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Gewerberechtlicher Geschäftsführer ohne Betätigung im Betrieb

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994: § 39

GmbHG: § 15

§ 39 Abs 2 und 3 GewO 1994 verlangt vom gewerberechtlichen Geschäftsführer, sich „im Betrieb entsprechend zu betätigen“; darunter ist eine Tätigkeit zu verstehen, die es dem Geschäftsführer ermöglicht, die gewerberechtliche Tätigkeit des Betriebs ausreichend zu beobachten und zu kontrollieren. Nach stRsp des OGH verlangt der Normzweck des § 39 Abs 3 GewO 1994 (Sicherung der Allgemeinheit und besonders der Besteller) die Nichtigkeit einer Vereinbarung, mit der das Fehlen einer gewerberechtlichen Erlaubnis oder Konzession durch ein vorgetäuschtes Anstellungs- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis ausgeglichen bzw umgangen werden soll. Eine solche Umgehung wurde bei fehlender tatsächlicher Betätigung im Geschäftsbetrieb auch angenommen, wenn aus Anlass der Vereinbarung über die Zurverfügungstellung der Gewerbeberechtigung eine Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer einer GmbH nur deshalb erfolgte, um formal die gewerberechtlichen Bestellungsvoraussetzungen eines gewerberechtlichen Geschäftsführers zu erfüllen (vgl § 39 Abs 2 Z 1 GewO; 1 Ob 55/06d, RdW 2006/696).

Ein Vertrag zur Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer (hier: betr das Bauträgergewerbe) ist auch dann nichtig, wenn Letzterer – wie hier der Kl – zum Geschäftsführer iSd § 15 GmbHG bestellt wurde, sich nach dem Willen der Vertragsteile aber nicht an der Geschäftsführung beteiligen sollte und auch keine tatsächliche Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer beabsichtigt war, er gleichzeitig aber mit der Erbringung von Werkleistungen (hier: Planung und/oder Bauleitung der entsprechenden Bauvorhaben des Unternehmens) beauftragt werden sollte bzw zunächst teilweise auch tatsächlich beauftragt wurde.

Im Hinblick auf die Nichtigkeit des vorliegenden Vertrages hatte der Kl hier daher keinen Anspruch auf das Honorar, das er (als vereinbartes Entgelt für die „Zurverfügungstellung der Gewerbeberechtigung“ ohne entsprechende Betätigung im Betrieb) für Planung und Bauleitung betreffend jene Bauvorhaben geltend machte, bei denen er vereinbarungswidrig nicht mit der Planung und/oder Bauleitung beauftragt worden war.

OGH 18. 11. 2022, 6 Ob 182/22s

Sachverhalt

Der Kl ist Baumeister und in seinem Einzelunternehmen Vollzeit tätig. Mit der Geschäftsführerin der Bekl hatte er vereinbart, dass er dem Unternehmen der Bekl seine Gewerbeberechtigung für das Bauträgergewerbe zur Verfügung stellt und der Gewerbebehörde gegenüber als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Bekl namhaft gemacht wird. Als Gegenleistung dafür war vereinbart, dass der Kl bei den Bauvorhaben der Bekl mit der Planung und/oder Bauleitung beauftragt wird. Um seine Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer zu ermöglichen, wurde der Kl auch zum „kollektiv zeichnungsberechtigten“ handelsrechtlichen Geschäftsführer der Bekl bestellt. Er sollte und wollte sich aber an der Willensbildung der Bekl und an der tatsächlichen Geschäftsführung nicht beteiligen.

Beim ersten Bauvorhaben der Bekl wurde der Kl mit der Planung und Bauleitung, beim zweiten Bauvorhaben mit der Planung beauftragt. Abgesehen von den Aufgaben iZm der Planung und/oder Bauleitung dieser beiden Projekte erfüllte der Kl – mit Ausnahme der Unterfertigung der Bilanzen – keine weiteren Aufgaben im Betrieb der Bekl.

Die Bekl wickelte in der Folge zwei weitere Bauvorhaben ab, ohne den Kl darüber zu informieren und ohne ihn diesbezüglich mit Planung und/oder Bauleitung zu beauftragen. Erst danach wurde der Kl als gewerberechtlicher Geschäftsführer und als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bekl gelöscht.

Die Vorinstanzen wiesen das Begehren des Kl auf Zahlung des Honorars für Planung und Bauleitung betreffend jene beiden Bauvorhaben ab, bei denen ihn die Bekl nicht wie vereinbart mit diesen Leitungen beauftragt hatte. Das BerufungsG ließ die ordentliche Revision offensichtlich mangels Rsp zum Aspekt der gleichzeitigen Beauftragung mit der Erbringung von Werkleistungen zu. Der OGH wies die Revision jedoch wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurück.

Entscheidung

Im Rahmen seines Beurteilungsspielraums hat das BerufungsG die Feststellungen erkennbar dahin ausgelegt, dass nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien der Kl als handelsrechtlicher Geschäftsführer tatsächlich nicht tätig sein sollte und auch keine tatsächliche Tätigkeit des Kl als gewerberechtlicher Geschäftsführer beabsichtigt war. Die Beurteilung der Vereinbarung über die Bestellung des Kl als gewerberechtlicher Geschäftsführer als nichtig und des daraus folgenden Fehlens eines Anspruchs auf die vereinbarte Gegenleistung, steht im Einklang mit den Grundsätzen der Rsp.

Vom Sachverhalt entfernen sich sowohl die Hinweise der Revision auf den Wortlaut des schriftlichen Vertrags als auch die Argumentation, der Kl hätte die Aufgaben eines gewerberechtlichen Geschäftsführers anlässlich der abzuschließenden Werkverträge über die Planung und/oder Bauleitung bei den Bauvorhaben der Bekl wahrnehmen können. Vor dem Hintergrund, dass eine tatsächliche Tätigkeit im vorliegenden Fall nicht beabsichtigt war, kommt dieser Frage keine entscheidende Bedeutung zu.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33529 vom 13.01.2023