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EuGH: Telekom-Tarifoptionen zu einem „Nulltarif“

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

VO (EU) 2015/2120: Art 3

Zu drei deutschen Vorabentscheidungsersuchen iZm der VO (EU) 2015/2120 [über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet ...] (TSM-VO) – bzw der RoamingVO in ihrer Fassung durch die TSM-VO – hat der EuGH klargestellt, dass es mit den Pflichten aus Art 3 Abs 3 VO (EU) 2015/2120 unvereinbar ist, wenn Telekomunternehmen ihren Kunden die Aktivierung von Tarifoptionen zu einem “Nulltarif“ bieten, die aber zu folgenden Einschränkungen führt:

-Nutzungsbeschränkung beim Roaming (C-854/19);
-Einschränkung des Tethering (Hotspot, C-5/20);
-Bandbreitenlimitierung bei Videostreaming – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Videostreaming von Partnerunternehmen oder anderen Anbietern von Inhalten handelt (C-34/20).

EuGH 2. 9. 2021, C-854/19, Vodafone

EuGH 2. 9. 2021, C-5/20, Vodafone

EuGH 2. 9. 2021, C-34/20, Telekom Deutschland

Ausgangsfälle

In der Rs C-854/19 könne die Kunden des Telekomunternehmens zum Basistarif kostenlose Tarifoptionen zu einem „Nulltarif“ hinzubuchen (sog “... Pass“), die es ermöglichen, Dienste von Partnerunternehmen zu nutzen, ohne dass das dadurch verbrauchte Datenvolumen auf das Datenvolumen des Basistarifs angerechnet wird. Nach Verbrauch des Inklusivdatenvolumens wird die Übertragungsgeschwindigkeit gedrosselt, und zwar auch für die Nutzung der Dienste der Partnerunternehmen. Nach den AGB gelten diese Tarifoptionen nur im Inland; im Ausland wird das verbrauchte Datenvolumen auch bei Nutzung der Dienste von Partnerunternehmen auf das Inklusivdatenvolumen des Basistarifs angerechnet.

Die Bundesnetzagentur (zuständige Aufsichtsbehörde) stellte bescheidmäßig fest, dass die Anrechnung des Mobildatenvolumens für die Nutzung eines „Pass“ im Ausland auf den Basistarif sowie die Nutzungsgrenze von 5 GB im Ausland (ua) gegen Art 6a bzw Art 6b RoamingVO (VO (EU) 531/2012 idF TSM-VO) verstoßen, und untersagte dem Telekomunternehmen die weitere Verwendung dieser Tarifoptionen, soweit sie gegen diese Bestimmungen verstießen.

Die Rs C-5/20 betrifft dasselbe Telekomunternehmen und dieselben Tarifoptionen. In diesem Fall strittig ist die AGB-Klausel, wonach der Daten-Verbrauch bei Nutzung über Tethering (Hotspot) auf das Tarif-Datenvolumen angerechnet wird.

Die Bundesnetzagentur hatte keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Klausel (Tethering werde ja nicht ausgeschlossen und sei auch technisch weiterhin möglich). Über Klage eines Verbraucherschutzverbandes stellt sich für das vorlegende Gericht jedoch die Frage, ob die Klausel im Hinblick auf Art 3 Abs 1 und 2 TSM-VO gültig ist.

In der Rs C-34/20 bietet das dort betroffene Telekomunternehmen Endkunden für einige seiner Tarife eine Zubuchfunktion („Add-on option“) in Form einer kostenlosen Tarifoption zum „Nulltarif“ an (sog „Stream On“). Bei Aktivierung dieser Option wird das verbrauchte Datenvolumen bei Audio- und Videostreaming von Contentpartnern des Telekomunternehmens nicht auf das Inklusivdatenvolumen des Grundtarifs angerechnet, der Endkunde willigt jedoch in eine Bandbreitenlimitierung auf maximal 1,7 Mbit/s für Videostreaming ein, unabhängig davon, ob es sich um Videostreaming von Contentpartnern oder sonstigen Anbietern handelt.

Die Bundesnetzagentur ist der Ansicht, dass diese Tarifoption gegen die Pflichten aus Art 3 Abs 3 TSM-VO verstößt, weil sie mit einer Reduzierung der Datenübertragungsrate für Videostreams auf maximal 1,7 Mbit/s einhergehe. Zudem seien die erforderlichen Voraussetzungen für Verkehrsmanagementmaßnahmen nicht erfüllt worden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31416 vom 07.09.2021