausgesetzt (i) der Mitgliedstaat sieht die Zuordnungsmethode vor und (ii) CTT wusste bei der Wahl der Methode nicht, dass Umsätze, die CTT für steuerbefreit gehalten hatte, eigentlich steuerpflichtig waren.
Außerdem darf (iii) die nationale Ausschlussfrist noch nicht abgelaufen sein. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit sind Ausschlussfristen mit der MwStSyst-RL vereinbar, solange sie dem Grundsatz der Äquivalenz und Effektivität entsprechen. Der Grundsatz der Effektivität steht einer Regelung entgegen, nach der dem Steuerpflichtigen nach Festsetzung des Pro-rata-Satzes die Möglichkeit genommen wird, Berichtigungen vorzunehmen, obwohl die Ausschlussfrist noch nicht abgelaufen ist.
Als (iv) Voraussetzung muss die Änderung der Methode des Vorsteuerabzuges zu einer genaueren Berechnung führen. Da der EuGH die Konjunktion „und“ in dem Urteil verwendet, ist eine Änderung der Methode zur Berechnung des Vorsteuerabzuges nur möglich, wenn alle vier Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind.
Conclusio
In diesem Urteil betont der EuGH, dass die nachträgliche Änderung der Berechnungsmethode unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sein muss. Österreich sieht in § 12 Abs 4 ff UStG verschiedene Vorsteuerberechnungsmethoden vor. Erfüllt ein Steuerpflichtiger die vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen, so sollten auch österreichische Steuerpflichtige die rückwirkende Änderung der Berechnungsmethode vornehmen können.