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MwStSyst-RL: Art 135 Abs 1 lit l, Art 135 Abs 2 lit c
Abstract
Während die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gem Art 135 Abs 1 lit l MwStSyst-RL von der Umsatzsteuer befreit ist, sieht Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL vor, dass die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von den Befreiungen nach Abs 1 ausgenommen ist. Der EuGH hatte zu entscheiden, ob die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen gem Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL auch dann steuerpflichtig ist, wenn diese Verpachtung eine Nebenleistung zu einer gem Art 135 Abs 1 lit l MwStSyst-RL steuerbefreiten Grundstücksverpachtung darstellt.
EuGH 4. 5. 2023, C-516/21, Finanzamt X
Sachverhalt
Y verpachtet ein Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Zu diesen Maschinen gehören ua eine Industrieförderspirale zur Fütterung der Puten sowie ein Heizungs-, Lüftungs-, und Beleuchtungssystem zur Sicherung einer der Tiere entsprechenden Temperatur und Ausleuchtung. Y erhält laut Pachtvertrag ein einheitliches Entgelt für die Überlassung des Stalles sowie der Vorrichtungen und Maschinen.
Während Y davon ausging, die Verpachtung der gesamten Liegenschaft inkl Maschinen sei eine umsatzsteuerfreie Leistung, vertrat das FA die gegenteilige Auffassung und brachte vor, dass einzig und alleine die Verpachtung des Stalles umsatzsteuerbefreit sei. Demgegenüber stellte die Verpachtung der Vorrichtungen und Maschinen eine umsatzsteuerpflichtige Leistung dar. Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Beschwerde Folge und führte mit Verweis auf die Rsp des BFH und EuGH aus, dass die Verpachtung der Vorrichtungen und Maschinen eine unselbstständige Nebenleistung zur Verpachtung des Stalles ist. Die Nebenleistung folgt dem umsatzsteuerrechtlichen Schicksal der Hauptleistung. Das FA erhob daraufhin Amtsrevision. Der BFH hatte Zweifel bezüglich der Auslegung von Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL und legte dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen gem Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) nach Art 135 Abs 1 lit l MwStSyst-RL steuerfrei ist?
Entscheidung des EuGH
Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL bestimmt, dass die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der in Art 135 Abs 1 lit l MwStSyst-RL vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen ist. Das vorlegende Gericht war der Ansicht, dass die Verpachtung der Maschinen eine Nebenleistung zur Verpachtung des Gebäudes ist. Nach der Rsp des EuGH gilt es bei einem Umsatz, der sich aus mehreren Einzelleistungen zusammensetzt, zu prüfen, ob eine einheitliche Leistung besteht oder mehrere voneinander unabhängige Leistungen nebeneinander stehen. Während die Nebenleistung immer dem umsatzsteuerrechtlichen Schicksal der Hauptleistung folgt, bedarf jede Hauptleistung einer eigenständigen umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung.
Eine wirtschaftliche einheitliche Leistung darf nicht künstlich aufgespalten werden. Vielmehr müssen solche Leistungen umsatzsteuerrechtlich eine Einheit bilden. Ausschlaggebend ist dabei, ob die Einzelleistungen aus Sicht des Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Einheit bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Eine derartige untrennbare wirtschaftliche Leistung liegt jedenfalls dann vor, wenn diese aus Hauptleistung und Nebenleistung besteht. Von einer unselbstständigen Nebenleistung kann gesprochen werden, wenn sie für den Kunden keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel ist, um die Hauptleistung optimal in Anspruch zu nehmen. In einem solchen Fall teilt die Nebenleistung das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung.
Bezogen auf die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken hat der EuGH bereits in vergangenen Entscheidungen festgehalten, dass die Verpachtung einer Immobilie mit der damit zusammenhängenden Verpachtung von Sachanlagen und Inventargegenständen eine einheitliche Leistung bildet, bei der die Verpachtung der Immobilie die Hauptleistung ist (EuGH 19. 12. 2018, C-17/18, Mailat, Rn 39 ff). Basierend auf den Schlussanträgen des GA führt der EuGH in weiterer Folge aus, dass Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL keine Bestimmung enthält, aus der sich das Erfordernis ergibt, einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang in eigenständige Leistungen aufzuteilen. Im Ergebnis überlässt es der EuGH im vorliegenden Fall dem vorlegenden Gericht zu entscheiden, ob die Verpachtung eines Zuchtstalles und die Verpachtung der darin enthaltenen Vorrichtungen und Maschinen eine wirtschaftliche Einheit bilden. Sollte dies der Fall sein – so der EuGH – ist die Steuerbefreiung des Art 135 Abs 1 lit l MwStSyst-RL sowohl auf die Verpachtung des Stalles als auch auf die verpachteten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden.
Conclusio
Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL wird in Österreich durch § 6 Abs 1 Z 16 TS 2 UStG umgesetzt. Demnach ist die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, nicht steuerbefreit, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstückes sind. Durch das gegenständliche Urteil spricht sich der EuGH klar gegen ein gesetzlich verankertes Aufteilungsgebot in Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL aus. Folglich kann aus Art 135 Abs 2 lit c MwStSyst-RL (bzw § 6 Abs 1 Z 16 TS 2 UStG) nicht zwingend geschlossen werden, dass die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken inkl der Verpachtung von Maschinen und sonstigen Einrichtungen zwei eigenständige Leistungen iSd Umsatzsteuerrechts sind. Ob diese Vermietung/Verpachtung des Gebäudes und der Vorrichtungen eine wirtschaftliche Einheit bildet und die Nebenleistung (Verpachtung der Maschinen) dem umsatzsteuerrechtlichen Schicksal der Hauptleistung (Verpachtung des Grundstückes) folgt, muss letztlich im Einzelfall entschieden werden. Im vorliegenden Fall lässt der EuGH zwar offen, ob eine einheitliche Leistung tatsächlich gegeben ist. Allerdings gibt er zu erkennen, dass eine wirtschaftliche Einheit eher anzunehmen ist als zwei eigenständige Hauptleistungen.