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Haushaltsversicherung: Beraubung nach Betäubung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

§§ 914 f ABGB

Art 2 ABH 2003

Nach den vorliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (Art 2.1.5. ABH 2003) ist die Beraubung versichert und wird definiert als die „Androhung oder Anwendung tätlicher Gewalt gegen den Versicherungsnehmer, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen oder berechtigt anwesende dritte Personen, um die Wegnahme versicherter Sachen zu erzwingen“.

Wie bei der Tathandlung des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB gilt auch nach Art 2.1.5. ABH 2003 die (listige) Verabreichung betäubender Mittel als Gewaltanwendung, weil damit ebenfalls eine auch körperliche Zwangswirkung erzielt wird. Dieses Begriffsverständnis entspricht auch jenem eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers.

OGH 27. 11. 2019, 7 Ob 130/19x

Entscheidung

Der Fachsenat hat schon mehrfach dahin judiziert, dass Rechtsbegriffe, die in der Rechtssprache eine bestimmte Bedeutung haben, auch in diesem Sinn auszulegen sind. Dies gilt namentlich dann, wenn den zu beurteilenden Rechtsinstituten nach herrschender Ansicht ein unstrittiger Inhalt beigemessen wird, und dies gilt auch für die Rechtsbegriffe in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (RS0123773). Dieser Grundsatz kommt auch im vorliegenden Fall zum Tragen:

Die Bekl verwendet zwar den in der österreichischen Rechtssprache wenig gebräuchlichen Begriff „Beraubung“, mit dem allerdings im Kontext der Klausel des Art 2.1.5. ABH 2003 der rechtlich einschlägig besetzte Vorgang des Raubes angesprochen wird. Die dazu in Art 2.1.5. ABH 2003 enthaltene Beschreibung ähnelt sehr der in § 142 Abs 1 StGB definierten Tathandlung, die überdies auch im Alltagssprachgebrauch verankert ist; danach wird unter Raub ebenfalls ein Vorgang beschrieben, bei dem sich der Täter Eigentum eines anderen widerrechtlich und unter Anwendung oder Androhung von Gewalt in seinen Besitz bringt (vgl Duden-online). In diesem Fall muss daher auch der Gewaltbegriff betreffend den Einsatz betäubender Mittel so verstanden werden, wie er im gegebenen Kontext als Rechtsbegriff einvernehmliche Bedeutung erlangt hat, also auch den Einsatz solcher Mittel einschließen.

Der gegenteilige Standpunkt der Bekl, die allein auf den Begriff „tätlich“ reflektiert und deshalb nach Art 2.1.5. ABH 2003 nur „körperliche“ Gewalt als einschlägig gelten lassen will, überzeugt nicht. Es entspricht gerade nicht dem Zugang eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers, dass ein Tatvorgang, der in der Alltagssprache gemeinhin anerkannt ist und auch den Einsatz betäubender Mittel einschließt, nur anhand eines Begriffsmerkmals („tätlich“) in seinem Bedeutungsumfang erheblich eingeschränkt wird. Außerdem verkennt die Argumentation der Bekl, dass der Einsatz betäubender Mittel ohnehin auch eine physische Wirkung äußert, die die körperlichen Reaktionsmöglichkeiten einschränkt – insoweit also durchaus „körperlich“ wirkt (vgl auch dazu Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 § 142 StGB Rz 22).

Beim Kl erfolgte der Einsatz eines willensbrechenden Betäubungsmittels mit ganz erheblichen psychischen und physischen Wirkungen, die noch bis zum nächsten Tag anhielten. An der Anwendung von Gewalt iSd Art 2.1.5. ABH 2003 ist daher nicht zu zweifeln.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28586 vom 27.01.2020