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Die bekl Anbieterin von Internetdienstleistungen im Glasfasernetzwerk warb im Oktober 2019 mit dem Blickfang „Gratis bis Jahresende*“, und zwar laut Fußnote durch “Rabattierung der mtl. Grundgebühr auf € 0 bis 31. 12. 2019 gültig für Neukunden bei Bestellung bis 28. 10. 2019 bei 24 Monate MVD [...]“. Damit erweckte die Bekl bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, dass es sich um eine besonders günstige Gelegenheit für einen Vertragsabschluss handle, dh die beworbene Aktion bessere Konditionen biete als frühere oder spätere Vertragsabschlüsse.
Der Kl (ein klagebefugter Verein nach § 29 KSchG und § 14 Abs 1 UWG) wirft der Bekl va vor, dass Neukunden schon vor dem Aktionszeitraum für die ersten drei Monate nur eine reduzierte monatliche Grundgebühr gezahlt hätten und die Bekl seit November 2019, also gleich nach Ende der hier strittigen Aktion ihren Neukunden sogar das gesamte Grundentgelt für volle drei Monate erlasse, was zu einer noch größeren Ersparnis führe. Eine Unzulässigkeit der Werbeaktion nach UWG Anh Z 7 wird im Rekursverfahren nicht mehr thematisiert. Zu prüfen ist das Vorliegen einer sonst irreführenden Geschäftspraktik nach § 2 Abs 1 UWG, die nach den Klagsbehauptungen nicht (nur) in einer künstlichen Verkürzung der Entscheidungsfrist für den Kunden liegt (zeitliche Befristung des „Sonderangebots“, die tatsächlich jedoch nicht gegeben ist). Außerdem setze die Bekl ihre aktuelle Preisgestaltung in Relation zu einem tatsächlich nie verrechneten Phantasiepreismodell.
Nach der aktuellen Rsp ist betr Irreführung iSd § 2 Abs 1 UWG nicht auch noch zu prüfen, ob die berufliche Sorgfalt eingehalten wurde. Es kommt daher nicht darauf an, „ob der Bekl bei Anwendung gehöriger Sorgfalt die Weitergewährung vergleichbarer Rabatte nach Aktionsende im Zeitpunkt der Lancierung der Kampagne vorhersehbar war“ (so das BerufungsG). Daraus ist aber nicht zu schließen, dass in der direkten Gewährung von weiteren (gleichen oder unterschiedlichen) Aktionen, nach dem Ende eines angegebenen Aktionszeitraums keine unlautere Geschäftspraktik liegen könne. Vielmehr ist jede Bewerbung eines befristeten Sonderangebots irreführend, wenn – mit oder ohne Verschulden des Werbenden – dieselben oder sogar noch günstigere Konditionen ohne jede Unterbrechung auch danach noch immer gewährt werden.
Entscheidung
Zum Vorwurf des Kl, die Bekl setze ihre aktuelle Preisgestaltung in Relation zu einem tatsächlich nie verrechneten Phantasiepreismodell, erinnert der OGH an die Rsp zur irreführenden Preisgegenüberstellung mit Mondpreisen: Wer Preise zunächst so festsetzt, dass ihm die generelle Gewährung und werbewirksame Ankündigung von Preisnachlässen möglich ist, verstößt nach stRsp gegen § 2 UWG („beworbener Mondpreis“: RS0078515, RS0078599; vgl auch RS0063744, RS0064073). Nicht von Relevanz ist dabei, ob der Werbende die angebliche Preisreduktion durch sein „Sonderangebot“ dabei als absoluten Eurobetrag, als prozentuellen Rabatt (zB 4 Ob 335/87) oder – wie hier – als Gratisbezugszeitraum bei einem Dauerschuldverhältnis umschreibt. In allen diesen Fällen wird eine konkret bezifferte oder zumindest bezifferbare Ersparnis in Aussicht gestellt, indem der Werbende einen Vergleich nicht mit realen, also früher regelmäßig verlangten Preisen anstellt, sondern mit überhöhten fiktiven Kalkulationsgrößen.
Im fortgesetzten Verfahren wird das ErstG daher Feststellungen zu den Tarifmodellen zu treffen haben, die die Bekl vor und nach dem Angebotszeitraum tatsächlich verwendete hat.