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Gesellschaft – statutarische Schiedsklausel

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 6, § 7

ZPO: §§ 577 ff

Die Bestimmungen des Vierten Abschnitts des Sechsten Teils der ZPO über das Schiedsverfahren (§§ 577 ff ZPO) finden gem § 581 Abs 2 ZPO sinngemäß auf Schiedsgerichte Anwendung, die in gesetzlich zulässiger Weise durch Statuten angeordnet werden. Unter Statuten sind sowohl die Satzungen juristischer Personen (zB GmbH, AG und Genossenschaft) als auch die Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften (OG und KG) als auch Vereinsstatuten zu verstehen, sofern sie echte Schiedsgerichte nach §§ 577 ff ZPO vorsehen.

Eine solche statutarische Schiedsklausel gilt, wenn die Schiedsvereinbarung formgerecht in den Statuten festgelegt wurde, für die Gesellschaft und für alle Gesellschafter. Auch die Gesellschaft selbst ist an den in der Satzung zum Ausdruck kommenden Willen der Mitglieder und somit auch an die darin enthaltene Schiedsanordnung gebunden. Dabei ist es irrelevant, dass die Gesellschaft nicht selbst Partei der Schiedsvereinbarung im Gesellschaftsvertrag ist. Die Bindung der Gesellschaft an die Vorgaben des Gesellschaftsvertrags ist ein dem Verbandsrecht wesensimmanentes Phänomen, das auch Schiedsklauseln erfasst.

Welche Streitigkeiten von einer Schiedsklausel umfasst sind, ist grds aufgrund ihres – auszulegenden – Inhalts zu ermitteln. Bestimmungen in Satzungen sind nach der Rsp des OGH wie generelle Normen nach den §§ 6 und 7 ABGB auszulegen. Maßgebend ist daher der objektive Sinn der Bestimmungen. Unklare oder eine mehrfache Deutung zulassende Bestimmungen sind in vernünftiger und billiger Weise so auszulegen, dass ihre Anwendung im Einzelfall brauchbare und vernünftige Ergebnisse zeitigt. Lässt der Wortlaut der Erklärung zwei gleichwertige Auslegungsergebnisse zu, gebührt jener Auslegung der Vorzug, die die Gültigkeit der Schiedsklausel favorisiert.

OGH 6. 8. 2024, 18 ONc 1/24b

Entscheidung

Dem Verfahren liegt der Antrag ausscheidender Gesellschafter einer GmbH zu Grunde, der OGH möge für das mit der Schiedsklage der Antragsteller gegen die Antragsgegner eingeleitete Schiedsverfahren an Stelle der Antragsgegner einen Schiedsrichter bestellen.

Es ist unstrittig, dass die Antragsteller die Antragsgegner (GmbH und verbleibende Gesellschafter) zur Bestellung eines Schiedsrichters aufgefordert haben und dass diese säumig geblieben sind. Unstrittig ist auch, dass die schriftliche Aufforderung gem § 587 Abs 4 ZPO hinreichende Angaben darüber enthielt, welcher Anspruch geltend gemacht wird und auf welche Schiedsklausel sich die Antragsteller berufen. Damit sind die Voraussetzungen des § 587 Abs 2 Z 4 ZPO erfüllt.

Die Erstantragsgegnerin (GmbH) und der Zweitantragsgegner bestritten in ihrer gemeinsamen Äußerung primär, dass für die behaupteten Ansprüche der Antragsteller eine rechtsgültige Schiedsvereinbarung bestehe. Für den Fall, dass der OGH jedoch zum Ergebnis gelangen sollte, dass die Zuständigkeit eines ad-hoc-Schiedsgerichts für den Gegenstand der Schiedsklage rechtswirksam vereinbart sei, machten sie – unter dem Vorbehalt der Unzuständigkeitseinrede vor einem solchen Schiedsgericht – einen bestimmten Rechtsanwalt als Schiedsrichter namhaft. Der Drittantragsgegner gab ebenfalls – in ausdrücklicher Bestreitung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts – diesen Rechtsanwalt als den von ihm namhaft zu machenden Schiedsrichter bekannt und ersuchte den OGH, diesen zu dem „von den unzulässig schiedsbeklagten Parteien namhaft gemachten Schiedsrichter“ zu bestellen.

Dazu stellt der OGH zunächst klar, dass die Ansprüche, die die Antragsteller als ausscheidende Gesellschafter gegenüber den Antragsgegnern (GmbH und verbleibende Gesellschafter) mit ihrer Schiedsklage geltend machen, in einem engen Zusammenhang mit ihrer ehemaligen Funktion als geschäftsführende Gesellschafter stehen. Die Beurteilung, dieser Streit zwischen ausgeschiedenen Gesellschaftern und verbliebenen Gesellschaften sowie zwischen (ausgeschiedenen) Gesellschaftern und der Gesellschaft sei – als ein Streit aus dem Gesellschaftsverhältnis und damit aus dem Gesellschaftsvertrag – von der Schiedsklausel des Gesellschaftsvertrags umfasst, hält sich im Rahmen der Grundsätze der Rsp zur Auslegung einer Schiedsvereinbarung; insb folgt sie dem Grundsatz der größtmöglichen geltungserhaltenden Auslegung einer Schiedsvereinbarung. Entgegen der Auffassung der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners ist die objektive Reichweite der Schiedsklausel nicht auf Streitigkeiten über Ansprüche zu beschränken, die ihren Rechtsgrund in einer konkreten Bestimmung des Gesellschaftsvertrags haben soll.

Die Bestimmungen der §§ 586 und 587 ZPO sind hier daher (sinngemäß) anzuwenden.

Eine nachträgliche Benennung, die nach § 587 Abs 7 ZPO zur Abweisung des Antrags führte, ist nicht erfolgt: Die im Verfahren erfolgte Namhaftmachung eines Rechtsanwalts als Schiedsrichter durch die Erstantragsgegnerin und den Zweitantragsgegner erfolgte (bloß) hilfsweise. Die Namhaftmachung desselben Rechtsanwalts durch den Drittantragsgegner erfolgte zwar nicht ausdrücklich hilfsweise, auch der Drittantragsgegner bezeichnete den Antrag aber als „unzulässig und auch ansonsten formell nicht berechtigt“.

Bei Bestellung dieses Rechtsanwalts zum Schiedsrichter hält der OGH fest, dass das Gericht bei der Auswahl des Schiedsrichters zwar nicht an einen solchen (hilfsweise) gemachten Vorschlag der Parteien nicht gebunden ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall spricht aber auch nichts dagegen, die namhaft gemachte Person zum Schiedsrichter zu bestellen. Es besteht keinerlei Anlass, dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35858 vom 16.09.2024