Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
Abstract
Die Abgrenzung gewerblichen Wertpapierhandels von (bloßer) Vermögensverwaltung ist unter anderem für den Ausgleich von Verlusten bedeutsam. Wie der VwGH in der gegenständlichen Entscheidung zeigt, ist hierbei auf eine Reihe von Abgrenzungskriterien (Berufstätigkeit, Auftreten für Rechnung Dritter, Fremdfinanzierung, Zahl der Transaktionen, Risikohöhe) Bedacht zu nehmen, die allerdings nicht von gleichem Gewicht sind.
VwGH 3. 5. 2021, Ra 2019/13/0124
Sachverhalt
Der Revisionswerber erzielte Verluste aus dem Kauf und Verkauf von wertpapierbezogenen Optionen. Strittig war, ob Art und Ausmaß des Optionshandels die Grenze von der Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit überschritten hatten und somit – ausgleichsfähige – Verluste aus Gewerbebetrieb vorlagen. Der entscheidungsgegenständliche Sachverhalt war dabei im Wesentlichen wie folgt: Der Revisionswerber war Prokurist eines vermögensberatenden Unternehmens und dort für Networking und Kundenansprachen zuständig. Selbst war er nicht als Wertpapiermakler oder in einem ähnlichen Beruf tätig. Er tätigte pro Jahr etwa 100 An- und Verkäufe, wobei er der Investitionsstrategie seines Dienstgebers folgte. Der Handel fand gänzlich auf eigene Rechnung statt, der Revisionswerber trat nicht als Dienstleister gegenüber Dritten auf. Zum Teil war der Optionshandel durch einen Bankkredit fremdfinanziert.
Das Finanzamt und in Folge das BFG verneinten das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit, woraufhin der Revisionswerber außerordentliche Revision erhob.
Entscheidung des VwGH
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Tätigkeit, die selbstständig, nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird, erst dann gewerblich, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreitet. Dies ist dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß übersteigt, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist, wenn also durch die Marktteilnahme nach Art und Umfang der Tätigkeit ein Bild erzeugt wird, das der privaten Vermögensverwaltung fremd ist. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht (vgl VwGH 24. 3. 2004, 2003/14/0096 mwN). Bei der Verwaltung von Wertpapierbesitz gehören die Umschichtungen von Wertpapieren, somit Kauf und Verkauf durch Einschaltung von Banken, grundsätzlich noch zur privaten Vermögensverwaltung; bei Wertpapieren liegt es in der Natur der Sache, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren (vgl VwGH 26. 7. 2005, 2003/14/0050). Dies gilt ebenso für sonstige nicht verbriefte Finanzinstrumente wie Optionen.
Bei der Beurteilung des Gesamtbildes der Verhältnisse sind verschiedene Kriterien zu prüfen, wie etwa die Anzahl der jährlichen An- und Verkäufe oder der Umstand, ob Transaktionen auf fremde Rechnung durchgeführt werden. Nicht unbedeutend ist schließlich der Umstand, ob der den Handel mit Wertpapieren betreibende Steuerpflichtige einen auf den Umsatz von Wertpapieren bezogenen Beruf, insbesondere jenen des Wertpapiermaklers, ausübt (vgl VwGH 21. 12. 2005, 2003/14/0046).
Eine feste Anzahl von Verkäufen pro Jahr als Maßstab für die Beurteilung als gewerblicher Wertpapierhandel besteht nicht. Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 29. 7. 1997, 96/14/0115, lediglich festgestellt, dass eine Anzahl von durchschnittlich jeweils weniger als 30 Verkäufen jährlich nicht für eine Gewerblichkeit spricht. Eine höhere Anzahl an Transaktionen schließt eine Vermögensverwaltung allerdings nicht aus (vgl VwGH 21. 12. 2005, 2003/14/0046; 24. 3. 2004, 2003/14/0096). Der Umstand, dass mit hohem Risiko behaftete Transaktionen durchgeführt worden sind, kann für sich genommen in gleicher Weise auf eine gewerbliche wie auf eine spekulative Betätigung hinweisen (vgl VwGH 24. 3. 2004, 2003/14/0096). Auch die Fremdfinanzierung ist zwar ein Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit, diesem kommt aber keine maßgebliche Bedeutung zu (VwGH 24. 3. 2004, 2000/14/0141; 26. 7. 2005, 2003/14/0050). Der Revisionswerber war als Prokurist einer vermögensberatenden Firma für Networking und Kundenansprache zuständig, selbst aber nicht als Wertpapiermakler tätig. Die Berufstätigkeit des Revisionswerbers vermag die Gewerblichkeit der konkret durchgeführten Transaktionen daher nicht zu begründen. Insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der Dienstgeber des Revisionswerbers die Investitionsstrategie vorgegeben hat und dessen Geschäftsmodell lediglich gefolgt ist, ist davon auszugehen, dass sich der Revisionswerber nicht wie ein gewerblicher „Wertpapierhändler“ verhalten hat. Der Revisionswerber ist zudem nicht für Rechnung Dritter aufgetreten und hat auch nicht − etwa im Wege der Unterhaltung eines für Dritte erkennbaren einschlägigen Büros − Dritten gegenüber Händlerdienste angeboten. Ein gewerblicher Wertpapierhandel lag daher nicht vor.
Conclusio
Bei der Abgrenzung gewerblichen Wertpapierhandels von bloß vermögensverwaltender Tätigkeit kommt nach der gegenständlichen Rechtsprechung insbesondere der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen (übt er einen auf den Umsatz von Wertpapieren bezogenen Beruf aus?) und seinem Aufritt nach außen (tritt er für Rechnung Dritter auf; unterhält er ein Büro?) Bedeutung zu. Ob die durchgeführten Transaktionen besonders risikobehaftet sind, ist demgegenüber zur Abgrenzung untauglich. Auch die Anzahl der Transaktionen und die Fremdfinanzierung der Tätigkeit sind von untergeordneter Bedeutung.