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Familiäres Naheverhältnis zw Immobilienmakler und vermitteltem Dritten

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1431

KSchG: § 30b, § 31

MaklerG: § 6

Bei einem sonstigen familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnis zwischen dem Makler und dem vermittelten Dritten, das die Wahrung der Interessen des Auftraggebers beeinträchtigen könnte, hat der Makler nach § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG nur dann Anspruch auf Provision, wenn er den Auftraggeber unverzüglich auf dieses Naheverhältnis hinweist. Bei Verletzung der schriftlichen Hinweispflicht entsteht ein Anspruch des Maklers auf die Vermittlungsprovision gar nicht; Provisionszahlungen können als rechtsgrundlose Zahlung einer Nichtschuld gem § 1431 ABGB zurückgefordert werden.

Ist der Auftraggeber – wie hier – Verbraucher hat dieser Hinweis gem § 30b Abs 1 KSchG vor Abschluss des Maklervertrags schriftlich zu erfolgen. Diese Regelung stellt gem § 31 Abs 2 KSchG zwingendes Recht dar, von dem zu Lasten des Verbrauchers nicht abgegangen werden darf. Entscheidend ist, dass den Makler die Pflicht zur Aufklärung vor Aufnahme seiner Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber trifft, weil Letzterer nur dann die Möglichkeit hat, sein Einverständnis mit der Tätigkeit des Maklers in Bezug auf diese nahstehende Person erkennen zu geben, bevor der Makler seine Tätigkeit erbracht bzw vollendet hat.

Im vorliegenden Fall hat die bekl Makler-GmbH ihrer Verpflichtung gem § 6 Abs 4 MaklerG jedenfalls nicht entsprochen, indem sie der Verbraucherin erst nach dem ersten Besichtigungstermin eine Nebenkostenübersicht übermittelte (und mit ihr auch gar nicht näher erörterte), in der inhaltlich unkonkretisiert der Hinweis enthalten war: „Der Makler steht mit dem zu vermittelnden Dritten in einem familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnis“.

Ein familiäres Naheverhältnis iSd § 6 Abs 4 Satz 3 MaklerG ist nicht auf Ehegatten der Geschwister des Maklers beschränkt, sondern auch in Bezug auf Lebensgefährten der Geschwister des Maklers zu bejahen (hier: damalige Lebensgefährtin des Halbbruders des Geschäftsführers der Makler-GmbH).

Für das Bestehen der Hinweispflicht des Maklers genügt es, dass bei objektiver Betrachtung eine Beeinträchtigung der Auftraggeberinteressen nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint. Durch die Verwendung des Konjunktivs („könnte“) ist eine eher weite Interpretation für das Vorliegen der Aufklärungspflicht anzunehmen. Es kommt also nicht darauf an, ob die Interessen der Auftraggeberin im konkreten Fall tatsächlich beeinträchtigt wurden.

OGH 27. 11. 2024, 3 Ob 201/24s

Entscheidung

Entgegen der Ansicht der Bekl lässt sich dem Gesetz keineswegs entnehmen, dass das Vorliegen eines familiären Naheverhältnisses iSd § 6 Abs 4 Satz 3 MaklerG nur in den Fällen der gesetzlichen Erbberechtigung iSd § 730 ABGB zu bejahen wäre.

Daran, dass zwischen dem Geschäftsführer der Bekl und seinem (Halb-)Bruder ein familiäres Naheverhältnis besteht, kann kein Zweifel bestehen. Allerdings greift die (primäre) Bezugnahme der Vorinstanzen auf das familiäre Naheverhältnis zwischen dem Geschäftsführer der Bekl und seinem Halbbruder insofern zu kurz, als es nach dem Wortlaut des § 6 Abs 4 Satz 3 MaklerG auf ein solches Naheverhältnis zum „vermittelten Dritten“ ankommt, also jener Person, mit der der Vertrag letztlich zustande kommt. Von entscheidender Bedeutung ist daher, ob zwischen dem Geschäftsführer der Bekl und der (damaligen) Lebensgefährtin seines Halbbruders ein familiäres Naheverhältnis iSd § 6 Abs 4 Satz 3 MaklerG besteht (bzw bei Abschluss des Maklervertrags mit der Kl bestand). Bereits das BerufungsG hat zutreffend herausgearbeitet, dass § 6 Abs 4 Satz 3 MaklerG nicht auf „nahe Angehörige“ oder „Verwandte“ abstellt. Insofern geht die Argumentation der Bekl, ein Verwandtschaftsverhältnis hätte nur durch eine Eheschließung mit dem Halbbruder begründet werden können, an der Sache vorbei.

Bei einem Vergleich mit den (auf familiäre Verhältnisse abstellenden) Regelungen über die Ausgeschlossenheit von Richtern (§ 20 Abs 1 Z 2 JN und § 43 Abs 1 Z 1 StPO iVm § 72 Abs 1 StGB) und über Aussageverweigerungsrechte (bzw die Aussagebefreiung) von Zeugen (§ 321 Abs 1 Z 1 ZPO und § 156 Abs 1 Z 1 StPO iVm § 72 Abs 1 StGB) fällt zwar auf, dass in allen diesen Bestimmungen (auch) auf verschwägerte Personen (also Ehegatten oder eingetragene Partner von Geschwistern der betreffenden Person) und in § 20 Abs 1 Z 2 JN und § 321 Abs 1 Z 1 ZPO auf Lebensgefährten der betreffenden Personen abgestellt wird, nicht aber auch auf die Lebensgefährten ihrer Geschwister. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass eine zu massive Ausweitung der Aussageverweigerungsrechte von Zeugen (oder auch der Ausgeschlossenheit von Richtern) dem Ziel des Gesetzgebers zuwiderliefe, eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten.

Umgekehrt ist bereits seit dem FamRÄG 2009 eine Tendenz des Gesetzgebers ersichtlich, in zahlreichen Bestimmungen – iSd Lebensrealität – die Lebensgefährten den Ehegatten gleichzustellen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36372 vom 06.02.2025