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MwStSystRL: Art 135 Abs 1 lit l
Abstract
Der BFH legt dem EuGH die Frage vor, ob die Verpachtung eines Putenstalles samt Betriebsvorrichtungen und Maschinen einheitlich unter die Umsatzsteuerbefreiung gem Art 135 Abs 1 lit l MwStSystRL zu fassen ist oder ob die Befreiung auf die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen und Maschinen nicht zur Anwendung kommt.
BFH vom 26. 5. 2021, V R 22/20
Sachverhalt
Der Kläger und Revisionsbeklagte verpachtete in den Jahren 2010-2014 Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Die Ausstattungselemente waren für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall notwendig. Die Vorrichtungen dienten der Fütterung, um die Tiere zur Schlachtreife heranzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen stellten das notwendige Stallklima her, spezielle Beleuchtungssysteme sorgten für eine gleichmäßige Ausleuchtung. Nach Ansicht des Klägers erbrachte er eine steuerbefreite einheitliche Leistung. Das FA hingegen war der Ansicht, nur die Verpachtung des Stallgebäudes sei steuerfrei. Der BFH legte die Sache dem EuGH vor.
Vorlagefragen an den EuGH
Art 135 Abs 1 lit l MwStSystRL befreit die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer. Als Ausnahme davon ist lt Art 135 Abs 2 lit c MwStSystRL die „Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen“ nicht von der Steuerbefreiung umfasst. Der BFH legte dem EuGH die Frage vor, ob diese lit c nur die isolierte (eigenständige) Vermietung von Vorrichtungen und Maschinen umfasst oder auch die Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die Nebenleistung zu einer Gebäudeverpachtung ist.
Zunächst weist der BFH auf eine Besonderheit beim Wortlaut der deutschen Sprachfassung von Art 135 MwStSystRL hin: Während Abs 1 lit l die „Vermietung und Verpachtung“ befreit, nimmt Abs 2 lit c nur die „Vermietung“ von Vorrichtungen und Maschinen von der Befreiung aus. Im ggst Fall handelte es sich um eine Verpachtung der Vorrichtungen und Maschinen, was für die Nichtanwendbarkeit der lit c sprechen würde. Die englische und französische Sprachfassung aber verwenden in Abs 1 lit l die Wendungen „leasing or letting“/„l’affermage et la location“ und in Abs 2 lit c „letting“/„les locations“, nehmen von der Steuerbefreiung also genau die Verpachtung von Vorrichtungen und Maschinen aus. Aus dem Wortlaut der Regelungen ist also schon aufgrund der Abweichung in den Sprachfassungen nicht viel gewonnen. Zusätzlich hat sich der EuGH noch nicht dazu geäußert, ob die zivilrechtlichen Unterschiede zwischen Vermietung und Verpachtung eine differenzierte umsatzsteuerliche Behandlung rechtfertigen.
Anschließend führt der BFH aus, dass die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen und Maschinen als unselbständige Nebenleistung zur Verpachtung des Stalles qualifiziert werden könne, weil sie die optimale Inanspruchnahme der Hauptleistung ermöglicht. Unklar ist aber, wie der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung und Art 135 Abs 2 lit c MwStSystRL zusammenwirken. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder könnte lit c die Einheitlichkeit der Leistung aufbrechen, wonach die Vermietung des Stalles befreit wäre, die Vermietung der Vorrichtungen und Maschinen jedoch nicht. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung könnte lit c aber auch vorgehen. Als Resultat wäre dann die gesamte Leistung steuerbefreit. Für die erste Ansicht spricht, dass die Verpachtung von Vorrichtungen und Maschinen im Widerspruch zum passiven Charakter der Vermietung steht. Wie zuletzt in der Rs Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö (EuGH 2. 7. 2020, C-215/19) festgehalten, umfasst die Steuerbefreiung des Art 135 Abs 1 lit l MwStSystRL lediglich die passive Gebrauchsüberlassung von Grundstücken und nicht die Erbringung zusätzlicher Leistungen. Für die zweite Ansicht spricht die Entscheidung in der Rs Mailat (EuGH 19. 12. 2018, C-17/18), wonach die Überlassung von Inventar Nebenleistung zu einer steuerfreien Gebäudeüberlassung sein kann.
Conclusio
Das öUStG befreit die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer und sieht in § 6 Abs 1 Z 16 TS 2 UStG eine Ausnahme von der Steuerbefreiung für die „Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstückes sind“ vor. Nach der Rsp des VwGH ist das Entgelt im Verhältnis der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Betriebsvorrichtungen zum Wert der zum Gebrauch überlassenen Grundstücksflächen aufzuteilen (VwGH 16. 3. 1987, 85/15/0255; 18. 11. 1985, 84/15/0148; vgl auch Ruppe/Achatz, UStG5 § 6 Rz 399). Sollte der EuGH entscheiden, dass Art 135 Abs 2 lit c MwStSystRL den Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung nicht bricht, müsste diese Ansicht überdacht werden. Die Folge wäre, dass sich die Rechtswirkung der lit c auf Fälle beschränkt, in denen die Überlassung von Vorrichtungen und Maschinen eigenständig erfolgt.