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EuGH: Pauschalreise – Beendigung durch Veranstalter wegen Reisewarnung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL (EU) 2015/2302: Art 12

Nach Art 12 Abs 3 Buchst b RL (EU) 2015/2302 (Pauschalreise-RL) kann der Reiseveranstalter den Pauschalreisevertrag beenden und dem Reisenden alle für die Pauschalreise getätigten Zahlungen voll erstatten, ohne jedoch eine zusätzliche Entschädigung leisten zu müssen, wenn er aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Reisevertrags gehindert ist und er den Reisenden unverzüglich vor Beginn der Pauschalreise von der Beendigung dieses Reisevertrags in Kenntnis setzt.

Für den Nachweis, dass er aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände iS dieser Bestimmung an der Erfüllung des Pauschalreisevertrags gehindert ist, kann sich der Reiseveranstalter auf die Veröffentlichung einer offiziellen Empfehlung durch die zuständigen Behörden berufen, die Reisenden davon abrät, sich in das betroffene Gebiet zu begeben, auch wenn der Reisende erklärt hat, an der Reise dennoch festhalten zu wollen, und es für den Reiseveranstalter nicht objektiv unmöglich gewesen wäre, diesen Reisevertrag durchzuführen.

Eine solche offizielle Reisewarnung kann jedoch insoweit keinen unwiderlegbaren Beweis darstellen. Unbeschadet des hohen Beweiswerts, den die Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie diesen Empfehlungen in Bezug auf das Vorliegen eines ernsten Gesundheitsrisikos beimessen können, muss der Reisende die Möglichkeit haben, sich auf Umstände zu berufen, die den Beweiswert dieser Empfehlungen entkräften können, um auf diese Weise die Begründetheit der Beendigung des Pauschalreisevertrags durch den Veranstalter anzufechten. Ließe man die Veröffentlichung amtlicher Reisewarnungen ohne Weiteres genügen, damit der Veranstalter den Pauschalreisevertrag aufgrund „unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände“ iSv Art 12 Abs 3 Buchst b Pausalreise-RL beendigen kann und somit keine zusätzliche Entschädigung leisten muss, könnte dies dem Reisenden die Ausübung seines Rechts auf eine solche Entschädigung unmöglich machen, weil solche Umstände zum Zeitpunkt der Beendigung in diesem Gebiet trotz der Annahme dieser Reisewarnungen möglicherweise nicht oder nicht mehr vorliegen.

EuGH 4. 10. 2024, C-546/22, Schauinsland-Reisen

Zum Vorabentscheidungsersuchen OGH 29. 6. 2022, 8 Ob 46/22f, RdW 2022/620.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35950 vom 09.10.2024