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EuGH: Wohnimmobilien-Verbraucherkredit – vorzeitige Rückzahlung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2014/17/EU: Art 25

Art 25 RL 2014/17/EU [über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher; WIKrRL] gewährt Verbrauchern das Recht, ihre Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag vollständig oder teilweise vor Ablauf des Vertrags zu erfüllen und dabei eine Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits zu erhalten. Nach den weiteren Regelungen des Art 25 WIKrRL dürfen die Mitgliedstaaten ua die Ausübung dieses Rechts an bestimmte Bedingungen knüpfen (etwa in zeitlicher Hinsicht) und eine angemessene und objektive Entschädigung für den Kreditgeber vorsehen; eine Vertragsstrafen darf gegen den Verbraucher jedoch nicht verhängt werden (Art 25 Abs 3 WIKrRL). Damit soll den Verbrauchern nicht nur ermöglicht werden, den größtmöglichen Nutzen aus dem Binnenmarkt zu ziehen, indem sie verschiedene Kreditangebote vergleichen und nutzen können (66. Erwägungsgrund der RL); zu den Zielen der WIKrRL gehört auch die Schaffung eines hohen Verbraucherschutzniveaus (Erwägungsgründe 5 und 6 der RL).

Die Fragen des vorlegenden Gerichts sind zunächst va darauf zurückzuführen, dass im nationalen Recht zwei verschiedene Arten der Entschädigung des Kreditgebers nebeneinander bestehen, je nachdem, ob der Verbraucher die vorzeitige Rückzahlung ohne vorherige Kündigung des Vertrags vornehmen möchte oder ob die vorzeitige Rückzahlung erfolgt, nachdem er von seinem Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags Gebrauch gemacht hat. Nach Ansicht des EuGH überlässt es Art 25 WIKrRL zwar dem nationalen Recht, die Modalitäten der Ausübung des Rechts auf vorzeitige Kreditrückzahlung festzulegen, es liefe aber dem Zweck der WIKrRL zuwider, wenn der Verbraucherschutz, den sie gewährleistet, von der etwaigen Entscheidung des Verbrauchers für die eine oder die andere dieser Modalitäten abhinge. Art 25 WIKrRL ist daher auch dann anzuwenden, wenn der Verbraucher seine Verbindlichkeiten vorzeitig erfüllt, nachdem er seinen Wohnimmobilien-Verbraucherkreditvertrag unter den Voraussetzungen gekündigt hat, die nach der nationalen Regelung vorgesehen sind.

Zu einer weiteren Vorlagefrage hält der EuGH fest, dass die Entschädigung für den Kreditgeber nicht auf die tatsächlich angefallenen Verwaltungskosten wegen der vorzeitigen Rückzahlung beschränkt ist, sondern die nationale Regelung hinsichtlich der Entschädigung des Kreditgebers auch den entgangenen Gewinn berücksichtigen darf, der diesem unmittelbar durch die vorzeitige Rückzahlung entsteht (und dessen Umfang zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung noch nicht feststeht), und insb den finanziellen Verlust, den der Kreditgeber gegebenenfalls iZm den restlichen, nicht mehr anfallenden Vertragszinsen erleidet; die Entschädigung muss dabei jedoch jedenfalls angemessen und objektiv sein, es darf keine Vertragsstrafe gegen den Verbraucher verhängt werden und die Entschädigung darf den finanziellen Verlust nicht überschreiten.

Mit seiner letzten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art 25 Abs 3 WIKrRL Vorgaben für die Berechnung der Rendite enthält, die sich daraus ergibt, dass der Kreditgeber die Mittel aus einem vorzeitig zurückgezahlten Kredit wieder anlegt, und und ob gegebenenfalls berücksichtigt werden muss, in welcher Art der Kreditgeber den vorzeitig zurückgezahlten Betrag tatsächlich verwendet. Nach Ansicht des EuGH müssen die Mitgliedstaaten auch hier dafür sorgen, dass die vom Kreditgeber vorgenommene Berechnung seines entgangenen Gewinns unter Berücksichtigung der pauschalen Rendite des vorzeitig zurückgezahlten Betrags dazu führt, dass die Entschädigung angemessen und objektiv ist und den finanziellen Verlust des Kreditgebers nicht übersteigt und dass keine Vertragsstrafe gegen den Verbraucher verhängt wird. Die WIKrRL verlangt nicht, dass bei dieser Berechnung berücksichtigt wird, in welcher Art der Kreditgeber den vorzeitig zurückgezahlten Betrag tatsächlich verwendet.

EuGH 14. 3. 2024, C-536/22, VR Bank Ravensburg-Weingarten

Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35215 vom 22.03.2024