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VO (EG) 1/2003: Art 22
Art 22 VO (EG) 1/2003 [zur Durchführung der in den Art 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln] ermächtigt die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten, die Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung, die in ihren nationalen Rechten vorgesehen sind, auch für eine andere Wettbewerbsbehörde durchzuführen und die dabei erhaltenen Informationen an diese Behörde weiterzuleiten. Durch diese Befugnis können nationale Wettbewerbsbehörden einander bei der Ermittlungstätigkeit unter Nutzung aller verfügbaren Mittel des jeweiligen nationalen Rechts unterstützen und die Auskünfte und Unterlagen erlangen, die für die vollständige Ermittlung kartellrechtsrelevanter Sachverhalte erforderlich sind, auch wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat gelagert sind. Diese Möglichkeit hätten sie sonst nicht, weil die Eingriffsbefugnisse jeder nationalen Behörde wegen des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips auf das eigene Hoheitsgebiet beschränkt sind.
Im vorliegenden Fall ersuchte die BWB im Weg der Amtshilfe um Durchführung einer Hausdurchsuchung in den Geschäftsräumlichkeiten der Revisionswerberin in den Niederlanden. Die BWB musste dazu die notwendigen Informationen und Beweismittel an die niederländische Behörde übermitteln, damit diese sprüfen konnte, ob nach der nationalen niederländischen Rechtslage die Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung vorliegen oder nicht. Die Hausdurchsuchung in den Niederlanden wurde somit nach Maßgabe des anzuwendenden niederländischen Rechts angeordnet, zumal nach österreichischem Recht für eine vorherige gerichtliche Prüfung einer Hausdurchsuchung durch eine Wettbewerbsbehörde in einem anderen Mitgliedstaat keine Rechtsgrundlage besteht und das österreichische Kartellgericht daher keine Kompetenz und Weisungsbefugnis gegenüber der niederländischen Wettbewerbsbehörde im fremden Hoheitsgebiet hat. Bei der Hausdurchsuchung durch die niederländische Behörde handelt es sich um eine Ermittlungshandlung der niederländischen Wettbewerbsbehörde nach niederländischem Recht. Die Hausdurchsuchung ist insoweit der niederländischen Behörde zuzurechnen, die selbstständig tätig geworden ist. Die Rechtmäßigkeit der Durchführung der Hausdurchsuchung richtet sich daher nach dem Recht des Staates der ersuchten Behörde und ist dementsprechend durch die Rechtsschutzinstrumente zu überprüfen, die im niederländischen Recht vorgesehen sind.
Durch die Stellung des Amtshilfeersuchens hat die BWB nicht unmittelbar in subjektive Rechte der Revisionswerberin eingegriffen, weil die tatsächliche Amtshilfeleistung und damit die Durchführung der Maßnahme erst der ersuchten Behörde obliegen. Das Stellen eines Amtshilfeersuchens bildet daher schon mangels Unmittelbarkeit keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Für die Erhebung eines Rechtsmittels gegen das Ersuchen selbst gibt es im österreichischen Recht keine gesetzliche Grundlage. Eine planwidrige Lücke ist nicht ersichtlich, zumal die Möglichkeit besteht, nach niederländischem Recht gegen die Hausdurchsuchung vorzugehen.