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Firmenrechtsschutz: ASG-Verfahren – zeitliche Festlegung des Versicherungsfalls

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914 f

Dem Rechtsschutzversicherungsvertrag („Firmenrechtsschutz“) zwischen den Streitteilen liegen die Allgemeinen Zürich Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2005) zugrunde. Der Versicherungsschutz aus dem vereinbarten Rechtsschutzbaustein des Arbeitsgerichtsrechtsschutzes bestand ab 4. 12. 2019. Strittig ist hier die Deckung für einen Arbeitsgerichtsprozess, in dem die Kl Ansprüchen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter geltend macht.

Nach Art 2.3 ARB 2005 liegt der Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung vor, wenn einer der Beteiligten begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Für die zeitliche Festlegung des Versicherungsfalls kommt es grds auf die Behauptungen in dem Verfahren an, für das Rechtsschutz begehrt wird („Ausgangsverfahren“), nicht hingegen auf einen davon abweichenden Vortrag im Deckungsprozess.

Nach dem Vorbringen der Kl im Ausgangsverfahren beruht der Anspruch gegen den ehemaligen Mitarbeiter auf einer Verletzung von Aufsichts- und Kontrollpflichten des Mitarbeiters betr die Lademittelgebarung. Die Kl lastet dem Mitarbeiter insb intransparente Auftragsabwicklung, fehlerhafte Dokumentation und daraus resultierend eine fehlende Nachvollziehbarkeit der Lademittelverwaltung an. Dieses Verhalten wirft die Kl dem Mitarbeiter aber nicht erst ab einem bestimmten Zeitpunkt vor, sondern von Beginn des Dienstverhältnisses im April 2019 an. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Kl im Ausgangsverfahren klar zwischen den Verfehlungen des Mitarbeiters im Jahr 2019 und im Jahr 2020 differenzierte. Angesichts dessen bedarf die Rechtsansicht des BerufungsG keiner Korrektur, das die mehreren Verstöße gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Lademittelgebarung als Einheit wertete und den ersten Verstoß vor dem Beginn des Versicherungsschutzes annahm.

Richtig ist, dass ein zeitlich lange vorangehender Gesetzes- oder Pflichtenverstoß den Versicherungsfall erst auslösen und damit den Zeitpunkt des Verstoßes in Bezug auf den konkreten Versicherungsnehmer in der Rechtsschutzversicherung festlegen kann, wenn dieser erstmals davon betroffen, dh in seinen Rechten beeinträchtigt wird oder worden sein soll. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Kl sei hier schon durch die Verletzung der Dienstpflichten des Mitarbeiters in ihren Rechten verletzt gewesen, findet Deckung in der Rsp. Nur weil bis Mai 2020 möglicherweise ein Lademittelguthaben bestanden hat, ändert dies nichts daran, dass der Mitarbeiter der GmbH von Beginn des Dienstverhältnisses an gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat. Schon damit begann sich somit die vom Rechtsschutzversicherer in Bezug auf die von der Kl konkret übernommene Gefahr durch den Dauerverstoß zu verwirklichen.

OGH 19. 2. 2025, 7 Ob 207/24b

Entscheidung

Die von der Kl ins Treffen geführten E 7 Ob 32/18h (= RdW 2018/541) und 7 Ob 133/21s (= RdW 2022/455) sind nicht einschlägig, weil im vorliegenden Fall von einer uferlosen Rückverlagerung des Versicherungsfalls keine Rede sein kann.

Inwiefern der Sachverhalt zur E 7 Ob 11/21z (= Rechtsnews 31229; Beeinträchtigung des Kl in seinen Rechten durch einen behaupteten rechtswidrigen Obmannwechsel erst, als er im Verein nicht mehr „weiterbeschäftigt“ wurde) mit dem vorliegenden Fall vergleichbar sein soll, in dem der Mitarbeiter von Beginn seines Dienstverhältnisses an gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat, kann die Kl nicht schlüssig darlegen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36720 vom 12.05.2025