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Feuerversicherung – Vorliegen eines Brandes iSd AFB 2002 (neu)

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914f

Nach der neuen Bedingungslage der AFB 2002/Stufe 2 ist Brand ein „Feuer, das sich mit schädigender Wirkung und aus Kraft ausbreitet (Schadenfeuer)“. Anders als früher stellen die Versicherungsbedingungen nunmehr auf eine „Ausbreitung“ und nicht mehr auf die „selbstständige Ausbreitungsfähigkeit“ eines Feuers ab. Dennoch reicht die Ausbreitungsfähigkeit des Feuers auch nach aktueller Bedingungslage für die Beurteilung als „Brand“ iSd Versicherungsbedingungen aus: Für diese Auslegung lässt sich sprachlich ins Treffen führen, dass mit der Verwendung des Indikativs in der Wortfolge „ein Feuer, das sich mit schädigender Wirkung und aus Kraft ausbreitet“ – anders als zB mit der Wortfolge „ein Feuer, das sich ... ausgebreitet hat“ – nicht zwingend eine tatsächlich erfolgte Ausbreitung, sondern eine grundsätzliche Eigenschaft des Feuers beschrieben wird.

Auch nach der neuen Bedingungslage der AFB 2002 ist ein Schadenfeuer somit ein solches, das die Fähigkeit besitzt, sich selbstständig auszubreiten. Das Vorliegen eines Brandes iS dieser Versicherungsbedingungen ist nicht davon abhängig, ob sich das Feuer tatsächlich ausgebreitet hat oder die Ausbreitung noch verhindert werden konnte – etwa durch rechtzeitige Löscharbeiten oder wie hier durch Platzierung der Brandquelle entfernt von brennbarem Material.

OGH 23. 9. 2024, 7 Ob 113/24d

Entscheidung

Unabhängig davon, ob sich im konkreten Fall das Feuer nicht ausgehend von den Kriterien der bisherigen Rsp ohnehin bereits innerhalb des Ölradiators vom Schnellheizer auf die anderen brennbaren Teile „ausgebreitet“ hat, liegt hier unzweifelhaft ein ausbreitungsfähiges Feuer vor, weil nach den Feststellungen die abtropfenden Kunststoffteile in der Lage gewesen wären, in der Nähe gelagerte brennbare Stoffe in Brand zu setzen.

Zu beurteilen bleibt damit, ob die nach früherer Bedingungslage unzweifelhaft ausreichende Ausbreitungsfähigkeit des Feuers (arg: „vermag“) auch nach aktueller Bedingungslage für die Beurteilung als „Brand“ iSd Versicherungsbedingungen ausreicht. Das ist zu bejahen:

Nach Kath (Praxishandbuch Versicherungsvertragsrecht [2019] Rz 1931) würden mit der Verkürzung der Definition nach der aktuellen Bedingungslage verschiedene Schwierigkeiten vermieden, die sich in der Praxis aus dem Begriff „bestimmungsmäßiger Herd" ergeben hatten, ohne dass mit der sprachlichen Neufassung inhaltliche Änderungen angestrebt worden seien. Er stellt daher auch weiterhin auf die Ausbreitungsfähigkeit des Feuers ab (vgl Kath aaO Rz 1934).

Auch Gisch (Brandbegriff in der Feuerversicherung, ZVers 2023, 42) geht für die hier vorliegenden AFB 2002 vom weiterhin gültigen Kriterium der selbstständigen Ausbreitungsfähigkeit des Feuers aus. Durch dieses Kriterium werde die Feuerversicherung von einer Auseinandersetzung mit Bagatellfeuern freigehalten.

Für diese Auslegung lässt sich sprachlich ins Treffen führen, dass mit der Verwendung des Indikativs in der Wortfolge „ein Feuer, das sich mit schädigender Wirkung und aus Kraft ausbreitet“ – anders als dies zB mit der Wortfolge „ein Feuer, das sich ... ausgebreitet hat“ zum Ausdruck gebracht würde – nicht zwingend eine tatsächlich erfolgte Ausbreitung, sondern eine grundsätzliche Eigenschaft des Feuers beschrieben wird.

Soweit die Bekl in der Revisionsbeantwortung eine Gefahrenerhöhung ins Treffen führt, entfernt sie sich von den Feststellungen, wonach der Ölradiator gerade nicht im ununterbrochenen Betrieb war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36095 vom 18.11.2024