Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der RdW erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
Der vorliegende Fall betrifft die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch zwei Gesellschaften (Beteiligung 49,9 % und 50,1 %) zum Zweck der Herstellung und des Vertriebs von Schutzmasken zur Bekämpfung der damals gerade ausgebrochenen Covid-19-Pandemie. Wegen Zuwiderhandlung gegen das Durchführungsverbot (Geldbuße bis zu 10 % des Gesamtumsatzes im vorausgegangenen Geschäftsjahr – § 29 Z 1 lit a KartG 2005 [hier idF vor dem KaWeRÄG 2021, nunmehr § 29 Abs 1 Z 1 lit a KartG 2005]) verhängte das ErstG gegenüber einer beiden Gesellschaften eine Geldbuße von 5.000 €, die vom OGH ua aus folgenden Gründen auf 100.000 € angehoben wurde:
Die Zuwiderhandlung war an sich von (sehr) geringfügigem Schweregrad (Verstoß gegen das Verbot der Durchführung des „untersagungsfernen“ Zusammenschlusses für nur sehr kurze Zeit). Auf der anderen Seite ist der Antragsgegnerin ein schweres Verschulden anzulasten. Zusätzlich ist das Vorliegen von Milderungsgründen zu berücksichtigen, nämlich dass die Antragsgegnerin ihr Verhalten aus eigenem Antrieb beendet hat (§ 30 Abs 3 Z 2 KartG 2005) und wesentlich zur Aufklärung der Rechtsverletzung beigetragen hat (§ 30 Abs 3 Z 3 KartG 2005).
Die vom ErstG verhängte Geldbuße erreicht nicht einmal ein Zehntel Promille des maßgeblichen Gesamtumsatzes und stellt eine Geldbuße in nur symbolischer Höhe dar. Voraussetzungen für die Verhängung einer solchen Geldbuße in nur symbolischer Höhe wären etwa eine unklare Rechtslage infolge Neuartigkeit des Falls oder bloß fahrlässiges Verhalten. Davon kann aber im vorliegenden Fall (insbesondere eines vorsätzlichen Zuwiderhandelns) nicht ausgegangen werden. Der Präventionszweck der Geldbuße verlangt auch bei einer im unteren Bereich des möglichen Strafrahmens anzusiedelnden Geldbuße, dass diese für das zuwiderhandelnde Unternehmen spürbar ist und hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass die Unterlassung von Zusammenschlussanmeldungen in Österreich kein „Kavaliersdelikt“ ist.
Entgegen der Beurteilung des ErstG kommt den pandemiebedingten Umständen in der vorliegenden Konstellation keine wesentliche Bedeutung bei der Bemessung der Geldbuße zu. Es mag zutreffen, dass das gegründete Gemeinschaftsunternehmen durch die Produktion und den Vertrieb von Schutzmasken einen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung während der Pandemie leistete. Dies erklärt aber nicht, dass und warum es der Antragsgegnerin nicht möglich gewesen wäre, diesen (oder zumindest einen gleichartigen) Beitrag durch frühzeitige Anmeldung des geplanten Zusammenschlusses (und damit ohne Verstoß gegen das Durchführungsverbot) zu leisten.
OGH als KOG 16. 10. 2024, 16 Ok 4/24k
Entscheidung
Entgegen der Rechtsansicht der Antragsgegnerin kann die Höhe der Geldbuße keinesfalls gleichsam mechanisch aus der Geldbuße abgeleitet werden, die gegen einen Mitbewerber im Zuge eines abgeschlossenen Settlement-Verfahrens festgesetzt wurde (RS0130389): In jenem Verfahren hatte die Bundeswettbewerbsbehörde gem § 36 Abs 2 KartG eine Geldbuße in bestimmter Höhe beantragt, über die das Kartellgericht nicht hinausgehen konnte. Dieser Entscheidung kommt daher von vornherein nur geringe Aussagekraft zu. Überdies unterlag diese Geldbuße keiner Überprüfung durch den OGH (vgl 16 Ok 2/15b ErwGr 6.6.1., RdW 2015/673). Letzteres trifft auch auf die weiteren Verfahren vor dem Kartellgericht zu, die in der Rekursbeantwortung genannt wurden.