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Freizeitanlage bei Hotel – einheitliche Betriebsanlage?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994: § 74, § 81

Einrichtungen, die unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 74 Abs 2 GewO 1994 mit einer gewerblichen Betriebsanlage in einem sachlichen (betrieblichen) und örtlichen Zusammenhang stehen, zählen zu dieser Betriebsanlage. Sie können nicht „abgesondert“ genehmigt werden, weil die GewO 1994 nicht vorsieht, dass für eine Betriebsanlage Genehmigungen mehrfach nebeneinander erteilt werden können. Die Errichtung und Inbetriebnahme einer Einrichtung, die mit einer rechtskräftig genehmigten Betriebsanlage in einem solchen Zusammenhang steht, bewirkt daber (bei Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 81 GewO 1994) eine genehmigungspflichtige Änderung der genehmigten Anlage.

Für die Annahme eines örtlichen Zusammenhangs ist es nicht erforderlich, dass alle Betriebsliegenschaften unmittelbar aneinandergrenzen. Vielmehr steht eine geringfügige räumliche Trennung - etwa durch eine Straße - der Annahme der Einheit der Betriebsanlage nicht entgegen, solange die tatsächlichen Betriebsabläufe auf den Betriebsliegenschaften eine Einheit bilden.

Im vorliegenden Fall steht die strittige Freizeitanlage in einem solchen betrieblichen und örtlichen Zusammenhang mit der bestehenden gewerblichen Betriebsanlage (dem Hotel), dass sie als Teil jener Einrichtungen anzusehen ist, die in ihrer Gesamtheit die Betriebsanlage bilden. Dass die Grundstücke, auf denen sich die Freizeitanlage befindet, im Eigentum eines Dritten stehen (und nicht der Betreiberin des Hotels), ist irrelevant; die Frage des Eigentums an einem Grundstück, auf dem eine Betriebsanlage errichtet werden soll, ist im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren nicht entscheidungserheblich. Die Freizeitanlage ist vom Hotel (und insb von der Terrasse) aus unmittelbar zugänglich und von diesem nicht abgegrenzt. Dies kann auch als Indiz für das Vorliegen eines einheitlichen Betriebszwecks herangezogen werden, zumal die von diesen Anlagenteilen potentiell ausgehenden Beeinträchtigungen (durch Lärm) wohl nur bei einer Gesamtbetrachtung umfassend bewertet werden können. Der Umstand, dass beim Internetauftritt des Unternehmens die Freizeitanlage als „unsere Outdoor-Anlage“ beworben wird, darf ebenfalls als Indiz dafür herangezogen werden, dass die Freizeitanlage dem Zweck des Hotelbetriebs gewidmet ist. Dass die Benützung der Freizeitanlage - in untergeordnetem Ausmaß - auch Dritten ermöglicht wird, steht fallbezogen der Annahme nicht entgegen, dass zwischen der Freizeitanlage und dem Hotel ein betrieblicher Zusammenhang besteht.

VwGH 9. 3. 2021, Ra 2019/04/0143

Entscheidung

Im Hinblick darauf, dass der Eigentümer des Grundstücks mit der Freizeitanlage (A E) gleichzeitig handelsrechtlicher Geschäftsführer der Hotel-GmbH ist, hat das VwG das Vorbringen der Revisionswerberin als nicht glaubhaft erachtet, wonach der Grundstückseigentümer A E die Freizeitanlage persönlich betreibe. Diese Beurteilung ist nach Ansicht des VwGH hier nicht zu beanstanden. Ausgehend davon kommt es fallbezogen auf das Fehlen von Feststellungen betreffend allfällige vertragliche Beziehungen zwischen der Hotel-GmbH und A E nicht an.

Die Revisionswerberin stützt sich weiters ua darauf, dass sie der Bindungswirkung eines VwG-Erk aus dem Jahr 2015 habe vertrauen dürfen und sie deshalb kein Verschulden treffe. 2015 hat das VwG ein Straferkenntnis betreffend die unzulässige Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage durch (ua) Betrieb eines Beachvolleyballplatzes behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Begründet hat dies das VwG damals im Wesentlichen damit, es könne nicht eindeutig festgestellt werden, dass der Beachvolleyballplatz der Betriebsanlage zuzurechnen sei.

Der VwGH verneinte eine diesebezügliche Bindungswirkung ebenso wie einen entschuldbaren Rechtsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG. Hinsichtlich des Ausmaßes des Verschuldens - und somit der Strafbemessung - kommt der Revision jedoch Berechtigung zu: Auch wenn sich aus dem VwG-Erk 2015 nicht ergibt, dass der Revisionswerberin kein Verschulden anzulasten wäre, wäre das Erk 2015 jedenfalls als ein verschuldensmindernder Umstand in Anschlag zu bringen gewesen. Der VwGH hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass Umstände, die einem Verbotsirrtum nahekommen, entsprechend zu berücksichtigen sind (vgl VwGH Ra 2018/04/0004, Rn 43, mwN).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31141 vom 02.07.2021