News

Immobilienmakler: Verletzung nachwirkender Vertragspflichten

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

MaklerG: § 3, § 6

Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für eine Mäßigung der Provision wegen geringerer Verdienstlichkeit gem § 3 Abs 4 MaklerG nicht vor:

Der höchstgerichtlichen Rsp zur nachträglichen Minderung einer bereits bezahlten Provision lagen jeweils Pflichtverletzungen zugrunde, die der Makler bereits im Zuge der Erbringung seiner Vermittlungsleistung gesetzt hatte und die den Auftraggebern erst nachträglich bekannt wurden (5 Ob 125/19x, RdW 2020/157 – falsche Auskunft über Sanierung des Objekts; 1 Ob 75/18p, RdW 2018/528 – falsche Auskunft über die Heizkosten; 6 Ob 135/16w, Rechtsnews 22921 – falsche Auskunft über das Alter des Hauses; ebenso 2 Ob 176/10m, RdW 2011/736). Erst durch die spätere Aufdeckung von Mängeln des vermittelten Objekts wurde in diesen Fällen erkennbar, dass die Tätigkeit des Maklers zwar zum Abschluss des Geschäfts geführt hatte, aber nicht bloß unerheblich fehlerbehaftet und damit nicht im vollen Ausmaß verdienstlich war.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich davon, weil der bekl Immobilienmaklergesellschaft hier nicht Verletzungen von Aufklärungs- oder anderen Interessenwahrungspflichten im Zuge Vermittlungstätigkeit vorgeworfen werden, sondern die Verletzung nachwirkender Vertragspflichten (§ 7 ImmobilienmaklerVO). Ein zeitlicher oder inhaltlicher Zusammenhang dieser Verstöße mit der provisionspflichtigen Vermittlungstätigkeit der Bekl ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Qualität und Erfolg ihrer adäquat kausalen Bemühungen für den Geschäftsabschluss (Verdienstlichkeit) wurden als solche nicht rückwirkend dadurch gemindert, dass sie später bei der Durchsetzung ihrer Provisionsforderung unlautere Mittel eingesetzt hat. Die festgestellten Verstöße der Bekl gegen ihre nachwirkende Interessenwahrungspflicht wurden erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz im Verfahren über die Provisionspflicht gesetzt. An den Entscheidungsgrundlagen dieses Vorverfahrens hat sich durch die hier gegenständlichen Vorwürfe nichts geändert. Der Anspruch auf Ersatz eines allfälligen Schadens durch die festgestellte Verletzung nachwirkender Vertragspflichten war nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

OGH 25. 5. 2022, 8 Ob 82/21y

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32934 vom 18.08.2022