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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Gemäß § 8 Abs 1 HIKrG hat der Kreditgeber dem Verbraucher Informationen zu erteilen, die auf diesen zugeschnitten sind und die der Verbraucher benötigt, um die auf dem Markt verfügbaren Kreditprodukte zu vergleichen, ihre jeweiligen Auswirkungen zu prüfen und eine fundierte Entscheidung über den Abschluss eines Kreditvertrags zu treffen. Diese Informationen sind gem § 8 Abs 2 HIKrG auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger mittels des ESIS-Merkblatts in Anhang II zu erteilen, und zwar 1. unverzüglich nachdem der Verbraucher die erforderlichen Angaben zu seinen Bedürfnissen, seiner finanziellen Situation und seinen Präferenzen gem § 9 Abs 2 gemacht hat, und 2. rechtzeitig, bevor der Verbraucher durch einen Kreditvertrag oder ein Angebot gebunden ist.
„Unverzüglich“ bedeutet in diesem Zusammenhang ohne schuldhaftes Verzögern, also so früh wie möglich. § 8 Abs 1 HIKrG begründet einen eigenen Anspruch des Verbrauchers auf Erteilung vorvertraglicher Informationen, der nicht an ein konkretes Kreditangebot oder einen späteren Vertragsabschluss gekoppelt ist, sondern unabhängig von einem solchen besteht – und zwar sobald der Verbraucher dem Kreditgeber gegenüber Angaben zu seinen Bedürfnissen, seiner finanziellen Situation und seinen Präferenzen gem § 9 Abs 2 HIKrG macht. Auch die verpflichtende Verwendung des ESIS-Merkblatts (§ 8 Abs 2 HIKrG) soll in diesem Sinne sicherstellen, dass der Verbraucher die ESIS-Merkblätter verschiedener Kreditgeber bestmöglich vergleichen kann.
Dass der Verbraucher im vorliegenden Fall die Bank um „Angebote“ und nicht um „Informationen“ ersucht hat, ändert an der gesetzlichen Verpflichtung der Bekl nach § 8 HIKrG nichts. Aufgrund des vorliegenden Ersuchens des Verbrauchers um „Erstellung von Angeboten für einen Wechsel zu einer Fixverzinsung“ seines Kredits musste der Bank klar sein, dass der Verbraucher dazu auf ihn zugeschnittene Informationen benötigte, um entscheiden zu können, ob er einen entsprechenden Kreditvertrag mit einer Fixverzinsung – etwa im Rahmen einer Umschuldung – abschließen solle. Daher hätte die Bekl jedenfalls unverzüglich ihrer Informationspflicht nach § 8 HIKrG – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Z 1 iVm § 9 Abs 2 HIKrG – gegenüber dem Verbraucher nachkommen müssen. Der Begriff „rechtzeitig“ in § 8 Abs 1 HIKrG umschreibt lediglich den spätestmöglichen Zeitpunkt der Informationserteilung in Bezug auf einen späteren Vertragsabschluss, entbindet die Bank aber nicht von ihrer Pflicht zur unverzüglichen Information.
Entscheidung
Informationspflicht schon vor Kreditanbot
Der Kl hatte beim bekl Kreditinstitut bereits im Mai 2020 einen Hypothekarkreditvertrag abgeschlossen (Abstattungskredit mit variablem Sollzinssatz). Am 15. 9. 2022 ersuchte er die Bekl schriftlich um Übermittlung von Angeboten für einen Wechsel von der variablen Verzinsung zu einer Fixverzinsung. Nach seiner Urgenz am 6. 10. 2022 wurde ihm über eine weitere Nachfrage am 10. 11. 2022 mitgeteilt: „Bezüglich der Fixzinsberechnung melden wir uns so bald wie möglich bei Ihnen“. Am 6. 7. 2023 unterbreitete die Bekl dem Kl dann ein „Finanzierungsangebot“ für einen Wechsel vom vereinbarten variablen auf einen fixen Zinssatz.
Wenn die Bekl meint, das HIKrG sei nicht auf Anfragen eines Kunden an das Kreditinstitut anwendbar, bevor sie ihm ein konkretes Kreditangebot unterbreitet habe, lässt sie Wortlaut und Zweck des HIKrG (Vergleichbarkeit der am Markt erhältlichen Kreditprodukte) außer Betracht.
Die Frage, ob der Kreditgeber – möchte er mit dem informationssuchenden Verbraucher keinesfalls einen Vertrag abschließen (und ihm daher auch kein Angebot unterbreiten) – dennoch nach § 8 HIKrG zumindest verpflichtet ist, dem Kunden dies mitzuteilen, muss nicht beantwortet werden. Dieser Fall liegt hier nicht vor, hat doch die Bekl dem Kl im Juli 2023 ein entsprechendes „Finanzierungsangebot“ unterbreitet.
Schadenersatzanspruch
Der europäische Gesetzgeber überließ es den Mitgliedstaaten, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu erlassen (Art 38 Abs 1 WIKrRL). Der österreichische Gesetzgeber entschied sich für einen kombinierten Ansatz und sieht zum einen Verwaltungsstrafen konkret vor (§ 30 Z 3 HIKrG) und lässt zum anderen zivilrechtliche Sanktionen offen. Als zivilrechtliche Folgen kommen im Wesentlichen schadenersatzrechtliche (culpa in contrahendo) und irrtumsrechtliche Folgen in Betracht.
Der Verbraucher kann hier daher grds einen allfälligen Schaden, der ihm durch das pflichtwidrige Fehlverhalten der Bank (nicht unverzügliche Informationserteilung nach § 8 HIKrG) entstanden ist, gegen diese geltend machen. Der für einen (allfälligen) Schadenersatzanspruch des Verbrauchers erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang ist hier gegeben. Das Wesen des Rechtswidrigkeitszusammenhangs liegt darin, dass aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene verursachten Schäden zu haften ist, die die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern sollte. Der Schutzzweck des § 8 Abs 1 HIKrG liegt darin, dass der Verbraucher eine Orientierung über die Details der verschiedenen am Markt erhältlichen Kreditprodukte bekommen soll.
Der Kausalitätsprüfung kommt im Falle einer Informationspflichtverletzung iSd § 8 Abs 1 HIKrG besondere Bedeutung zu. Danach ist zu fragen, wie der Verbraucher ohne das schadenzufügende Ereignis, wie er also bei unverzüglicher Information gestanden wäre. So kann eine unterlassene, unvollständige oder falsche Aufklärung dem Kreditnehmer die Vergleichsmöglichkeit zu Produkten anderer Kreditgeber entziehen oder erschweren, sodass er zB einen teuren Kredit aufnimmt, den er sonst auch zu günstigeren Konditionen erhalten hätte, weil er mangels Information anderer Kreditinstitute die Marktlage nicht einschätzen konnte, sonst aber mit der Kreditaufnahme noch zugewartet hätte, bis auch seine Bank einen Zinssatz senkt.