News

EuGH: Rundfunkbeitrag – Annahme von Barzahlungen?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AEUV: Art 2, Art 3, Art 128, Art 133

VO (EG) 974/98: Art 10

Allein der Unionsgesetzgeber ist ermächtigt, die rechtliche Ausgestaltung des Status als gesetzliches Zahlungsmittel zu präzisieren, der den Euro-Banknoten und den Euro-Münzen zuerkannt wird, soweit sich dies für die Verwendung des Euro als einheitliche Währung als erforderlich erweist.

Diese ausschließliche Zuständigkeit hindert jedoch einen Mitgliedstaat nicht daran, in Ausübung seiner eigenen Befugnisse – wie etwa der Organisation seiner öffentlichen Verwaltung – eine Maßnahme zu erlassen, die diese Verwaltung zur Annahme von Barzahlungen seitens der Bürger verpflichtet oder auch – aus einem Grund des öffentlichen Interesses – eine Ausnahme von dieser Verpflichtung für hoheitlich auferlegte Zahlungen einführt. Folgende Bedingungen sind dabei jedoch einzuhalten:

1.Diese Regelung hat nicht zum Zweck oder zur Folge, die rechtliche Ausgestaltung des Status dieser Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel zu determinieren;
2.sie führt weder rechtlich noch faktisch zu einer Abschaffung dieser Banknoten, insbesondere indem sie die Möglichkeit untergräbt, eine Geldleistungspflicht idR mit solchem Bargeld zu erfüllen;
3.sie wurde aus Gründen des öffentlichen Interesses erlassen;
4.die Beschränkung von Barzahlungen ist geeignet, das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse zu erreichen, und
5.sie überschreitet die Grenzen des Erforderlichen zur Erreichung dieses Ziels insofern nicht, als andere rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, um die Geldleistungspflicht zu erfüllen.

EuGH 26. 1. 2021, C-422/19 und C-423/19, Hessischer Rundfunk

Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.

Entscheidung

Die nationale Regelung sieht für die Zahlung des Rundfunkbeitrags andere rechtliche Mittel als Bargeld vor, nämlich Lastschrifteinzug, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung.

Ist die Zahl der Beitragspflichtigen sehr hoch, bei denen die Forderungen einzutreiben sind, kann dies nach Ansicht des EuGH eine Beschränkung der Barzahlungen rechtfertigen.

Insgesamt erscheint dem EuGH in den Ausgangsverfahren die fragliche Beschränkung sowohl geeignet als auch erforderlich, um das Ziel des tatsächlichen Einzugs des Rundfunkbeitrags zu erreichen: Mit ihr kann verhindert werden, dass die Verwaltung in Anbetracht der Kosten für die Einführung eines allen Beitragspflichtigen zugänglichen Verfahrens zur Barzahlung des Rundfunkbeitrags einer unangemessenen finanziellen Belastung ausgesetzt wird.

Das vorlegende Gericht muss jedoch prüfen, ob die Beschränkung im Hinblick auf dieses Ziel verhältnismäßig ist, insb in Anbetracht dessen, dass die anderen Mittel zur Zahlung des Rundfunkbeitrags möglicherweise nicht allen beitragspflichtigen Personen leicht zugänglich sind, was bedeuten würde, dass für Personen, die keinen Zugang zu diesen Mitteln haben, eine Möglichkeit der Barzahlung vorgesehen werden müsste.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30312 vom 27.01.2021