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Abstract
Die P GmbH stellte einen Antrag auf Gruppenbildung. Als Gruppenmitglied sollte unter anderem auch die A GmbH eingesetzt werden, die – so das Vorbringen der P GmbH – treuhändig für die P GmbH von Dr. P gehalten wurde. Fraglich war nun, ob diese Treuhandschaft tatsächlich wie von § 9 Abs 4 KStG gefordert die ausreichende finanzielle Verbindung vermitteln konnte. Das BFG hatte sich insbesondere auch mit der Rolle des Dr. P als Alleingesellschafter der P GmbH zu befassen.
BFG 29. 9. 2023, RV/7106049/2019
Sachverhalt
Im Dezember 2018 stellte die P GmbH einen Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe mit ihr als Gruppenträgerin und unter anderem der A GmbH als Gruppenmitglied. Das Finanzamt gab diesem Antrag nur teilweise statt: Einziger Gesellschafter der A GmbH sei eine natürliche Person, Dr. P. Die A GmbH könne daher nicht als Gruppenmitglied aufgenommen werden, da die ausreichende finanzielle Verbindung iSd § 9 Abs 4 KStG fehle.
Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde der P GmbH. Sie brachte vor, dass die Anteile von Dr. P, der gleichzeitig auch Alleingesellschafter der P GmbH war, nur treuhändig für die P GmbH gehalten wurden und eine ausreichende finanzielle Verbindung daher bestehe.
Entscheidung des BFG
Das BFG hatte nun zu prüfen, ob durch die vorliegende Treuhandkonstruktion den Voraussetzungen des § 9 Abs 4 KStG entsprochen wurde. Als finanziell verbundene Körperschaften gelten gem § 9 Abs 4 KStG solche, bei denen die beteiligte Körperschaft unmittelbar mehr als 50 % des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals und der Stimmrechte der Beteiligungskörperschaft besitzt. Zivilrechtlicher Eigentümer der Anteile war Dr. P. Aufgrund des Trennungsprinzips waren die Anteile des Dr. P jedenfalls nicht direkt seiner Gesellschaft zuzurechnen. Allerdings können auch treuhändig gehaltene Anteile zur finanziellen Verbindung führen, wenn die Anteile dem Treugeber wirtschaftlich zuzurechnen sind.
Bei einem Treuhandverhältnis kommen grundsätzlich dem Treuhänder und nicht dem Treugeber die Stimmrechte zu, weil die Stimmrechte grundsätzlich mit dem zivilrechtlichen Eigentum verknüpft sind. Um daher eine finanzielle Verbindung über eine Treuhandschaft herstellen zu können, muss zumindest auch eine vertragliche Regelung im Innenverhältnis betreffend die Stimmrechtsausübung vorliegen. Eine solche vertragliche Regelung lag nicht vor. Dr. P war dazu berechtigt, sämtliche im Zusammenhang mit dem treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil stehende Gesellschafterrechte nach eigenem Ermessen wahrzunehmen und wurde von der P GmbH weisungsfrei gestellt. Bereits aus dieser vertraglichen Gestaltung ergab sich für das Gericht, dass wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen nicht der P GmbH zuzurechnen war. An dieser Beurteilung konnten auch die Verpflichtungen aus dem Treuhandverhältnis, etwa zur Weiterleitung der Gewinnanteile oder die Pflicht zur jederzeitigen unentgeltlichen Abtretung, nichts ändern. Ebenfalls gegen die Zuordnung wirtschaftlichen Eigentums sprach nach Ansicht des BFG die Stellung des Dr. P als Alleingesellschafter der Treugebergesellschaft. Aus dieser ergab sich, dass der Treuhänder als Alleingesellschafter auch für den Treugeber handeln konnte und sohin die Chance auf Wertsteigerungen der Beteiligung bei Dr. P lag.
Eine finanzielle Verbindung lag daher zwischen der P GmbH und der A GmbH nicht vor. Die Aufnahme der A GmbH in die Unternehmensgruppe war zu verneinen. Die Revision wurde nicht zugelassen und soweit ersichtlich auch (noch) nicht erhoben.
Conclusio
Die Frage des wirtschaftlichen Eigentums an Gesellschaftsanteilen hat die österreichischen Gerichte in jüngster Zeit häufig befasst (zB BFG 25. 7. 2023, RV/7100581/2017 zu einer Doppeloption; VwGH 28. 6. 2022, Ro 2022/13/0002 zu Cum-Ex-Geschäften). Im vorliegenden Sachverhalt war das Verhältnis zwischen einer Gesellschaft und ihrem Alleingesellschafter Grund für die komplexe Zurechnungsfrage: Zweifellos war der Treuhandvertrag nicht zur Gänze fremdüblich ausgestaltet und dass Dr. P als Treuhänder gänzlich frei über die Ausübung der Gesellschafterrechte an der A GmbH entscheiden konnte, spricht ebenfalls sehr für das Ergebnis des BFG. Das wirtschaftliche Eigentum an der Beteiligung an der A GmbH wird wohl tatsächlich eher Dr. P als seiner P GmbH zukommen.
Kritisch zu sehen sind dennoch Teile der Ausführungen des Gerichts, gerade zum Verhältnis des Gesellschafters zu seiner Gesellschaft. Dass Dr. P als Alleingesellschafter „in seinem Interesse“ als Privatperson anstatt in jenem der Gesellschaft handeln könne, vermag nur beschränkt zu überzeugen. Wäre das der Fall, so hätte auch die geforderte Stimmbindungsvereinbarung im Treuhandvertrag nichts am Ergebnis des BFG ändern können, da auch dieses Weisungsrecht der P GmbH dann von Dr. P in seinem eigenen Interesse ausgeübt hätte werden können. Jedenfalls wird es ratsam sein, gerade bei Treuhandkonstruktionen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft die Frage der Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums als zentralen Punkt mitzuberücksichtigen.