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UGB: § 131, § 161, § 177, § 907
Während der Tod des Kommanditisten einer KG gem § 177 UGB nicht zur Auflösung der Gesellschaft führt, wird die Gesellschaft gem § 131 Z 4 iVm § 161 Abs 2 UGB durch den Tod des unbeschränkt haftenden Gesellschafters aufgelöst, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt. Nicht zu beanstanden ist, dass die Vorinstanzen mangels einer Fortsetzungs- und Eintrittsklausel im Gesellschaftsvertrag für den Fall des Todes des Komplementärgesellschafters nicht (unmittelbar) die dispositive Regelung des § 131 Z 4 UGB für anwendbar hielten, sondern eine ergänzende Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen der Gründungsgesellschafter vornahmen. Denn nach der Rsp hat ergänzende Vertragsauslegung va dann einzutreten, wenn die Parteien die Anwendung vorhandenen Dispositivrechts – wie hier – jedenfalls nicht wollten, dennoch aber selbst keine Regelung trafen, oder wenn sich die vorhandene gesetzliche Regelung für den konkreten Fall als unangemessen, nicht sachgerecht, unbillig etc erweist.
Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften sind grds nach § 914 ABGB auszulegen. Zwischen den Gründungsmitgliedern einer Personengesellschaft ist der übereinstimmende Parteiwille selbst dann maßgebend, wenn er in den ausdrücklichen Erklärungen keinen Niederschlag gefunden hat. Kommt es zu einem Gesellschafterwechsel, kann auf den subjektiven Parteiwillen der Gründungsgesellschafter nur mehr zurückgegriffen werden, wenn dieser den neu eintretenden Mitgliedern bekannt war und sie diesem subjektiven Parteiwillen zumindest konkludent zugestimmt haben. Damit schließt sich der erk Senat den Meinungen an, die Kenntnis und Zustimmung des hinzutretenden Gesellschafters vom abweichenden Parteiwillen der Altgesellschafter fordern. Das Abstellen auf bloße Kenntnis brächte nämlich für die Altgesellschafter die Unsicherheit mit sich, dass sie im Fall ihrer Unkenntnis über den Kenntnisstand des Neugesellschafters beim Eintritt in die Gesellschaft nicht wüssten, ob nun ihr abweichender Parteiwille maßgeblich wäre oder nicht. Diese Unsicherheit wird beim zusätzlichen Erfordernis der (zumindest konkludenten) Zustimmung durch den Neugesellschafter vermieden, weil die Altgesellschafter diesfalls auf eine ihnen zugegangene Willenserklärung des Neugesellschafters vertrauen können.
Sachverhalt
Die Kommanditgesellschaft war 1972 vom Kl und dessen Vater gegründet worden; dabei wurde weder eine schriftliche noch eine mündliche Regelung darüber getroffen, was mit der Gesellschaft bei Ableben eines Gesellschafters passieren sollte. Hätten die beiden Gründungsgesellschafter daran gedacht, dass die KG ohne Regelung mit dem Tod des Kl (Komplementär) aufgelöst würde, hätten sie vertragliche Vorkehrungen getroffen. Das Interesse des Vaters war primär die Fortführung des Unternehmens innerhalb der Familie; er hätte alle seine Enkelkinder (auch die noch nicht geborenen) gleich behandelt und keines im Vorfeld von der Nachfolge ausgeschlossen.
Gesellschafter sind nunmehr der Kl als Komplementär (Anteil von 90 %) und die Bekl als Kommanditistin mit einem Anteil von 10 %. Im Zeitpunkt der Gründung der KG war der Kl bereits mit der Bekl verheiratet. Nach Scheidung und Wiederverehelichung begehrt er nun im Kern die Feststellung zwischen den Parteien, dass die KG mit den Erben oder Vermächtnisnehmern der Gesellschafter fortgesetzt werde (wobei diese noch näher definiert werden), bzw eventualiter die Verurteilung der Bekl zur Einwilligung in eine Änderung des Gesellschaftsvertrags mit entsprechenden Fortsetzungs- und Nachfolgeklauseln.
Im nunmehrigen zweiten Rechtsgang war der Kl im Ergebnis mit keinem seiner Begehren erfolgreich.
Entscheidung
Kenntnis und Zustimmung nicht gegeben
Eine Kenntnis und (allenfalls konkludente) Zustimmung der Bekl zu einer Nachfolgeregelung wie vom Kl begehrt liegt hier nach den Feststellungen nicht vor: Es steht fest, dass nach den ursprünglichen Plänen der Streitteile die gemeinsamen Kinder später einmal den gemeinsamen Betrieb übernehmen sollten und die Bekl einer Änderung des Gesellschaftsvertrags unter ausschließlicher Miteinbeziehung der gemeinsamen Kinder zustimmen würde.
Das ErstG hat zwar zum Kenntnisstand der Bekl bei ihrem Eintritt keine Feststellungen getroffen. Die Feststellungen lassen jedoch insgesamt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie diesem hypothetischen Parteiwillen niemals (ausdrücklich oder konkludent) zugestimmt hat.
Mangels schriftlichen Gesellschaftsvertrags bzw offenkundiger Unklarheiten kann der Bekl auch kein Vorwurf unterlassener Erkundigungen (wie etwa bei einem [zumindest] unklaren Vertragstext) hinsichtlich vertraglicher Abweichungen von der dispositiven Rechtslage zur Nachfolge vorgeworfen werden.
Keine Zustimmungspflicht
Wegen der mangelnden Berechtigung der Feststellungsbegehren waren weiters die Eventualbegehren auf Einwilligung der Bekl zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags zu prüfen:
Bei Personengesellschaften kann die gegenseitige Treuepflicht der Gesellschafter uU die Zustimmung zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags gebieten. Eine derartige Verpflichtung wird in der Rsp bejaht, sofern dies die wohlverstandenen Interessen der Gesellschaft erfordern.
Im vorliegenden Fall kann nach den Kriterien von Rsp und Lehre aus der gesellschaftsrechtlichen Treue- bzw Interessenwahrungspflicht aber keine Zustimmungspflicht der Bekl zu den begehrten Fortsetzungs- und Nachfolgeklausel abgeleitet werden. Aus der primär maßgeblichen Sicht der Gesellschaft ist ein besonderer Vorteil einer „offenen“ gegenüber einer auf die gemeinsamen Kinder beschränkten Nachfolgeklausel (der die Bekl zustimmt) nicht ersichtlich: Die gemeinsamen Kinder der Streitteile sind einschlägig ausgebildet und auch bereit, das Unternehmen fortzuführen. Ein erfolgreicher weiterer Betrieb durch die gemeinsamen Kinder der Streitteile scheint daher aus derzeitiger Sicht nicht weniger wahrscheinlich als durch die nunmehrige Ehefrau des Kl und/oder (später) deren Tochter (deren Eignung und Bereitschaft überdies aufgrund ihres Alters noch gar nicht ausreichend beurteilt werden kann).
Dem Kl geht es mit seinen Begehren gerade nicht (primär) um das Gesellschaftsinteresse, sondern um sein eigenes (Versorgung seiner nunmehrigen Ehefrau und Tochter aus dieser Ehe). Auch wenn das überwiegende Interesse eines Gesellschafters eine Zustimmungspflicht begründen könnte (vgl Appl in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 [2017] § 119 Rz 76), steht einer solchen Zustimmungspflicht hier der nicht bloß unerhebliche Nachteil der Kommanditistin entgegen, durch die Gesellschaftsvertragsänderung ihre Kinder de facto von der Nachfolge (als Komplementäre) in der Gesellschaft ausschließen und gegebenenfalls nach dem Tod des Kl die Gesellschaft (statt mit ihren Kindern) mit der zweiten Ehefrau des Kl und/oder deren Tochter als Komplementärin(nen) fortsetzen zu müssen.
Ob eine Zustimmungspflicht der Bekl dahin besteht, in eine Fortsetzungs- und Nachfolgeklausel (nur) mit den gemeinsamen Kindern der Streitteile einzuwilligen, muss nicht geprüft werden, zumal die Bereitschaft der Bekl dazu ohnehin feststeht. Eine Verurteilung der Bekl dazu kommt jedoch nicht in Betracht, weil der Kl dies nicht begehrt hat. Ein derartiger Zuspruch könnte auch nicht als bloßes Minus gegenüber den Einwilligungsklagebegehren verstanden werden, stünde diese Einschränkung doch diametral im Gegensatz zu der vom Kl gewollten Freiheit bei der Auswahl der nachfolgeberechtigten Personen im Rahmen seiner Testierfreiheit.