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Generalversammlung: Klage betr Verhalten von Gesellschaftern

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GmbHG: §§ 41 f

ZPO: § 228

Die Streitteile sind die beiden Gesellschafterinnen einer GmbH. Mit ihrem Leistungs- bzw Unterlassungsbegehren will die Kl der Bekl in Generalversammlungen der Gesellschaft zwar nicht die Ausübung des Stimmrechts in einer bestimmten Weise vorschreiben, aber doch sonstige Verhaltensweisen. Mit dem Feststellungsbegehren will sich die Kl weiters für gewisse Abstimmungsgegenstände in Generalversammlungen der Gesellschaft ohne zeitliche Einschränkungen für die Zukunft (nach dem Wortlaut auch bei mittlerweile geänderten Verhältnissen) ihr Stimmrecht bindend feststellen lassen.

Klagebegehren solcher Art sind schon grundsätzlich unzulässig (siehe dazu bereits 1 Ob 539/76 und 5 Ob 523/91 [5 Ob 524/91]). Zur Klärung der Fragen, ob sich die Gesellschafter oder der Versammlungsleiter in der Generalversammlung rechtmäßig verhalten haben, wer zu welchen Beschlussgegenständen sein Stimmrecht gültig ausüben durfte bzw ausgeübt hat und welche Beschlüsse letztlich wirksam zustandegekommen sind, steht die befristete Klage nach §§ 41 f GmbHG zur Verfügung (Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses).

OGH 2. 2. 2022, 6 Ob 213/21y

Hinweis:

Zum Sicherungsbegehren in diesem Fall siehe OGH 29. 8. 2019, 6 Ob 149/19h (= RdW 2020/27).

Vgl auch die in diesem Fall ergangene E OGH 19. 12. 2019, 6 Ob 105/19p (= RdW 2020/316).

Entscheidung

Begehren

Die Kl begehrte zuletzt im Kern die Feststellung, dass ihr in Generalversammlungen der Gesellschaft bei der Beschlussfassung über Budget und/oder Investitionsplan ein Stimmrecht zukomme (sie keinem Stimmverbot oder Stimmrechtsausschluss unterliege), sodass ihre Stimmen bei der Beschlussfeststellung zu berücksichtigen und mitzuzählen seien. Weiters begehrte sie die Verpflichtung der Bekl, in Generalversammlungen bei der Beschlussfassung über Budget und/oder Investitionsplan das „Stimmrecht der Kl sowie seine Ausübung nicht zu beeinträchtigen, etwa durch Bestreitung des Stimmrechts der Kl, auch gegenüber dem Versammlungsleiter, oder durch die Berufung auf Stimmverbote oder Stimmrechtsausschlüsse der Kl“; insb solle der Bekl geboten werden, in Generalversammlungen “den bestellten Versammlungsleiter auf seine Pflicht zur Unparteilichkeit und zur Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes sowie darauf hinzuweisen, dass bei der Beschlussfassung ein Stimmrecht der Kl bestehe, sie weder einem Stimmverbot noch einem Stimmrechtsausschluss unterliege, dass daher alle abgegebenen Stimmen zu zählen und bei der Beschlussfeststellung zu berücksichtigen seien, weiters darauf, dass er das Beschlussergebnis unter Berücksichtigung aller abgegebenen Stimmen festzustellen habe“.

Wie schon im Provisorialverfahren (6 Ob 149/19h, RdW 2020/27) erwies sich auch das nunmehr modifizierte Unterlassungsbegehren als zu unbestimmt; mit den Modifikationen erfolgt keine maßgebliche Präzisierung oder qualitative Änderung gegenüber dem Begehren im Provisorialverfahren.

Begehren betr Verhandlungsleitung

Nicht korrekturbedürftig ist weiters die berufungsgerichtliche Ansicht, auch für ein Hinweisgebot der Bekl gegenüber dem Versammlungsleiter gebe es auf Basis der rechtlichen Beurteilung des OGH im Provisorialverfahren keine Rechtsgrundlage.

Überdies wäre eine solche Hinweispflicht der Bekl für die Kl nicht notwendig: In der Generalversammlung einer GmbH gibt es für die Gesellschafter kein gesetzlich normiertes Redeverbot. Nach § 38 Abs 5 GmbHG bedarf es zur Antragstellung und zu Verhandlungen ohne Beschlussfassung der Ankündigung nicht. Das Teilnahmerecht der Gesellschafter ist im Kern unentziehbar und umfasst im Wesentlichen Anwesenheit und Teilhabe an der Beratung in der Generalversammlung (Baumgartner/Mollnhuber/U. Torggler in U. Torggler, GmbHG § 38 Rz 19 mwN). Es ist daher der Kl unbenommen, dass sie selbst in der Generalversammlung dem Versammlungsleiter mitteilt, dass ihr ihrer Rechtsansicht nach ein Stimmrecht zusteht. Dem Versammlungsleiter obliegt es dann, diese Rechtsansicht zu prüfen, sich selbst eine (Rechts-)Meinung zu bilden und danach sein Verhalten als Versammlungsleiter einzurichten.

Im Übrigen wäre der Versammlungsleiter (als in diesem Verfahren nicht Beteiligter) an die Feststellungswirkung nicht gebunden.

Darüber hinaus kann die Frage, ob einem Gesellschafter in einer konkreten Generalversammlung bei einer konkreten Beschlussfassung ein Stimmrecht zusteht oder nicht, letztlich nur in einem Anfechtungsprozess (allenfalls verbunden mit einem Beschlussfeststellungsverfahren) nach §§ 41 f GmbHG geklärt werden. Eine Klage nach § 41 GmbHG ist aber nach § 42 Abs 1 GmbHG gegen die Gesellschaft zu richten. Auch diese ist nicht Partei des vorliegenden Verfahrens und wäre daher ebenfalls im Anfechtungsprozess an eine Feststellung nicht gebunden. Es besteht somit kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, weshalb die Abweisung des Feststellungsbegehrens durch die Vorinstanzen schon aus diesem Grund richtig war.

Rsp zu Syndikatsverträgen nicht übertragbar

Die Rsp zu Syndikatsverträgen (RS0117682) lässt sich auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen, weil sie nur die Durchsetzung besonderer vertraglicher Pflichten betrifft.

Hier geht es demgegenüber ausschließlich um die Beurteilung gesetzlicher Rechte und Pflichten iZm der Willensbildung der Gesellschaft. Für diese stellt aber § 41 GmbHG mit der Beschlussfassungsanfechtung und der ergänzend dazu von der Rsp entwickelten Beschlussfeststellungsklage eine grundsätzlich abschließende Regelung dar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32493 vom 05.05.2022