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Abstract
Im vorliegenden Erkenntnis hatte sich das BFG mit einem Fall zu beschäftigen, in dem für ein in Deutschland zugelassenes Kraftfahrzeug in Österreich gem § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG die Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt wurde. Da im vorliegenden Fall das Fahrzeug jedoch – trotz Wohnsitzes des Verwenders im Inland –zu 90 % im Ausland verwendet wurde, konnte der Gegenbeweis gem § 82 Abs 8 KFG erbracht werden. Es war somit keine Kraftfahrzeugsteuer zu erheben.
BFG 6. 3. 2024, RV/3100559/2018
Sachverhalt
Der Bf ist deutscher Staatsangehöriger und wohnte bis zu seinem Umzug auch in Deutschland. Seit Herbst 2016 hat er seinen Hauptwohnsitz in Österreich. Er arbeitete im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum als Fachinformatiker im Außendienst und betreute die Kassensysteme mehrere Tankstellen für eine deutsche Arbeitgeberin. Alle betreuten Tankstellen lagen in Deutschland. Für diese Tätigkeit wurde dem Bf ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, der sowohl dienstlich als auch privat genutzt werden durfte. Die Privatnutzung wurde jedoch auf 25.000 km pro Jahr beschränkt. Daneben durfte der Bf das Fahrzeug auch auf seine Gefahr Dritten überlassen. Die Arbeitgeberin trug sämtliche Kosten für die Wartung und Reparaturen sowie auch die laufenden Betriebskosten (Treibstoff, Betriebsmittel, Reinigung) des Fahrzeugs. Der Sitz der Arbeitgeberin liegt etwa 46 km vom Wohnsitz des Bf entfernt, wobei sich davon 4,8 km der Strecke in Österreich befinden. Der Bf nutzte das Fahrzeug für Fahrten zwischen seinem Wohnsitz und der Arbeitsstätte sowie im Rahmen seiner Außendiensttätigkeit und zum Einkaufen in Deutschland.
In Folge einer durch die Finanzpolizei durchgeführten Schwerpunktaktion erließ das FA Bescheide, in denen es Kraftfahrzeugsteuer für den Dienstwagen festsetzte. Begründend führte es aus, dass der Bf das Fahrzeug seit dem Umzug nach Österreich im Inland widerrechtlich verwendet. Dagegen erhob der Bf Beschwerde. Darin führte er aus, dass das Fahrzeug zu 95 % beruflich genutzt wurde und dass die Nutzung fast ausschließlich in Deutschland erfolgte.
Entscheidung des BFG
Gem § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG 1992 unterliegen Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden, der Kraftfahrzeugsteuer. Steuerschuldner der Kraftfahrzeugsteuer ist gem § 3 Z 2 KfzStG die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet. Als Verwender ist derjenige anzusehen, der Halter des Fahrzeugs iSd § 5 Abs 1 EKHG ist (VwGH 27. 1. 2010, 2009/16/0107). Maßgebend dafür ist, wem der Nutzen der Verwendung zukommt, wer die Kosten trägt und wer die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über das Fahrzeug hat (OGH 18. 10. 2000, 9 ObA 150/00z). Den Nutzen am Fahrzeug haben sowohl die Arbeitgeberin als auch der Bf, wobei der Nutzen für den Bf überwiegt. Die Arbeitgeberin erspart sich nach Ansicht des BFG lediglich die Kosten für Dienstreisen, wohingegen der Bf kostenfrei zwischen seinem Wohnsitz und der Arbeitsstätte pendeln und das Fahrzeug darüber hinaus auch privat verwenden kann. Die Kosten werden – mit Ausnahme der Kosten für Urlaubsreisen – hingegen ausschließlich von der Arbeitgeberin getragen. Abweichend davon liegt die Verfügungsmacht allein beim Bf, weil er das Fahrzeug sowohl für Dienst- als auch Privatfahrten nutzen kann und auch Dritten die Nutzung erlauben darf. Im Ergebnis ist somit der Bf als Halter und Verwender des Fahrzeugs anzusehen.
Für die Beurteilung der Pflicht zur Abfuhr einer Kraftfahrzeugsteuer ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob die Verwendung im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung erfolgte. Gem § 82 Abs 8 KFG gelten Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dem dauernden Standort im Inland, deren Verwendung ohne inländische Zulassung nur während eines Monats ab erstmaliger Einbringung in das Bundesgebiet zulässig ist. Der Gegenbeweis wird anhand der Rsp des VwGH dann als erbracht angesehen, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird (VwGH 12. 11. 2021, Ro 2019/16/0012; 27. 9. 2023, Ra 2022/15/0037). Das BFG erachtet im vorliegenden Fall den Gegenbeweis als erbracht, weil das Fahrzeug fast ausschließlich in Deutschland genutzt wird (va durch die Fahrten zum Arbeitsort und auch zu den Tankstellen in Deutschland). Daraus folgt, dass sich die Zulässigkeit der Verwendung im Inland nicht mehr nach § 82 Abs 8 KFG richtet, sondern nach § 79 KFG. Demnach genügt es für die Zulässigkeit der Verwendung des Fahrzeugs im Inland, wenn das Fahrzeug jeweils vor Ablauf eines Jahres wieder ins Ausland verbracht wird, was im gegenständlichen Fall jedenfalls anzunehmen ist. Das BFG erachtete den Anwendungsbereich von § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG somit nicht als erfüllt. Da der VwGH – abweichend von den beiden oben genannten Entscheidungen – in seinem Erkenntnis vom 19. 12. 2023, Ra 2022/15/0055 jedoch davon ausging, dass für die Erbringung des Gegenbeweises neben der überwiegenden Verwendung im Ausland die Zuordnung des Fahrzeugs zu einem bestimmten Ort außerhalb Österreich erforderlich ist, erklärte das BFG die Revision für zulässig.
Conclusio
Die Ausführungen des BFG überzeugen. In seiner stRsp hat der VwGH festgehalten, dass der Gegenbeweis gem § 82 Abs 8 KFG dann als erbracht gilt, wenn ein Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird (VwGH 12. 11. 2021, Ro 2019/16/0012; 27. 9. 2023, Ra 2022/15/0037). Daneben hat der VwGH aber auch festgestellt, dass „die Beurteilung der Frage, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der Vermutung des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 nicht im Inland hat, Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraussetzt, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, dass das Fahrzeug in einer Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zuzuordnen ist (vgl. VwGH 28.10.2009, 2008/15/0276 […])“ (VwGH 19. 12. 2023, Ra 2022/15/0055). Im Erkenntnis vom 28. 10. 2009, auf das der VwGH darin verweist, führt er zunächst zwar auch aus, dass eine Zuordnung zu einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebiets notwendig ist. Im zweitfolgenden Absatz stellt der VwGH selbst jedoch wiederum auf die überwiegende Verwendung ab und hält fest: „Wird aber das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie von der Erbringung des Gegenbeweises im Sinne des § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 ausgegangen ist“ (VwGH 28. 10. 2009, 2008/15/0276). Daher kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine weitaus überwiegende Nutzung im Ausland für den Gegenbeweis ausreicht. Letztlich wird sich aber zeigen, wie der VwGH im Revisionsverfahren entscheidet.