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EuGH: Von Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaft outgesourcte Dienstleistungen USt-befreit?

Bearbeiter: Annika Streicher

MwStSystRL: Art 135 Abs 1 lit g

UStG 1994: § 6 Abs 1 Z 8 lit i

Abstract

Von Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften outgesourcte Dienstleistungen (steuerliche Arbeiten, Lizenzierung von Software) können unter die Befreiung gem Art 135 Abs 1 lit g MwStSystRL fallen. Nötig hierfür ist einerseits die Eigenständigkeit und andererseits die Spezifität und Wesentlichkeit der Dienstleistung. Maßgeblich für das Kriterium der Spezifität und Wesentlichkeit ist, dass die Dienstleistung ausschließlich für die Verwaltung von Sondervermögen verwendet wird.

EuGH vom 17. 6. 2021, C-58/20 und C-59/20, und DBKAG

Sachverhalt

Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften im Investmentfondsgeschäft sourcten Leistungen an die Unternehmer und SC GmbH aus. übernahm Leistungen zur Ermittlung der für die Einkünftebesteuerung der Anteilsinhaber maßgeblichen Werte, zB die Steuerrechnungen. stützte sich hierfür auf die Ertragsrechnung auf Fondsebene und erstellte daraus die Steuerrechnung auf Ebene der Anteilsinhaber. Die Verwaltungsgesellschaften übernahmen schließlich die von ermittelten Werte und übermittelten sie an die Meldestelle. SC GmbH stellte einer Verwaltungsgesellschaft gegen Zahlung einer Lizenzgebühr ein Nutzungsrecht an einer Software zur Erstellung wesentlicher Berechnungen für das Risikomanagement und die Performancemessung zur Verfügung. Diese Software war speziell auf das Investmentfondsgeschäft zugeschnitten und konnte nur auf der technischen Infrastruktur der Verwaltungsgesellschaft ausgeführt werden. Sowohl als auch die Verwaltungsgesellschaft DBKAG vertraten die Ansicht, dass diese Leistungen unter die Steuerbefreiung für die Verwaltung von Sondervermögen gem Art 135 Abs 1 lit g MwStSystRL fallen. Art 135 Abs 1 lit g MwStSystRL befreit „die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen“ von der USt. Der EuGH hatte zu entscheiden, ob die Befreiung auch diese von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachten Dienstleistungen umfasst.

Entscheidung des EuGH

Die von einem außenstehenden Dritten erbrachten Verwaltungsdienstleistungen fallen grds unter die Befreiung (EuGH Abbey National, C-169/04, Rz 69) – aber nur dann, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung von Sondervermögen erfüllen soll (EuGH Blackrock Investment Management, C-231/19, Rz 47). Das Kriterium der „Eigenständigkeit“ meint nicht, dass eine für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische und wesentliche Dienstleistung vollständig ausgelagert sein muss. Daher ist es unerheblich, dass die Verwaltungsgesellschaft die Meldung an die Meldestelle selbst vornahm und die Software nur auf der technischen Infrastruktur der Verwaltungsgesellschaft ausgeführt werden konnte.

Zum Kriterium der „Spezifität und Wesentlichkeit“ führte der EuGH aus, dass hierunter sowohl Aufgaben der Anlageverwaltung als auch administrative Aufgaben fallen können. Die von Dritten erbrachten Dienstleistungen müssen eine enge Verbindung mit der der Verwaltungsgesellschaft eigenen Tätigkeit aufweisen, die bewirkt, dass sie die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung von Sondervermögen erfüllen (EuGH GfBk, C-275/11, Rz 23). Dienstleistungen, die zum Zweck der Verwaltung von Anlagen unterschiedlicher Art konzipiert sind und auch für die Verwaltung anderer Fonds verwendet werden können, sind nicht spezifisch (EuGH Blackrock Investment Management, C-231/19, Rz 48 f). Die Dienstleistung darf ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden. Daher muss das vorlegende Gericht in Bezug auf die Leistung von prüfen, ob die steuerlichen Arbeiten Pflichten nach ö Recht entsprechen, die für Sondervermögen spezifisch sind und sich von den Pflichten anderer Investmentfonds unterscheiden. Auch die Leistung der SC GmbH ist unter diesem Blickwinkel zu würdigen.

Conclusio

Der EuGH trifft zwar keine abschließende Aussage über die Steuerfreiheit der outgesourcten Leistungen, scheint der Anwendung der Befreiung aber tendenziell zustimmend gegenüberzustehen. Es liegt nun am BFG, zu prüfen, ob die von und SC GmbH erbrachten Leistungen das Kriterium der Spezifität und Wesentlichkeit erfüllen. Geklärt werden muss, welche Tätigkeiten für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch sind. Einfache steuerberatende Tätigkeiten werden das Kriterium sicherlich nicht erfüllen, sog „Weißrechnen“ von Nichtmeldefonds hingegen möglicherweise schon.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31278 vom 02.08.2021