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Horizontale Zusammenrechnung bei sukzessivem Erwerb einer Liegenschaft

Bearbeiter: Jürgen Romstorfer

GrEStG: § 7 Abs 1 Z 2 lit a

Abstract

Das BFG hatte sich im vorliegenden Fall damit auseinanderzusetzen, ob der sukzessive Erwerb einer wirtschaftlichen Einheit von Todes wegen jeweils durch einen Großelternteil der horizontalen Zusammenrechnung nach § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG unterliegt. Unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlautes, der Erläuterungen zur Regierungsvorlage, der Literatur und der Ansicht des BMF kam es zum Ergebnis, dass bei einem solchen sukzessivem Erwerb eine horizontale Zusammenrechnung zu erfolgen hat. Beide Erwerbsvorgänge sind somit für Zwecke der Berechnung der Grunderwerbsteuer zusammenzurechnen. Die Begünstigung des § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG kann somit nur einmal in Anspruch genommen werden.

BFG 02.05.2024, RV/7102737/2023

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) erwarb infolge des Todes ihres Großvaters Eigentum an einer Liegenschaftshälfte. Die andere Liegenschaftshälfte befand sich – infolge des Todes ihrer vorverstorbenen Großmutter - bereits im Eigentum der Bf. Für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes auf die Übertragung der zweiten Liegenschaftshälfte berücksichtigte das Finanzamt (FA) den Vorerwerb aus der Verlassenschaft nach der Großmutter. Beide Liegenschaftshälften haben einen Wert von 357.758,97 €. Nach Ansicht des FA ist Begünstigung für die ersten 250.000 € (0,5 %) durch den Vorerwerb komplett aufgebraucht. Die Begünstigung für die nächsten 150.000 € (2 %) ist durch den Vorerwerb bis zu einem Betrag von 107.758,97 € verbraucht. Der nicht aufgebrauchte Betrag von 42.241,03 € wurde mit 2 %, der Restbetrag von 315.517,94 € mit 3,5 % versteuert.

Gegen den Bescheid des FA erhob die Bf Beschwerde. Darin führte sie aus, dass eine Berücksichtigung des Vorerwerbs nicht gerechtfertigt sei, weil der Erwerb nicht von derselben Person an dieselbe Person erfolgte. Die erste Liegenschaftshälfte erhielt sie von der verstorbenen Großmutter und die zweite Liegenschaftshälfte vom verstorbenen Großvater. Der Erwerb zwischen denselben Personen ist nach Ansicht der Bf aber Voraussetzung des § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG, damit eine Zusammenrechnung erfolgen kann. Gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung erhob die Bf einen Vorlageantrag.

Entscheidung des BFG

Gem § 7 Abs 1 Z 1 lit b GrEStG gilt ein Erwerb als unentgeltlich, wenn er durch Erbanfall, durch Vermächtnis, durch Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Leistung an Erfüllung Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, oder gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG erfolgt. Die Ermittlung der GrESt erfolgt bei unentgeltlichen Erwerben unter Anwendung der in § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG genannten Prozentsätze auf den Grundstückswert. Erfolgen mehrere Erwerbsvorgänge nacheinander, sieht § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG für Erwerbe von derselben Person an den Erwerber eine vertikale und für Erwerbe einer wirtschaftlichen Einheit oder Teile einer wirtschaftlichen Einheit durch zwei oder mehrere Erwerbsvorgänge durch den Erwerber eine horizontale Zusammenrechnung vor. Eine Zusammenrechnung erfolgt anhand der Erläuterungen zum StRefG 2015/2016, mit dem Art 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG eingeführt wurde, ua auch zwischen Erwerben zu Lebzeiten und dem Erwerb von Todes wegen. Eine Zusammenrechnung soll den Erläuterungen zufolge auch dann erfolgen, wenn eine Person von zwei oder mehreren Personen zum selben Zeitpunkt oder sukzessive eine wirtschaftliche Einheit erwirbt. Als Beispiel wird in den Erläuterungen folgendes Beispiel angeführt:

Vater und Mutter schenken das ihnen je zur Hälfte gehörende Einfamilienhaus an ihr Kind, Grundstückswert 300 000 Euro. Die Grunderwerbsteuer berechnet sich wie folgt:

Durch die in diesem Fall vorzunehmende Zusammenrechnung unterliegt der gesamte Betrag von 300 000 Euro dem Stufentarif: 0,5% von 250 000 Euro = 1 250 Euro + 2% von 50 000 Euro =1 000 Euro Summe = 2 250 Euro.

Diese Ansicht wird auch vom BMF (mit Verweis auf BMF Info vom 13.5.2016, BMF-010206/0058-VI/5/2016) sowie von der Literatur (mit Verweis auf Fellner, Kommentar zum GrEStG11, §7, Tz 13) bestätigt. Die Berücksichtigung des Vorerwerbs durch das FA erfolgte somit zurecht. Da es zur Tarifbestimmung des § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG bisher jedoch noch keine Rechtsprechung des VwGH gibt, ließ das BFG die Revision zu.

Conclusio

Die Entscheidung des BFG überzeugt. § 7 Abs 1 Z 2 lit a Satz 5 GrEStG sieht eine Zusammenrechnung für den Fall vor, dass mehrere Teile einer wirtschaftlichen Einheit innerhalb von fünf Jahren an dieselbe Person übertragen werden. Genau ein solcher Fall ist im vorliegenden Sachverhalt eingetreten. Die Bf erhielt durch zwei Erwerbsvorgänge jeweils eine Liegenschaftshälfte, also die Hälfte einer wirtschaftlichen Einheit. Diese Ansicht findet sich – wie vom BFG festgehalten – sowohl in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErläutRV 684 25. GP 38) als auch in der Literatur (N. Arnold in Arnold/Bodis [Hrsg], Kommentar zum GrEStG 1987 [17. Lfg 2020] § 7 Rz 39; Pinetz/Plansky in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG [2017] § 7 Rz 21 ff; Frenkenberger/Romstorfer, BFG: Berechnung der GrESt bei einem Zusammentreffen von vertikalen und horizontalen Zusammenrechnungen, ecolex 2023, 442 [442 f]). Darüber hinaus vertritt auch das BMF dieselbe Ansicht (BMF vom 13.5.2016, BMF-010206/0058-VI/5/2016).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35697 vom 26.07.2024