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Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 - BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 - KaWeRÄG 2017)

BGBl I 2017/56, ausgegeben am 24. 4. 2017

Zur unverändert übernommenen RV 1522 BlgNR 25. GP siehe LN Rechtsnews 23210 vom 2. 3. 2017.

In der RV wurden die Ministerialentwürfe 230/ME und 248/ME zusammengefasst.

Hauptgesichtspunkte und In-Kraft-Treten

Hauptgesichtspunkte des KaWeRÄG 2017 sind va:

-Umsetzung der RL 2014/104/EU betr Schadenersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (Neufassung des 5. Abschnitts im II. Hauptstück des KartG 2005 = §§ 37a ff KartG 2005)
-Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen, ua iZm der Fusionskontrolle bei Unternehmen der digitalen Wirtschaft und bei Hausdurchsuchungen;
-Anpassungen va betr Transparenz, Gebühren, Sachverständige und Kronzeugenregelung.

Da die RL 2014/104/EU bis 27. 12. 2016 umzusetzen war, treten die Änderungen diesbezüglich rückwirkend in Kraft, im Übrigen ua mit 1. 5. 2017 bzw 1. 11. 2017.

1. Schadenersatzklagen bei Wettbewerbsverletzungen

Die RL 2014/104/EU [über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union] („RL Schadenersatz“) war bis 27. 12. 2016 umzusetzen. Sie kodifiziert die Grundsätze der bisherigen EuGH-Judikatur zum Recht auf vollständigen Schadenersatz, führt einen Anspruch auf Offenlegung von Beweismitteln ein, sieht eine Bindungswirkung wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen für Schadenersatzprozesse vor, harmonisiert die Verjährung von Schadenersatzansprüchen sowie die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer an der Zuwiderhandlung Beteiligter und enthält Beweislastregeln für die Schadensabwälzung, eine Vermutung des Schadenseintritts bei Kartellen sowie Bestimmungen über alternative Streitbeilegungsverfahren.

In Umsetzung der RL wird nun der 5. Abschnitt im II. Hauptstück des KartG 2005 gänzlich neu gefasst. Er enthält materiellrechtliche und prozessuale Sonderbestimmungen zum Ersatz eines Schadens, der aus einer Wettbewerbsrechtsverletzung resultiert.

Bei den Begriffsbestimmungen kommt dem Begriff der Wettbewerbsrechtsverletzung (§ 37b Z 1 KartG) eine entscheidende Bedeutung zu, weil er die Reichweite des Anwendungsbereichs dieses Abschnitts absteckt.

Eine Wettbewerbsrechtsverletzung ist nach dem neuen § 37b Z 1 KartG eine Zuwiderhandlung

-gegen das Kartellverbot (§ 1 KartG 2005), das Missbrauchsverbot (§ 5 KartG 2005) und das Verbot gegen Vergeltungsmaßnahmen (§ 6 KartG 2005) sowie
-gegen Art 101 oder 102 AEUV, oder
-gegen solche Bestimmungen des nationalen Rechts eines EU- oder EWR-Mitgliedstaats, mit denen überwiegend das gleiche Ziel verfolgt wird wie mit Art 101 und 102 AEUV und die nach Art 3 Abs 1 der VO (EG) 1/2003 auf denselben Fall und parallel zum Wettbewerbsrecht der Union angewandt werden,
-mit Ausnahme nationaler Rechtsvorschriften, mit denen natürlichen Personen strafrechtliche Sanktionen auferlegt werden, sofern diese nicht als Mittel dienen, um die für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln durchzusetzen.

Auf die Begriffsbestimmungen (§ 37b KartG) folgen

-zunächst die materiellrechtlichen Bestimmungen (§§ 37c bis 37h KartG: Haftung; Gegenstand des Ersatzes; Mehrheit von Ersatzpflichtigen; Beweislast bei Schadensüberwälzung; Wirkung einer einvernehmlichen Streitbeilegung; Verjährung),
-dann die verfahrensrechtlichen Regelungen (§§ 37i bis 37m KartG: Wirkung eines Verfahrens vor einer Wettbewerbsbehörde; Offenlegung von Beweismitteln; Offenlegung und Verwendung von aktenkundigen Beweismitteln; Unterstützung durch Kartellgericht, Bundeskartellanwalt und Bundeswettbewerbsbehörde; Ordnungsstrafen).

Die Sonderbestimmungen verdrängen die Bestimmungen des ABGB und der ZPO nur soweit, als sie Unterschiedliches anordnen. Ansonsten bleiben die Bestimmungen des ABGB und der ZPO weiterhin anwendbar.

Die §§ 37a bis 37m KartG treten mit 27. 12. 2016 in Kraft und sind auf den Ersatz von Schäden anzuwenden, die nach dem 26. 12. 2016 entstanden sind. § 37h KartG (Verjährung) ist auf Ansprüche anzuwenden, die am 26. 12. 2016 noch nicht verjährt sind, sofern nicht die Anwendung des bis dahin geltenden Rechts für den Geschädigten günstiger ist.

Die Verfahrensrechtlichen Regelung der §§ 37j bis 37m KartG sind auf Verfahren anzuwenden, in denen der verfahrenseinleitende Schriftsatz nach dem 26. 12. 2016 eingebracht wird. Ordnungstrafen nach § 37m KartG dürfen jedoch nur für ein Verhalten verhängt werden, das nach dem 30. 4. 2017 gesetzt wurde.

Im WettbG werden in Umsetzung der RL 2014/104/EU va Regelungen in § 13a WettbG (Offenlegung von Beweismitteln der Bundeswettbewerbsbehörde in Schadenersatzverfahren) und § 13b WettbG (Kooperation der Bundeswettbewerbsbehörde in Schadenersatzverfahren) eingefügt. Diese Regelungen gelten nach den ErläutRV nicht für bereits anhängige Verfahren, sondern nur für Schadenersatz-Verfahren, die erst nach dem Inkrafttreten dieser Novelle eingebracht werden.

2. Reaktion auf aktuelle Herausforderungen

2.1. Verjährung

Die Verjährungsregel in § 33 KartG wird an europarechtliche Vorbilder angepasst, um zu verhindern, dass Verstöße während laufender Ermittlungshandlungen verjähren.

Nunmehr tritt die Unterbrechung der Verjährung bereits mit jeder Ermittlungshandlung ein, die einem der Beteiligten bekannt gegeben wird. Als Beispiel nennen die ErläutRV die Zustellung eines Hausdurchsuchungsbefehls zuerst an einen beteiligten Unternehmer und erst später an andere Unternehmer - Unterbrechung der Verjähung mit dem Tag der ersten Zustellung auch gegenüber Unternehmern, auf die sich die Ermittlungen (noch) nicht beziehen. Dies entspricht zwar nicht der Rechtslage bei gerichtlich strafbaren Handlungen (§ 58 Abs 3 Z 2 StGB), ist nach den ErläutRV aber bei Wettbewerbsverstößen, die Mittäterschaft geradezu voraussetzen, gerechtfertigt. Da die Verjährungsfrist für den (zunächst) unentdeckt gebliebenen Kartellanten ohnedies mit 10 Jahren nach Beendigung der Rechtsverletzung begrenzt ist, sehen die ErläutRV auch keine unzumutbare Beschränkung des Rechtsschutzes.

Außerdem wird die Dauer eines Zwischenverfahrens („Verfahren vor einem Gericht“, nach den ErläutRV also vor dem BVwG, VwGH, VfGH, Kartellgericht, KOG) nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet, um zu verhindern, dass aufwändige Rechtsmittelverfahren mit dem alleinigen Ziel geführt werden, die Verjährung herbeizuführen.

Diese Bestimmung tritt mit 1. 5. 2017 in Kraft; eine Übergangsregelung ist nach den Erläuterungen nicht erforderlich:

-Alle Rechtsverletzungen, die am 30. 4. 2012 beendet waren und für die noch keine Verfolgungshandlung gesetzt wurde, sind mit 1. 5. 2017 bereits verjährt.
-Wird bei einer Rechtsverletzung, die am 30. 4. 2012 noch nicht beendet war, am 1. 5. 2017 eine Verfolgungshandlung gesetzt und dem Unternehmen bekannt gegeben, dann bewirkt diese Bekanntgabe nach dem neuen Regime bereits eine Unterbrechung, sodass die Frist neu zu laufen beginnt, jedenfalls aber nach 10 Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung endet.

2.2. Hausdurchsuchen - digitale Daten

Bei Hausdurchsuchungen der BWB kommt es immer häufiger vor, dass die Dokumente nicht vor Ort gespeichert sind, sondern auf externen Laufwerken („in der Cloud“). In der E VwGH 22. 4. 2015, Ra 2014/04/0046, LN Rechtsnews 19520 vom 19. 5. 2015, wurde bereits klargestellt, dass sich die Befugnis der BWB auch auf die Durchsuchung elektronisch gespeicherter Unterlagen erstreckt, solange sie in den vom Hausdurchsuchungsbefehl erfassten Räumlichkeiten eingesehen werden können. Dieser Rsp trägt nun eine Überarbeitung des § 11a WettbG Rechnung (Auskunftsverlangen und Unterlagenvorlage).

Überdies soll die Durchsetzung der Pflicht zur Ermöglichung des Zugangs zu den Dokumenten auch durch Zwangsgelder gesichert werden, die vom Kartellgericht verhängt werden können (§ 35 KartG), weil die Wettbewerbsbehörde - anders als bei vor Ort gespeicherten Unterlagen - auf externen Servern gespeicherte Dokumente nicht durch Beschlagnahme sichern kann. Durch die unveränderte Formulierung „Zwangsgelder bis zu einem Höchstbetrag von 5 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten durchschnittlichen Tagesumsatzes für jeden Tag des Verzugs von dem in seiner Entscheidung bestimmten Zeitpunkt an“ in § 35 KartG, ist sichergestellt, dass ein Verzug in verfahrensrechtlicher Hinsicht frühestens mit dem Tag nach Zustellung der Entscheidung des Kartellgerichts eintreten kann. Die ErläutRV stellen dazu weiters klar, dass in inhaltlicher Hinsicht ein „Verzug“ nicht vorliegt, solange für das gewünschte Verhalten noch Vorbereitungshandlungen erforderlich sind; schon aus verfahrensrechtlichen Gründen bestehe daher einige Zeit, um den Zugang zu den elektronischen Beweismitteln zu ermöglichen.

Die Neuregelung tritt mit 1. 5. 2017 in Kraft und kann bei Hausdurchsuchungen zur Anwendung kommen, die nach dem Inkrafttreten stattfinden.

2.3. Fusionen in der digitalen Wirtschaft

Im Lichte der Herausforderungen der digitalen Wirtschaft werden die Fusionskontrollbestimmungen mit 1. 11. 2017 adaptiert und auch große Unternehmenstransaktionen einbezogen, wo jedoch der Umsatz keine so große Rolle spielt. Der Wert digitaler Unternehmen liegt nämlich überwiegend nicht mehr im Umsatz, sondern vielmehr in Daten, an denen va große Unternehmen interessiert sind. Zusammenschlüsse, bei denen Unternehmen nur geringe Umsätze erzielen, aber zu einem hohen Preis gekauft werden, sollen daher von der Zusammenschlusskontrolle erfasst sein.

Diesem Ziel dient nun

-die Halbierung des Inlandsumsatzschwellenwerts gem § 9 Abs 1 Z 2 KartG auf 15 Millionen Euro im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss und
-die Aufnahme des Transaktionswerts eines Unternehmens als zusätzlicher Tatbestand (mehr als 200 Millionen Euro; § 9 Abs 1 Z 3 KartG).

Hinsichtlich des Transaktionswerts wurde legistisch der Begriff der „Gegenleistung“ gewählt: Die Gegenleistung umfasst nach den ErläutRV alle Vermögensgegenstände und sonstigen geldwerten Leistungen (wie zB Asset Deals), die der Veräußerer vom Erwerber iZm dem Zusammenschluss erhält (Kaufpreis), zuzüglich des Wertes etwaiger vom Erwerber übernommener Verbindlichkeiten.

Außerdem wird in § 9 Abs 1 Z 4 KartG als weiteres Kriterium die erhebliche Inlandstätigkeit verankert („und das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist“). Eine erhebliche Inlandstätigkeit ist nach den ErläutRV zB dann anzunehmen, wenn sich ein Standort des zu erwerbenden Unternehmens im Inland befindet. Ansonsten hängen die Faktoren für die Inlandstätigkeit zB von den anerkannten Maßzahlen der jeweiligen Branche ab, das sind im digitalen Bereich etwa die Nutzerzahlen („Monthly Active User“) oder die Zugriffshäufigkeit einer Website („unique visits“). Die Tätigkeiten eines Unternehmens sind dabei dem Ort zuzurechnen, an dem sich der Kunde befindet, weil auch im digitalen Bereich der Wettbewerb um den Kunden am Ort des Kunden stattfindet.

2.4. Lieferketten in der Nahversorgung

Das „BG zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen“ (NahVersG) hat das Problem von Ungleichgewichten in der Lieferkette schon früh erkannt (1977), indem auch die relative Marktmacht aufgegriffen wurde. Zahlreiche Analysen auf europäischer Ebene zeigen aber iZm dem Ungleichgewicht von Verhandlungspartnern in der Lieferkette weiteren Handlungsbedarf.

Insbesondere KMU sind häufig mit einem stärkeren Geschäftspartner konfrontiert und oft gezwungen, Konditionen zu akzeptieren, die einem leistungsgerechten Wettbewerb hinderlich sind. Können KMU diesen Forderungen nicht standhalten, werden oft aus Konsequenz ganze Produktgruppen oder einzelne Produkte aus dem Sortiment genommen oder die KMU scheiden ganz aus dem Markt aus. Dies bedeutet auf ihrer Marktseite eine höhere Konzentration, die langfristig für den Wettbewerb schädlich ist.

Dass die Vollziehung des NahVersG oft schwierig ist, rechnen die ErläutRV dem beschriebenen Angstfaktor des wirtschaftlich unterlegenen Geschäftspartners zu, aber auch mangelnden Klarstellungen. In Österreich gab es insb Beschwerden iZm der Verpflichtung zu besonderen Ausstattungen (zB im Bereich des KfZ-Handels), von Rücknahmeverpflichtungen und Haftungsübernahmen in anderen Branchen und im Bereich der Zulieferung in der Wertschöpfungskette. Im Rahmen der Bestimmungen über das kaufmännische Wohlverhalten soll daher nun durch eine Ergänzung in § 1 Abs 2 NahVersG klargestellt werden, dass diese Praktiken ebenso untersagt werden können, soweit sie geeignet sind, den leistungsgerechten Wettbewerb zu gefährden („Solche Verhaltensweisen sind insb das Anbieten oder Fordern [...] von Geld oder sonstiger Leistungen, auch von Rabatten, Sonderkonditionen, besonderen Ausstattungen, Rücknahmeverpflichtungen oder Haftungsübernahmen, zwischen Lieferanten und Wiederverkäufern, die sachlich nicht gerechtfertigt sind, va, wenn zusätzlichen Leistungen keine entsprechenden Gegenleistungen gegenüberstehen.“).

2.5. Pressegrosso-System

Das in Österreich herrschende Pressegrosso-System basiert auf einem vertraglichen System der Preisbindung durch die Verlage sowie einem Gebietsschutz für die Pressegrossisten. Diese Ausnahmen vom Kartellverbot wurden vom Kartellgericht als zulässig anerkannt (vgl OLG Wien als KG 20. 3. 2013, 26 Kt 17/07, 26 Kt 18/07, 26 Kt 27/07, 26 Kt 28/07) und wird nun als bewährtes System, das insb die Ubiquität von Pressetiteln garantiert, gesetzlich verankert (§ 2 Abs 2 KartG).

Die Freistellung vom Kartellverbot unterliegt allerdings einer Einschränkung: Sie kommt nur dann zur Anwendung, soweit sie „für den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungs- und Zeitschriftensortimenten im stationären Einzelhandel erforderlich“ ist.

Die ErläutRV weisen in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Ausnahmen des nationalen Gesetzgebers nur eine Freistellung innerhalb des österreichischen Kartellrechts bewirken können; soweit Vereinbarungen zwischen Presseverlagen und Pressegrossisten das Zwischenstaatlichkeitskriterium erfüllen, bleibt es bei der Anwendung des EU-Kartellrechts, insb der Art 101 ff AEUV.

3. Diverse Verbesserungen betr Transparenz, Effizienz ua

Dem Ziel fairer Spielregeln, erhöhter Effizienz, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz sollen va folgende Maßnahmen dienen:

-Zur Erhöhung der Transparenz kann die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) jederzeit unter Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und unter Berücksichtigung des Interesses der Öffentlichkeit an sachlicher Information über Verfahren von öffentlicher Bedeutung über ihre Tätigkeit informieren (§ 2 Abs 4 WettbG).
-Ausdehnung der Veröffentlichungspflicht des § 37 KartG auf abweisende Entscheidungen und Entscheidungen im Provisorialverfahren.
-Klarstellung in § 38 KartG, dass im Settlement-Verfahren eine verkürzte (begründungslose) Entscheidungsausfertigung nicht zulässig ist.
-Zur besseren Transparenz werden die Bestimmungen über die Anwendung der Kronzeugenregelung in einem eigenen Paragraphen zusammengefasst (§ 11b WettbG). Dort werden auch die Anpassungen in Umsetzung der RL 2014/104/EU vorgenommen und die Möglichkeit der Einführung eines internetbasierten Hinweisgebersystems vorgesehen.
Um erfolglose Schadenersatzklagen gegen Kronzeugen iSd RL Schadenersatz von anderen Geschädigten als unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten zu verhindern, soll nach Abschluss des Verfahrens der Name des Unternehmens mit Kronzeugenstatus veröffentlicht werden. Dies dient der Transparenz und stellt klar, dass die BWB endgültig von einem Antrag auf Verhängung einer Geldbuße absieht.

Anmerkung: Grundsätzlich haften Unternehmen, die durch gemeinschaftliches Handeln gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben, gesamtschuldnerisch für den dadurch verursachten Schaden. Ein Kronzeuge iSd RL 2014/104/EU haftet gegenüber anderen Geschädigten als seinen unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten nur dann, wenn von den anderen Unternehmen, die an derselben Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beteiligt waren, kein oder kein vollständiger Schadenersatz erlangt werden kann (Art 11 Abs 4 lit b RL 2014/104/EU). Die Veröffentlichung des Unternehmens mit Kronzeugenstatus dient daher dazu, erfolglose Schadenersatzklagen gegen sie von anderen Geschädigten als unmittelbaren oder mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten zu verhindern.

-Den mehrfach geäußerten Bedenken, dass kartellgerichtliche Entscheidungen häufig durch Sachverständigen-Gutachten geprägt sind, die kaum überprüft werden können, versucht das KaWeRÄG 2017 durch zwei Maßnahmen zu begegnen:
  • Einerseits werden die Sachverständigen in Kartellangelegenheiten (§ 73 KartG) in die allgemeine Sachverständigenliste übertragen, damit auch für sie die Mechanismen der Qualitätssicherung nach dem Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG) Anwendung finden.
  • Andererseits erhält das Kartellobergericht die Möglichkeit, bestimmte qualifizierte Feststellungsmängel im Rekursweg zu überprüfen (§ 49 KartG).
-Aufgrund von Anregungen aus der Vollzugspraxis werden weiters Modifikationen betr den Kostenersatz der unterlegenen Partei (§ 41 KartG) und die Gerichtsgebühren etwa bei Hausdurchsuchungen oder Unterbrechung bzw Ruhen des Verfahrens (§§ 50, 54 und 57 KartG) vorgesehen.
Auch soll die Pauschalgebühr für Zusammenschlussanmeldungen von 1.500 € auf 3.500 € erhöht werden (§ 10a WettbG); die bisherige Gebühr wurde seit Gründung der BWB nicht angepasst und entspricht nicht dem tatsächlichen Aufwand, der bei der Prüfung einer Zusammenschlussanmeldung anfällt.
-Bei den Übergangsbestimmungen des KaWeRÄG 2012 werden Unklarheiten betr die Ausnahme von Hardcore-Kartellen aus der Bagatellkartell-Regelung beseitigt werden (§ 86 Abs 4 KartG).
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23469 vom 25.04.2017