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MwStSyst-RL: Art 135 Abs 1 lit g
Abstract
Der EuGH beschäftigte sich in diesem Urteil mit der Frage, ob die Steuerbefreiung für Sondervermögen auf bezogene Dienstleistungen anwendbar ist, wenn diese Dienstleistungen, neben der Verwaltung von Sondervermögen, auch für die Verwaltung von anderen Fonds verwendet werden. Der EuGH folgte der Ansicht von GA Pikamäe, dass es sich um eine einheitlich bezogene Dienstleistung handelt, auf die die Steuerbefreiung für Sondervermögen nicht anwendbar ist.
EuGH vom 2. 7. 2020, C‑231/19
Sachverhalt
BlackRock ist ein britisches Unternehmen, das Sondervermögen sowie andere Fonds verwaltet. Für die Verwaltung dieser Fonds bezieht BlackRock sonstige Leistungen von BMFI (einer US-Gesellschaft), die über eine Plattform namens Aladdin erbracht werden. BlackRock nutzt diese Leistungen, um überwiegend Fonds, aber auch Sondervermögen zu verwalten. Die Leistungen von Aladdin umfassen Performance- und Risikoanalysen und -monitoring, um Portfoliomanager bei Investitionsentscheidungen zu unterstützen, die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen und den Portfoliomanagern die Umsetzung von Handelsentscheidungen zu ermöglichen.
Da BMFI ein US-amerikanisches Unternehmen ist, entrichtet BlackRock die Umsatzsteuer für die bezogenen Leistungen. In den Jahren 2010–2013 vertrat BlackRock die Ansicht, die bezogenen Leistungen für die Verwaltung von Sondervermögen seien von der Umsatzsteuer befreit und BlackRock entrichtete nur Umsatzsteuer für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung der anderen Fonds.
Entscheidung des EuGH
Mit seiner Vorlagefrage befragte das Gericht den EuGH, ob die einheitliche Verwaltungsleistung von Sondervermögen als auch anderen Fonds unter die Steuerbefreiung des Art 135 Abs 1 lit g MwStSyst-RL zu subsumieren ist und wie diese Steuerbefreiung anzuwenden ist.
Zunächst ist zu prüfen, ob es sich bei den erbrachten Dienstleistungen um eine einheitliche Leistung handelt. Obwohl die Softwareverwendung von Aladdin vielfältige Einzelleistungen erbringt, bildet sie eine einheitliche Leistung, weil der Vorteil für den Empfänger hauptsächlich in der kombinierten Nutzung der verschiedenen Funktionen der Dienstleistung besteht. Bei der einheitlichen Leistung ist zwischen zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden: Eine einheitliche Leistung kann dann vorliegen, wenn die Leistung in Haupt- und Nebenleistungen teilbar ist, aber auch, wenn die untrennbaren Bestandteile der einheitlichen Leistung als gleichrangig eingestuft werden. Die unterschiedliche Verwendung der Dienstleistung für Sondervermögen und andere Fonds führt nicht dazu, dass die Leistung als Haupt- und Nebenleistung qualifiziert werden kann. Die Leistung besteht somit aus verschiedenen gleichbedeutenden Bestandteilen.
Auf einheitliche Leistungen ist ein einheitlicher USt-Satz anzuwenden, eine künstliche Aufteilung der Leistung soll nicht vorgenommen werden. Aus diesem Grund ist fraglich, ob sich die steuerliche Beurteilung nach der Art der überwiegend verwalteten Fonds zu richten hat. Würde ein Verwalter die bezogenen Leistungen überwiegend zur Verwaltung von Sondervermögen verwenden, so wäre demnach die Steuerbefreiung auf die Leistungen für die gesamte Tätigkeit, auch Fonds, die nicht Sondervermögen sind, anwendbar. Diese Interpretation widerspricht jedoch der engen Auslegung von Steuerbefreiungen.
Abschließend ist zu beachten, dass die Dienstleistungen nur dann als steuerbefreite Umsätze qualifiziert werden können, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden. Da BlackRock jedoch die bezogenen Dienstleistungen sowohl für die Verwaltung von Sondervermögen als auch für die Verwaltung von anderen Fonds bezieht, kann diese Dienstleistung nicht als spezifisch für die Verwaltung von Sondervermögen angesehen werden.
Conclusio
In diesem Urteil bestätigt der EuGH seine Rsp-Linie zur engen Auslegung von Steuerbefreiungen. Steuerbefreiungen sollen eine Ausnahme im Umsatzsteuersystem bilden, die von Rechtsanwendern eng interpretiert werden muss. Die Steuerbefreiung von Sondervermögen ist ein in der Praxis heiß diskutiertes Thema, das auch den EuGH in der Zukunft weiterhin beschäftigen wird (siehe zB die zwei Vorabentscheidungsersuchen des BFG: 29. 1. 2020, RE/5100002/2020 und 30. 1. 2020, RE/5100001/2020).