News

Fernabsatz: Widerruf nach Testphase?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

FAGG: § 8, § 11

FAGG idF vor BGBl I 2022/109 : § 4

RL 2011/83/EU idF vor RL (EU) 2019/2161: Art 6, Art , Art 9

Nach der Vorabentscheidung EuGH 5. 10. 2023, C-565/22, RdW 2023/590, in diesem Verfahren kommt dem Verbraucher bei „automatischer Verlängerung“ eines Fernabsatzvertrags (Abonnements) über die Erbringung von Dienstleistungen um einen bestimmten Zeitraum nicht neuerlich ein Widerrufsrecht zu, wenn er bei Vertragsabschluss vom Unternehmer in klarer, verständlicher und ausdrücklicher Weise darüber informiert wird, dass die Erbringung dieser Dienstleistung nach dem anfänglich kostenlosen Testzeitraum kostenpflichtig wird, sofern der Vertrag in diesem Zeitraum nicht gekündigt oder widerrufen wird; bei Fehlen einer solchen transparenten Information zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses muss der Verbraucher nach der kostenlosen Testphase über ein neuerliches Widerrufsrecht iSv Art 9 Abs 1 RL 2011/83/EU (Verbraucherrechte-RL) idF vor RL (EU) 2019/2161 verfügen. Da der Gesamtpreis der Dienstleistungen eines der wesentlichen Merkmale eines Fernabsatzvertrags iSd Verbraucherrechte-RL ist, muss das vorlegende Gericht prüfen, ob die bekl Unternehmerin die Verbraucher klar, verständlich und ausdrücklich über den Gesamtpreis der betreffenden Dienstleistungen informiert hat.

Aus den Feststellungen ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die bekl Unternehmerin klar und in hervorgehobener Weise (§ 8 Abs 1 FAGG) den Gesamtpreis ihrer Dienstleistung angibt, für die sich der Verbraucher unmittelbar anschließend bindend entscheidet (Abgabe seiner Bestellung durch Anklicken des ButtonJetzt kaufen“). Damit ist der Forderung des EuGH entsprochen, die hier bekl Unternehmerin müsse den Verbraucher über den Gesamtpreis ihrer Dienstleistung informiert haben, ansonsten nach der kostenlosen Testphase ein neuerliches Widerrufsrecht iSd Art 9 Abs 1 RL 2011/83/EU idF vor RL (EU) 2019/2161 (bzw § 11 FAGG) anerkannt werden müsste.

Der Verbraucher wird von der Bekl beim Abschluss dieses Vertrags auch – wie vom EuGH zusätzlich verlangt – in klarer, verständlicher und ausdrücklicher Weise darüber informiert, dass die Erbringung der Dienstleistung nach dem anfänglich kostenlosen Zeitraum kostenpflichtig wird.

OGH 13. 11. 2023, 3 Ob 191/23v

Hinweis:

Zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits war das FAGG noch in seiner Fassung vor dem Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MoRUG), BGBl I 2022/109, anzuwenden, zumal § 20 Abs 4 FAGG keine Rückwirkung dieses Gesetzes bestimmt und das Verfahren erster Instanz am 22. 5. 2021 geschlossen wurde. Auch die RL 2011/83/EU war noch in ihrer Fassung vor der RL (EU) 2019/2161 (ModernisierungsRL) anzuwenden, worauf auch der EuGH in der vom Senat eingeholten Vorabentscheidung aufmerksam gemacht hat.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34929 vom 08.01.2024