News

EuGH: Nationale Verrechnungspreisregelungen im Lichte der Grundfreiheiten

Bearbeiter: Alexandra Miladinovic

AEUV: Art 49 und 63

Abstract

Nationale Verrechnungspreisregelungen, die Steuerberichtigungen verlangen, wenn keine marktkonformen Vereinbarungen zwischen ausländischen Gesellschaften und ihren inländischen Zweigniederlassungen vorliegen, sind mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar.

EuGH vom 8. 10. 2020, Impresa Pizzarotti, C-558/19

Sachverhalt

Impresa Pizzarotti war eine rumänische Zweigniederlassung von Pizzarotti Italia, einer Gesellschaft mit Sitz in Italien. Im Jahr 2012 schloss die Zweigniederlassung als Darlehensgeberin zwei Darlehensverträge mit ihrer Muttergesellschaft. Die Darlehensverträge enthielten keine Klausel über die Erhebung von Zinsen durch die Darlehensgeberin. Bei nicht marktkonformen Übertragungen zwischen rumänischen Personen und gebietsfremden verbundenen Personen verlangten die rumänischen Verrechnungspreisregelungen eine Berichtigung der Steuerbemessungsgrundlage. Da die rumänische Steuerbehörde Impresa Pizzarotti als eine mit Pizzarotti Italia verbundene Person iSd Bestimmung qualifizierte und für das Darlehen kein marktkonformer Zinssatz erhoben wurde, erließ sie unter Berücksichtigung der Verrechnungspreisregelungen einen Bescheid, mit dem zulasten von Impresa Pizzarotti die Steuerbemessungsgrundlage angepasst und eine zusätzliche Steuer festgesetzt wurde. Im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens machte Impresa Pizzarotti geltend, dass die rumänischen Verrechnungspreisregelungen unionsrechtswidrig waren, weil sie nur Berichtigungen bei Übertragungen zwischen einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Zweigniederlassung und ihrer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Muttergesellschaft verlangten. Dagegen waren die Regelungen nicht anwendbar, wenn die Zweigniederlassung und ihre Muttergesellschaft in demselben Staat ansässig waren. Diese Ungleichbehandlung würde nach Ansicht von Impresa Pizzarotti gegen die EU-Grundfreiheiten verstoßen. Das rumänische Gericht teilte diese Bedenken und wandte sich mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.

Entscheidung

In der Rs Impresa Pizzarotti (C-558/19) vom 8. 10. 2020 befasst sich der EuGH mit der Vereinbarkeit der rumänischen Verrechnungspreisregelung mit der Niederlassungsfreiheit gem Art 49 AEUV. Zunächst weist der EuGH darauf hin, dass mit der Niederlassungsfreiheit auch das Recht von nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften verbunden ist, ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat durch eine Zweigniederlassung auszuüben. Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Zweigniederlassungen nach dem Ort des Sitzes ihrer Muttergesellschaften kann aus Sicht des EuGH eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellen. Im nächsten Schritt prüft der EuGH eine mögliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung und fokussiert sich dabei auf den Rechtfertigungsgrund der Notwendigkeit der Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten. Da die rumänische Regelung verhindern soll, dass Gewinne in Form von außergewöhnlichen oder unentgeltlichen Vorteilen aus dem Steuerhoheitsgebiet transferiert werden, ist sie für den EuGH geeignet, die Aufteilung der Besteuerungszuständigkeit sicherzustellen. Zudem erfüllt die Regelung die vom EuGH bereits in der Rs Hornbach-Baumarkt AG (C-382/16) aufgestellten zwei Voraussetzungen, die für die Verhältnismäßigkeit von Verrechnungspreisregelungen ausschlaggebend sind: Erstens räumt die Regelung dem Steuerpflichtigen, ohne ihn übermäßigen Verwaltungszwängen zu unterwerfen, die Möglichkeit ein, Beweise für etwaige wirtschaftliche Gründe für das Geschäft beizubringen. Zweitens ist die steuerliche Berichtigung lediglich auf den Teil beschränkt, der unter uneingeschränkten Wettbewerbsbedingungen vereinbart worden wäre. Aus diesem Grund geht die Regelung für den EuGH nicht über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist und damit liegt kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art 49 AEUV vor.

Conclusio

Die österr Verrechnungspreisregelungen (§ 6 Z 6 EStG und § 8 Abs 2 KStG) müssten die Vorgaben der EuGH-Rsp grds erfüllen: Berichtigungen erfolgen zu Fremdvergleichswerten und die Steuerpflichtigen können im Zuge des Abgabenverfahrens entsprechende Nachweise erbringen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29920 vom 11.11.2020