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RL 2000/31/EG : Art 3
Seit 2002 wird der Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft weitgehend durch die RL 2000/31/EG („RL über den elektronischen Geschäftsverkehr" = EC-RL = E-CommerceRL) geregelt. Nach ihrem „Herkunftslandprinzip“ sollten die Dienste der Informationsgesellschaft grds dem Rechtssystem des Herkunftsmitgliedstaats unterworfen werden (vgl Art 3 Abs 1 E-CommerceRL) und die Mitgliedstaaten dürfen im Einklang mit dieser Logik den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat grds nicht einschränken (Art 3 Abs 2 E-CommerceRL). Ein anderer Mitgliedstaat als der Herkunftsmitgliedstaat kann von diesem Prinzip nur durch Maßnahmen abweichen, die „im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft“ ergriffen werden und die Bedingungen des Art 3 Abs 4 Buchst a und b E-CommerceRL erfüllen.
Mit seiner ersten Vorlagefrage wollte der VwGH diesbezüglich wissen, ob ein Mitgliedstaat nicht nur individuell-konkrete Maßnahmen, sondern auch generell-abstrakte gesetzliche Maßnahmen treffen darf, die sich auf eine bestimmte Kategorie von Diensten beziehen (hier: Kommunikationsplattformen-Gesetz – KoPl-G).
Dazu hält der EuGH fest, dass der Grundsatz der Aufsicht im Herkunftsmitgliedstaat (Art 3 Abs 1 E-CommerceRL) zu einer Aufteilung der Regelungszuständigkeit zwischen dem Herkunftsmitgliedstaat eines Dienstenbieters und dem Mitgliedstaat führt, in dem der betreffende Dienst erbracht wird (Bestimmungsmitgliedstaat). Wäre der Bestimmungsmitgliedstaat dazu ermächtigt, nach Art 3 Abs 4 E-CommerceRL generell-abstrakte Maßnahmen zu erlassen, die unterschiedslos für alle Anbieter einer Kategorie dieser Dienste unabhängig von ihrem Herkunftsstaat gelten, würde dies in die Regelungszuständigkeit des Herkunftsmitgliedstaats eingreifen und bewirken, dass solche Anbieter sowohl den Rechtsvorschriften des Herkunftsmitgliedstaats als auch jenen des Bestimmungsmitgliedstaats unterworfen würden. Dies würde das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten untergraben, dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zuwiderlaufen, auf dem die E-CommerceRL beruht, und letztlich die rechtlichen Hemmnisse für den freien Dienstleistungsverkehr wieder einführen, die die E-CommerceRL beseitigen soll. Ein Mitgliedstaat darf daher den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus anderen Mitgliedstaaten nicht durch gesetzliche Maßnahmen generell-abstrakter Natur beschränken, die sich auf eine allgemein umschriebene Kategorie bestimmter Dienste der Informationsgesellschaft beziehen.
EuGH 9. 11. 2023, C-376/22, Google Ireland ua
Zum Vorabentscheidungsersuchen VwGH 24. 5. 2022, Ro 2021/03/0032-0034 (EU 2022/0003-0005), Rechtsnews 32667 = RdW 2022/365.
Zu den Schlussanträgen des Generalanwalts siehe Rechtsnews 34133 = RdW 2023/337.
Hinweis:
Da der EuGH die erste Vorlagefrage verneint hat, waren die zweite und die dritte Frage nicht zu beantworten.
Auf die VO (EU) 2022/2065 (Digital Services Act) ging der EuGH nicht ein – anders als der Generalanwalt, der darauf hinwies, dass die Fragestellung auch im Anwendungsbereich der neuen VO (EU) 2022/2065 (Digital Services Act) aktuell ist (siehe dazu Rechtsnews 34133).