News

Garantieabruf – Gleichwertigkeit von Telefax und E-Mail?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 880a, §§ 914 f

Im konkreten Fall haben die Parteien vereinbart, dass die Inanspruchnahme der Garantie mittels Telefax vor dem Laufzeitende ausreicht, wenn das Inanspruchnahmeschreiben im Original innerhalb weiterer drei Bankarbeitstage einlangt.

Diese Regelung verfolgt primär den Zweck, dem Begünstigten zum Ende der Laufzeit hin einen zeitlich flexiblen Abruf der Garantie zu ermöglichen. Die Vereinbarung der Telefaxübertragung bezweckt aber auch eine gesichertere Kommunikation zwischen den Parteien. Durch sie bleibt – zumindest idR – das Gerät, von dem aus die Übertragung erfolgt, leichter identifizierbar. Etwa im vorliegenden Fall stammt das E-Mail nicht von der Kl (Begünstigte), was unabhängig von Betreff und Anhang eine Zuordenbarkeit zumindest erschwert. Gleichzeitig ermöglicht eine Telefaxübertragung – nicht nur, aber auch – gerade in größeren Einheiten das Einlangen entsprechender Nachrichten zu zentrieren und sicherzustellen, dass sie nicht übersehen oder durch einen Spam-Filter aussortiert werden. Sie dient daher nicht nur dem Interesse des Begünstigten an einer flexibleren Vorwegabrufung der Garantie, sondern auch denen des Garanten an einer gesicherten Kenntnisnahme und klareren Zuordenbarkeit der Abrufung, indem er den Kommunikationsweg bestimmt, durch den eine entsprechende Bekanntgabe bei ihm einlangt.

Damit kann aber nicht von einer “sich aus dem Zweck der Vereinbarung ergebenden“ Gleichwertigkeit von Telefax und E-Mail ausgegangen werden. Vielmehr bestehen berechtigte Interessen der Bekl (Garant) an der Einhaltung der vereinbarten Form, während die Kl keine Gründe für die Nichteinhaltung dieser Form geltend macht. Auf die Art der technischen Generierung der Nachricht kommt es dabei nicht an, weshalb hier auch Feststellungen der technischen Gleichwertigkeit der beiden Übermittlungsarten nicht erforderlich waren.

Aus den dargelegten Gründen ist das Bestehen der Bekl auf Einhaltung der vereinbarten Form auch nicht sittenwidrig, wobei zusätzlich die formelle Garantiestrenge auch dazu dient, die Rückgriffsansprüche des Garanten zu sichern.

OGH 14. 9. 2021, 8 Ob 109/20t

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31613 vom 22.10.2021