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Der Kl begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit des Abtretungsvertrags (hilfsweise dessen Aufhebung), mit dem er im Jahr 2016 seinen Geschäftsanteil an einer GmbH an die Erstbekl verkauft hat. Die Nebenintervenientin (eine Rechtsanwälte GmbH) war über Auftrag der Erstbekl als Vertragserrichterin, der Zweitbekl als Notar tätig. In der Rsp findet die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen Deckung, dass hinsichtlich der Bekl keine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt, weil im Rechtsstreit um die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags zwar sämtliche Vertragsparteien eine notwendige Streitgenossenschaft bilden, der Zweitbeklaber gerade nicht Partei des strittigen Rechtsverhältnisses geworden sei.
Entscheidung
Streitgenossenschaft
Der Kl kommt in der Revision zur Gefahr „unlösbarer Verwicklungen“ durch divergierende Entscheidungen auf seine ursprüngliche Argumentation zum Fortbestand der Notariatsaktsurkunde als solcher auch noch im Falle der Nichtigerklärung des zugrundeliegenden Notariatsakts gegenüber der Vertragspartei zurück (indem er darauf verweist, dass Notariatsakte sehr wohl öffentlich werden können, zumal es häufig vorkomme, dass Anteilsabtretungsverträge in die Urkundensammlung des Firmenbuchs aufgenommen werden). Dabei bleibt jedoch von vornherein im Dunkeln, inwieweit dieses Vorbringen seinen Standpunkt stützen soll, zumal die angesprochene Urkunde ja selbst dann unter der vom Zweitbekl vergebenen Geschäftszahl bestehen bliebe, wenn die Nichtigkeit des Notariatsakts (auch) ihm gegenüber festgestellt würde. Im Übrigen steht fest, dass im Falle der gerichtlichen Feststellung der Nichtigkeit (gegenüber der Erstbekl) unter der betreffenden Geschäftszahl der Vermerk der Nichtigkeit gemacht bzw das die Nichtigkeit feststellende Urteil beigeheftet würde.
Belehrung bei Solennisierung einer Privaturkunde
Bereits in der E 6 Ob 49/11s, RdW 2011/737, hat der OGH ausdrücklich (§ 510 Abs 3 S 2 ZPO) die Ansicht gebilligt, dass bei einer Verletzung der notariellen Belehrungspflicht der Notariatsakt vollauf wirksam bleibe. Diesen Standpunkt hat der OGH überdies jüngst unter Hinweis auf die unterbliebene Nennung eines Verstoßes gegen § 52 NO in § 68 Abs 1 NO erneut bekräftigt (6 Ob 122/21s [ErwGr 3.4]; siehe auch schon 9 Ob 82/04f [zur Belehrungspflicht]).
Der Kl vermag in seiner Revision keine stichhaltigen Gründe darzulegen, die eine neuerliche Überprüfung dieser Position geboten erscheinen lassen, wenn diese Aussage gerade zum Fall einer notariellen Bekräftigung einer Privaturkunde nach § 54 NO fiel und in dieser E ganz grundsätzlich erläutert wurde, dass die Privaturkunde durch die Mantelung ergänzender Bestandteil des Notariatsakts selbst wird (6 Ob 122/21s [ErwGr 3.2.]). Überdies lässt der Kl die höchstgerichtlich gebilligte Erwägung unberücksichtigt (vgl 6 Ob 49/11s [ErwGr 2.], RdW 2011/737), dass die notarielle Belehrungspflicht (§ 52 NO) – anders als die Pflicht zur Dolmetschbeiziehung nach § 63 Abs 1 NO – der „intellektuellen Erfassung des Vertragsinhalts in materieller Hinsicht“ dient, und nicht dem Verständnis des Vertrags nach seinem Wortsinn. Inwieweit der Kl, der internationale Betriebswirtschaft studiert hatte, den Vertrag nicht verstanden hätte, legt er nicht dar. Der mittels Notariatsakt geschlossene Vertrag selbst unterliegt im Streit zwischen den Vertragsparteien ohnehin (gegebenenfalls) der Korrektur nach den materiell-rechtlichen Regelungen des ABGB. Für eine Ungleichbehandlung der Belehrungspflicht bei einem „gewöhnlichen“ Notariatsakt und der Solennisierung einer Privaturkunde kann der Kl eine sachliche Rechtfertigung nicht aufzeigen.
Auch kann keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass es nicht zur Nichtigkeit des Notariatsakts führt, dass – bei eindeutiger Indentifizierbarkeit – Hausnummern vertauscht wurden (5a statt 1a als Firmenbuchadresse der Erstbekl bzw 1a statt 5a bei der Adresse der Amtshandlung, wobei diesen Adressen jeweils Räumlichkeiten zugeordnet sind, die in einem „hausintern“ durchgängigen Gebäudekomplex liegen) und die Erstbekl als „[erschienene] Partei“ genannt wurde (ohnehin unter Zusatz der für sie tatsächlich erschienen Personen, samt deren Generalien und dem Hinweis auf deren Vertretungsverhältnis.
Bestehen angesichts des klaren Gesetzeswortlauts und Gesetzeszwecks keine ernstlichen Zweifel und auch kein Meinungsstreit in der Lehre zur Auslegung einer Bestimmung (hier § 68 Abs 1 lit a, c und e NO), ist dazu im Interesse der (bereits gegebenen) Rechtssicherheit auch keine „Klarstellung“ durch den OGH erforderlich (vgl RS0107348).
Ebensowenig bedarf es einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob der in RS0049494 zum Ausdruck gebrachte Gedanke, dass durch die rechtskräftige Eintragung im Firmenbuch Formmängel heilen können (dort: ua Erhöhung des Stammkapitals), für (alle) Formmängel von Notariatsakten generell verallgemeinerbar ist. Haften dem Notariatsakt (der notariellen Beurkundung nach § 54 NO) nämlich keine zu dessen Nichtigkeit führenden Mängel an, wäre die Beantwortung dieser Frage mangels Präjudizialität (vgl RS0088931) für den vorliegenden Fall rein hypothetischer Natur (vgl RS0111271).