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Im Strafurteil ausgesprochener Verfall – unmittelbare Exequierbarkeit?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

EO: § 1, § 7, § 74

GEG: § 1

StGB: § 20

Nach dem – mit der ZVN 2022 eingefügten – § 1 Abs 2 GEG sind rechtskräftige und vollstreckbare Entscheidungen von Gerichten und Verwaltungsbehörden, mit denen die Höhe von Beträgen nach § 1 Abs 1 GEG und die Zahlungspflicht für diese bestimmt werden, bereits selbst Exekutionstitel iSd EO (vgl auch § 1 Z 8 EO). Nach den Gesetzesmaterialien sollte damit die Möglichkeit geschaffen werden, aufgrund solcher Titel unmittelbar Exekution zu führen, also ohne vorherige Erlassung eines Zahlungsauftrags im Justizverwaltungsweg (vgl ErläutRV 1291 BlgNR 27. GP 30 f).

Von entscheidender Bedeutung für die Frage, ob der im Strafurteil gegen den Verpflichteten ausgesprochene Verfall unmittelbar aufgrund dieses Urteils exequiert werden kann oder erst aufgrund eines Zahlungsauftrags des Kostenbeamten des Strafgerichts, ist daher, ob das Strafurteil die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 GEG erfüllt – also neben der Festlegung der Höhe des Betrags (hier zweifellos zu bejahen) auch die Bestimmung der Zahlungspflicht.

Die Voraussetzung einer Zahlungspflicht korrespondiert mit der stRsp zu § 7 Abs 1 EO, wonach ein Exekutionstitel nur dann vorliegt, wenn er einen Leistungsbefehl oder eine Leistungsverpflichtung enthält, der Verpflichtete also nach dem Inhalt des Titels zu einer Leistung verpflichtet ist. Die bloße Feststellung einer Verbindlichkeit der verpflichteten Partei reicht zur Exekutionsführung hingegen nicht aus. Die Verpflichtung zu einer bestimmten Leistung muss nicht mit einem bestimmten Wortlaut erfolgen, sondern es genügt, dass sich aus dem Titel klar ergibt, zu welcher nach Art, Umfang und Zeit bestimmten Leistung sich der Schuldner (etwa in einem Notariatsakt) verpflichtet hat.

Formuliert das Strafgericht das Verfallserkenntnis derart, dass der Angeklagte zur Zahlung eines ziffernmäßig bestimmten Geldbetrags verurteilt wird, kann kein Zweifel am Vorliegen eines Leistungsbefehls bestehen, der die Exequierbarkeit des Titels begründet. Als nicht ausreichend hat sich im Anlassfall jedoch erwiesen, dass im Strafurteil ohne Anführung der vom Verfall betroffenen Person lediglich ausgesprochen wurde, dass „ein Geldbetrag in der Höhe von … für verfallen erklärt wird“.

OGH 28. 10. 2024, 3 Ob 178/24h

Entscheidung

Ob dies auch dann gilt, wenn das Strafgericht bloß ausspricht, dass „bei NN ein Geldbetrag in Höhe von … für verfallen erklärt wird“ (vgl Fuchs/Tipold in Fuchs/Ratz, WK-StPO § 443 StPO Rz 18), muss hier nicht beantwortet werden, weil im Anlassfall im Strafurteil ohne Anführung der vom Verfall betroffenen Person lediglich ausgesprochen wurde, dass „ein Geldbetrag in der Höhe von … für verfallen erklärt wird“. Der Betreibenden (Republik Österreich) ist zwar dahin zuzustimmen, dass sich der Verfall materiell-rechtlich zwingend nur auf den Verpflichteten als (einzigen) Angeklagten des Strafverfahrens beziehen konnte und ein schuldrechtlicher Anspruch des Bundes gegen diesen begründet wurde (Fuchs/Tipold in Fuchs/Ratz, WK-StPO § 443 StPO Rz 21/3); davon ist aber die Frage zu trennen, ob das Strafurteil auch einen Leistungsbefehl beinhaltet und folglich unmittelbar exequierbar ist.

Es trifft zwar zu, dass das Vorliegen eines Exekutionstitels nicht unter allen Umständen einen Leistungsbefehl voraussetzt (vgl etwa § 1 Z 13 EO betr Rückstandsausweise und § 1 Z 7 EO betr Auszüge aus dem Anmeldungsverzeichnis im Insolvenzverfahren). Für einen vom Strafgericht ausgesprochenen Verfall liegt allerdings gerade kein solcher Ausnahmetatbestand vor; im Gegenteil ergibt sich aus § 1 Abs 2 GEG zweifelsfrei, dass ein Exekutionstitel nur dann vorliegt, wenn das Strafurteil (auch) eine Zahlungspflicht, also einen Leistungsbefehl enthält.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36190 vom 12.12.2024