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DVO 282/2011: Art 11
MwStSyst-RL: Art 194, Art 196
Abstract
In der Rs Titanium hatte sich der EuGH mit den Voraussetzungen für das Vorliegen einer festen Niederlassung auseinanderzusetzen. Die umsatzsteuerpflichtige Vermietung einer Immobilie durch einen ausländischen Unternehmer ohne personelle Ausstattung ist nicht als feste Niederlassung zu qualifizieren und unterliegt demnach dem Reverse-Charge-Verfahren.
EuGH 3. 6. 2021, C-931/19, Titanium
Sachverhalt
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft Titanium, eine Gesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung auf Jersey. Titanium vermietet eine in Wien gelegene Immobilie umsatzsteuerpflichtig an zwei österreichische Unternehmer. Mit der Verwaltung der Immobilie inkl der Abrechnung der Mieten und Betriebskosten, dem Führen von Geschäftsaufzeichnungen sowie der Vorbereitung von Umsatzsteuer-Meldedaten beauftragte Titanium ein österreichisches Hausverwaltungsunternehmen. Dabei behielt Titanium aber die Entscheidungsgewalt über die Begründung und Auflösung der Mietverhältnisse. Titanium war in weiterer Folge der Auffassung, dass sie für die Vermietungstätigkeit in Ermangelung einer festen Niederlassung in Österreich und des damit anwendbaren Reverse-Charge-Verfahrens keine Umsatzsteuer schulde. Unter Verweis auf die UStR ging die österreichische FinVw allerdings in Bezug auf die Immobilie vom Vorliegen einer festen Niederlassung aus und setzte demensprechend für die streitgegenständlichen Jahre Umsatzsteuer bei Titanium fest. Dagegen legte Titanium Beschwerde beim BFG ein, das dem EuGH schließlich um Vorabentscheidung dahingehend ersuchte, ob eine vermietete Immobilie eine feste Niederlassung darstellt, wenn der Immobilieneigentümer nicht über eigenes Personal zur Erbringung der mit der Vermietung zusammenhängenden Leistungen verfügt.
Entscheidung des EuGH
Als feste Niederlassung gilt gem Art 11 Abs 1 DVO 282/11 „jede Niederlassung […] die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden.“ Nach stRsp des EuGH verlangt der Begriff „feste Niederlassung“ einen Mindestbestand an für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel. Für das Vorliegen einer festen Niederlassung bedarf es daher eines hinreichenden Grades an Beständigkeit sowie Struktur, die mit Blick auf die personelle und technische Ausstattung eine autonome Erbringung der jeweiligen Dienstleistung ermöglicht. Dies sei bei Strukturen, bei denen es an eigenem Personal fehlt, gerade nicht der Fall, weshalb eine Subsumtion unter den Begriff der festen Niederlassung nicht möglich ist. Da Titanium in Österreich über kein eigenes Personal verfügte, sondern für die Erbringung der gegenständlichen Leistungen auf das Personal eines anderen, beauftragten Unternehmers zurückgriff, ging der EuGH nicht vom Vorliegen einer festen Niederlassung aus. Eine vermietete Immobilie, bei der keinerlei personelle Ausstattung vorhanden ist, begründet damit keine feste Niederlassung.
Conclusio
Der EuGH teilte die Auffassung der österreichischen FinVw nicht. Eine vermietete Immobilie allein begründet für den Unternehmer jedenfalls keine feste Niederlassung. Die umsatzsteuerliche Vermietung einer Immobilie durch einen ausländischen Unternehmer führt – unter der Voraussetzung, dass dieser im Inland über kein Personal verfügt – damit zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens, womit die Steuerschuld auf den inländischen Leistungsempfänger übergeht. Mit dem Urteil in der Rs EuGH Titanium erteilt der EuGH der in den UStR 2000 Rz 2601b vertretenen Auffassung der FinVw, dass ein Unternehmer, der in Österreich ein Grundstück besitzt und dieses umsatzsteuerpflichtig vermietet, als inländischer Unternehmer anzusehen und das Reverse-Charge-Verfahren daher nicht anwendbar sei, eine klare Absage. Bemerkenswert ist zudem die starke Betonung der personellen Ausstattung als Voraussetzung für das Vorliegen einer festen Niederlassung durch den EuGH. Damit kommen umsatzsteuerliche Server-/Windkraftbetriebsstätten ohne personelle Ausstattung jedenfalls nicht als feste Niederlassungen in Betracht.