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GmbH & Co KG: Haftung des Geschäftsführers der GmbH

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GmbHG § 25

Zu einer unmittelbaren Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft analog § 25 GmbHG können besondere Umstände führen, die entweder in der Personenidentität von Kommanditisten, GmbH-Gesellschaftern und Geschäftsführern liegen können oder in der Tätigkeit der GmbH ausschließlich zur Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben für die Kommanditgesellschaft. Für eine Haftung des Geschäftsführers ist nämlich beachtlich, dass die Komplementär-GmbH in einem solchen Fall rein formal als Zwischenglied „vorgeschoben“ wird und der GmbH-Geschäftsführer organschaftlich mittelbar bzw faktisch für die KG tätig ist; seine wesentliche Tätigkeit wirkt sich direkt bei der KG aus. Damit besteht aber keinerlei Veranlassung, den Geschäftsführer bei mangelnder Personenidentität aus seiner Verantwortung (analog § 25 GmbHG) gegenüber der KG zu entlassen.

OGH 23. 2. 2016, 6 Ob 171/15p

Entscheidung

Unmittelbare Haftung gegenüber der KG

Zur unmittelbaren Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft stellt der OGH zunächst ausführlich die bisherige Rsp (6 Ob 757/83; 7 Ob 525/86; 8 Ob 624/88, RdW 1991, 43; 1 Ob 192/08d, LN Rechtsnews 7183 vom 27. 5. 2009 = RdW 2009/435) und Lit dar und hält ausdrücklich fest, dass sich auch die E 1 Ob 192/08d durchaus dahin verstehen lässt, dass zur unmittelbaren Haftung entweder die Personenidentität von Kommanditisten, GmbH-Gesellschaftern und Geschäftsführern führen kann „oder“ die Tätigkeit der GmbH ausschließlich zur Wahrnehmung der Geschäftsführung für die Kommanditgesellschaft.

Bereits in der E 1 Ob 192/08d hat sich der OGH auch der Auffassung nicht angeschlossen, im Regelfall stünden der KG ohnehin Schadenersatzansprüche gegen die Komplementär-GmbH wegen schlechter Geschäftsführung zu, zu deren Befriedigung sie auf den Schadenersatzanspruch der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer greifen könne. Dazu hält er im vorliegenden Fall weiters fest, dass Schadenersatzansprüche der Komplementär-GmbH gegen den Geschäftsführer im Übrigen etwa dann nicht zu einer vollen Befriedigung der KG führen würden, wenn die GmbH insolvent geworden ist. Im vorliegenden Fall war die Komplementär-GmbH zwar nicht insolvent, der OGH weist aber darauf hin, dass die Vorinstanzen ihre Vermögenslosigkeit festgestellt haben und ihre Inanspruchnahme durch die KG für die hier geltend gemachten Ansprüche daher zur sofortigen materiellen Insolvenz führen würde.

Haftung bei nichtigen Weisungen

Dem Argument, dass nach stRsp grundsätzlich die Haftung des Geschäftsführers entfällt, wenn alle Gesellschafter einer schadenbegründenden Handlung zugestimmt haben, hält der OGH entgegen, dass nichtige Weisungsbeschlüsse jedoch die Haftung unberührt lassen, weil sie nicht verbindlich sind. Dazu gehören va Verstöße gegen Gläubigerschutzbestimmungen und Kapitalerhaltungsvorschriften (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG § 25 Rz 17; S.-F. Kraus/U. Torggler in U. Torggler, GmbHG § 25 Rz 31; Reich-Rohrwig in WK GmbHG [2015] § 25 Rz 191 - alle mit weiteren Nachweisen). Bereits in der E 8 Ob 624/88 (ebenso 1 Ob 144/01k, SZ 2002/26 = RdW 2002/350) hat der OGH in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich auf § 25 Abs 5 und 7, § 10 Abs 6 GmbHG hingewiesen.

Trotz teilweise kritischer Stellungnahmen in der Lit (vgl die Nachweise bei Koppensteiner/Auer in WK UGB4 [2009] § 161 Rz 21 und bei Auer in Gruber/Harrer, GmbHG § 82 Rz 67 FN 182) hält der erkennende (Fach-)Senat weiterhin an seiner Auffassung fest: Ist an einer Kommanditgesellschaft keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt, sind die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 82 ff GmbHG analog anzuwenden auf Zuwendungen an die Gesellschafter der Komplementär-GmbH (Bauer/Zehetner in WK GmbHG [2009] § 82 Rz 231 unter Hinweis auf 1 Ob 141/02w), aber auch auf Zuwendungen an „Nur-Kommanditisten“ (2 Ob 225/07p, LN Rechtsnews 5578 vom 14. 8. 2008 = RdW 2008/542; vgl auch 6 Ob 226/09t, LN Rechtsnews 9486 vom 14. 7. 2010 = RdW 2010/515 = GesRZ 2010, 280 [Winner/Obradovic]; Bauer/Zehetner aaO Rz 232).

Die analoge Anwendung des § 82 GmbHG auf eine KG, deren einziger Komplementär eine GmbH ist, bedeutet also - so der OGH -, dass grundsätzlich jede Zuwendung der KG an ihre Gesellschafter - oder an die Gesellschafter der Komplementärgesellschaft - verboten ist, wenn sie nicht Gewinnverwendung ist.

Verbotene Einlagenrückgewähr

Im vorliegenden Fall verstießen die vom bekl Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft veranlasste Darlehensgewährungen an die einzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr.

Nach Ansicht des OGH kommt es auch nicht darauf an, ob dem Bekl zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen bekannt gewesen ist bzw hätte bekannt sein müssen, dass diese Darlehen nicht mehr an die KG zurückbezahlt werden würden: Zum damaligen Zeitpunkt hatte der OGH bereits entschieden (2 Ob 225/07p), dass die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 82 ff GmbHG auf Zuwendungen an die Gesellschafter der Komplementär-GmbH und auf solche an „Nur-Kommanditisten“ analog anzuwenden sind, wenn an einer Kommanditgesellschaft keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt ist. Dies musste auch dem Bekl bekannt sein, der als Geschäftsführer dem Haftungsmaßstab des § 1299 ABGB unterliegt (vgl RIS-Justiz RS0026773).

Zu einer allfälligen Rechtfertigung der Darlehensgewährung aus betrieblichen Gründen waren von den Vorinstanzen keinerlei Feststellungen getroffen worden.

Der OGH verwarf auch den Verjährungseinwand mit der Begründung, dass auf Ersatzansprüche einer GmbH & Co KG gegen den Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft analog die fünfjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs 6 GmbHG zur Anwendung kommt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21622 vom 12.05.2016