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Abstract
Das IFRS Interpretation Committee (IFRS IC) beantwortet Anwendungsfragen zu IFRS Standards. Im letzten Meeting wurde eine vorläufige Agenda Entscheidung und eine finale Agenda Entscheidung getroffen.
Darüber hinaus wurde eine sonstige Angelegenheit diskutiert. Das nächste Meeting findet im Februar 2022 statt.
Einleitung
In seinem Meeting am 30. November - 1. Dezember 2021 beschloss das IFRS IC
- | eine vorläufige Agenda Entscheidung (Tentative Agenda Decision) |
- | eine finale Agenda Entscheidung, die zuvor im Juni 2021 vorläufig veröffentlicht wurde und im Dezember 2021 vom IASB final bestätigt wurde, |
- | und diskutierte eine sonstige Angelegenheit. |
Tentative Agenda Decision
Principal versus Agent: Software Resellers (IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers)
Zur Diskussion gestellt wurde, ob ein Software-Wiederverkäufer ein Prinzipal oder Agent ist. Der konkrete Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Der Wiederverkäufer
- | hat das Recht Softwarelizenzen des Herstellers an den Kunden zu verkaufen, |
- | ist verpflichtet jeden Kunden vor dem Verkauf zu beraten, wobei der Beratungsbedarf von den Bedürfnissen des Kunden abhängt und |
- | hat Ermessensspielraum bei der Preisgestaltung für den Verkauf der Softwarelizenzen. |
Bestellte Softwarelizenzen werden vom Hersteller dem Kunden zur Verfügung gestellt. Diese Parteien schließen einen Vertrag ab, in dem das Recht des Kunden zur Nutzung der Software, Gewährleistung und Laufzeit festgelegt werden. Wenn der Wiederverkäufer den Kunden falsch berät ( falsche Art oder Anzahl von Softwarelizenzen) und der Kunde die bestellten Lizenzen daher nicht annimmt, kann der Wiederverkäufer die nicht abgenommenen Lizenzen nicht an den Softwarehersteller zurückgeben oder an einen anderen Kunden verkaufen.
Das IFRS IC weist in ihrer Analyse zunächst darauf hin, dass im vorliegenden Fall die Beurteilung, ob der Wiederverkäufer als Prinzipal oder Agent agiert anhand den Bestimmungen des IFRS 15.B34-B38 zu erfolgen hat. Zentral für die Beurteilung ist demnach
a) | die Identifikation der spezifischen zu liefernden Güter oder Dienstleistungen (IFRS 15.B34A.a), sowie, ob |
b) | ein Unternehmen die Verfügungsgewalt über diese Güter oder Dienstleistungen besitzt, bevor sie auf den Kunden übertragen werden (IFRS 15.B34A.b) iVm IFRS 15.33). |
In Bezug auf die Identifikation der spezifischen zu liefernden Güter oder Dienstleistungen stellt das IFRS IC fest, dass einzig die Softwarelizenzen die spezifischen zu liefernden Güter darstellen. Die Beratungsleistung hingegen stellt kein implizites Leistungsversprechen dar, weil diese bereits erbracht wird, bevor ein Vertrag mit einem Kunden über die Bestellung von Softwarelizenzen geschlossen wird. Der Wiederverkäufer hat folglich nur in Bezug auf die Softwarelizenzen zu prüfen, ob er als Prinzipal oder Agent handelt.
Dafür ist zu untersuchen, ob er Verfügungsgewalt über diese erlangt bevor sie an den Kunden übertragen werden. Für diese Beurteilung ist ein Verständnis der Vertragsbeziehung zwischen den drei Parteien (Hersteller – Wiederverkäufer – Kunde) essentiell. Wenn auf Basis des allgemeinen Prinzips der Verfügungsmacht (IFRS 15.33) keine eindeutige Feststellung möglich ist, sind die ergänzenden Indikatoren nach IFRS 15.B37 in die Analyse miteinzubeziehen.
Das IFRS IC kam für den vorliegenden Fall vorläufig zum Schluss, dass einige Indikatoren für eine Prinzipalstellung, andere aber für eine Agentenstellung des Wiederverkäufers sprechen und die Beurteilung letztlich im Ermessen des Wiederverkäufers unter Einschätzung, welchen Indikatoren mehr Relevanz beigemessen wird, vorzunehmen ist. Die getroffene Entscheidung, die damit verbundene Bilanzierungsmethode sowie Art der Leistungsverpflichtung und Zeitpunkt der Umsatzrealisierung sind im Anhang darzulegen (IAS 1, IFRS 15.119, 15.123).
Das IFRS IC konkludiert vorläufig, dass die Bestimmungen des IFRS 15.34 ff für die Abgrenzung, ob der Wiederverkäufer als Prinzipal oder Agent agiert, geeignet sind um in Kenntnis der spezifischen Gegebenheiten eine Beurteilung vornehmen zu können.
Final Agenda Decision
Economic Benefits from Use of a Windfarm (IFRS 16 Leases)
Das IFRS IC finalisierte die vorläufige Agendaentscheidung (Tentative Agenda Decision) vom Juni 2021, die die Frage behandelte, ob ein Stromhändler in Anwendung von IFRS 16.B9(a) das Recht hat, während der gesamten Laufzeit eines Vertrags mit einem Windparkbetreiber im Wesentlichen den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwendung eines Windparks zu erhalten.
Der konkrete Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
a) | Stromhändler und Windparkbetreiber sind registrierte Teilnehmer eines Strommarktes (zentrales Stromnetz), auf dem Kunden und Lieferanten keine direkten Verträge über den Kauf und Verkauf von Strom miteinander abschließen können. Stattdessen erfolgt der Kauf und Verkauf von Strom ausschließlich über das Stromnetz. Der Marktpreis wird vom Marktbetreiber festgelegt. Der Stromhändler kauft daher Strom vom Stromnetz. | ||||
b) | Stromhändler und Windparkbetreiber vereinbaren
|
Nach IFRS 16.9. liegt ein Leasingverhältnis vor, wenn ein Vertrag dazu berechtigt, die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts gegen Zahlung eines Entgelts für einen bestimmten Zeitraum zu kontrollieren. Dafür muss ein Kunde berechtigt sein während des gesamten Verwendungszeitraums im Wesentlichen den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwendung des identifizierten Vermögenswerts zu ziehen und über die Nutzung desselbigen zu entscheiden (IFRS 16.B9).
IFRS 16.B21 konkretisiert, dass ein Kunde auf vielfältige Weise, direkt sowie indirekt, wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwendung eines Vermögenswerts ziehen kann, bspw indem er diesen selbst nutzt, besitzt oder untervermietet. Zum wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwendung eines Vermögenswerts zählen dessen Produktionsergebnis und Nebenprodukte (inkl der damit erzielten Cashflows) sowie anderer wirtschaftlicher Nutzen, der bei einem Geschäft mit einem Dritten aus der Verwendung des Vermögenswerts gezogen werden könnte.
Das IFRS IC stellte fest, dass im vorliegenden Fall der wirtschaftliche Nutzen aus der Verwendung des Windparks den produzierten Strom (Primäroutput) und die Grünstromzertifikate (Nebenprodukt) umfasst. Der Vertrag zwischen Stromhändler und Windparkbetreiber verpflichtet den Stromhändler zu einer Ausgleichszahlung zwischen dem Fix- und dem Marktpreis pro Megawatt Strom, der vom Windpark eingespeist wird. Damit hat der Stromhändler jedoch weder das Recht noch die Pflicht, eine bestimmte Strommenge, die vom Windpark an das Netz geliefert wird, zu beziehen. Die Tatsache, dass der Windparkbetreiber das Recht hat Grünstromzertifikate, die einen Teil des wirtschaftlichen Nutzens aus der Verwendung des Windparks darstellen, zu erhalten, führt nicht dazu, dass der Stromhändler im Wesentlichen den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus der Nutzung des Windparks erhält.
Das IFRS IC kam somit folgerichtig zum Schluss, dass der Vertrag zwischen Stromhändler und dem Windparkbesitzer kein Leasingverhältnis begründet.
Die finale Agendaentscheidung verweist in diesem Zusammenhang auch auf zwei frühere Agendaentscheidungen (IFRS 9 vom August 2005 und IFRS 9 und IAS 39 vom März 2019), deren Ausführungen für die Beurteilung derartiger Transaktionen dienlich sind.
Sonstige Angelegenheit
Negative Low Emission Vehicle Credits (IAS 37 Provisions, Contingent Liabilities and Contingent Assets)
Das IFRS IC diskutierte eine Anfrage, nach der Unternehmen aufgrund von staatlichen Maßnahmen zur Emissionsreduktion für Fahrzeuge positive bzw. negative „Emissions-Credits“ erhalten, wenn sie Fahrzeuge produzieren oder importieren, die festgelegte Emissionsgrenzwerte unter- bzw. überschreiten. Fraglich ist, ob die Zuschreibung von negativen „Emissions-Credits“, die vom Unternehmen wieder ausgeglichen werden müssen, eine Schuld nach IAS 37 darstellt. Das IFRS IC setzte das Thema vorläufig nicht auf die Standard-Setting Agenda und wird voraussichtlich in der nächsten Sitzung eine vorläufige Agendaentscheidung dazu veröffentlichen.