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Kein Antragsrecht auf vollumfängliche KESt-Rückerstattung für ausländischen, transparenten Investmentfonds

Bearbeiter: Yasmin Lawson

BAO: § 240 Abs 3

InvFG: § 42

Abstract

Der Bf ist ein in Frankreich ansässiger Investmentfonds, der nach französischem Recht transparent behandelt wird. In den Jahren 2008 und 2009 empfing der Bf Dividenden aus Kleinstbeteiligungen an österreichischen Gesellschaften, für die 25 % KESt einbehalten wurde. Der Bf beantragte daraufhin die Rückerstattung der KESt, einerseits auf Grundlage der DBA-Begünstigung (10 % KESt), andererseits sah sie ein Antragsrecht für die Erstattung der verbleibenden 15 % aufgrund der Kapitalverkehrsfreiheit.

BFG 15. 5. 2023, RV/7101207/2016

Sachverhalt

Der Bf ist ein in Frankreich ansässiger Alternativer Investmentfonds, der in Frankreich transparent behandelt wird und daher nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegt. Die Fondsanteile am Bf werden zu 99,99 % von einer französischen Pensionskasse gehalten, die übrigen 0,01 % hält eine Verwaltungsgesellschaft.

Der Bf empfing in den Jahren 2008 und 2009 Dividenden aus Kleinstbeteiligungen an österreichischen Gesellschaften, für die 25 % KESt einbehalten wurde. Der Bf beantragte daraufhin einerseits die Rückerstattung von 10 % KESt nach dem DBA-Frankreich (Quellensteuersatz nach Art 10 Abs 2 lit a: 15 %) und andererseits die Rückerstattung der verbleibenden 15 % KESt auf Basis einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 240 Abs 3 BAO. Nach Ansicht des Bf verstoße es gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, wenn ihm keine Antragslegitimation hinsichtlich des Rückerstattungsantrags zukäme.

Die Rückerstattung aufgrund des DBA-Frankreich wurde dem Bf zuerkannt. Hinsichtlich der verbleibenden 15 % KESt verneinte das Finanzamt jedoch die Antragslegitimation des Bf und wies den Antrag zurück. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde des Bf.

Entscheidung des BFG

Vor dem BFG war daher fraglich, ob ein in der EU ansässiger Investmentfonds berechtigt ist, einen Antrag auf Rückerstattung bezüglich der gesamten KESt zu stellen.

Das BFG hielt zunächst fest, dass der Investmentfonds gem Punkt 5 des Protokolls zu Art 10 und 11 DBA-Frankreich dazu berechtigt ist, den Antrag auf KESt-Rückerstattung nach Art 10 DBA-Frankreich (Herabsetzung auf den 15 %-igen Quellensteuersatz) für jene Anteilinhaber, die im Sitzstaat des Investmentfonds ansässig sind, zu stellen. Dieses Antragsrecht ist jedoch auf die Geltendmachung von DBA-Ansprüchen nach Art 10 und Art 11 beschränkt. Eine Antragslegitimation hinsichtlich der verbleibenden KESt kann daher aus diesem Protokoll nicht abgeleitet werden.

Einkünfte aus der Tätigkeit des Investmentfonds sind nach den Regeln der steuerlichen Zurechnung unmittelbar den Anteilseignern zuzurechnen. Daher sind die beiden Anteilseigner des Investmentfonds die Empfänger der Kapitalerträge und Schuldner der davon einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer. Der Investmentfonds selbst kann dementsprechend gar nicht doppelt KESt-belastet sein, da er selbst weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuersubjekt ist. Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit liegt daher nach Ansicht des BFG nicht vor.

Ob die erstattete KESt vom Investmentfonds reinvestiert oder als erstattete Steuer den Anteilsinhabern vergütet wird, ist für die Antragslegimitation nicht von Belang. Auch § 240 Abs 3 BAO ist keine taugliche Rechtsgrundlage, da der KESt-Einbehalt nicht zu Unrecht erfolgte und ein Antragsrecht nur dem Abgabenschuldner – in diesem Fall daher den Anteilsinhabern – eingeräumt wird. Die Beschwerde wurde daher zurückgewiesen.

Die Revision wurde nicht zugelassen und soweit ersichtlich auch nicht erhoben.

Conclusio

Nachdem sich die österreichischen Gerichte in den vergangenen Jahren mehrfach mit der KESt-Rückerstattung an ausländische Investmentfonds-Körperschaften gem § 21 Abs 1 Z 1a KStG zu befassen hatten (siehe für einen umfassenden Überblick Bendlinger, Lexis Nexis Rechtsnews 32738), war im vorliegenden Fall die KESt-Rückerstattung an einen transparenten Investmentfonds strittig. Das Gericht folgte der Klassifikation Frankreichs und behandelte die Anteilseigner, nicht den Fonds selbst als Zurechnungssubjekt der Einkünfte. Das BFG sprach aus, dass sich die Antragsberechtigung in diesem Fall nach den allgemeinen Grundsätzen der Einkünftezurechnung richtet und daher ausschließlich den Anteilseignern des transparenten Investmentfonds zukommen kann. Daran ändert auch ein besonderes Antragsrecht aus dem Protokoll zum DBA nichts: Dieses kann nur innerhalb der Grenzen des DBA wirksam sein und sich auf Begünstigungsansprüche aus dem DBA beziehen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34508 vom 19.09.2023