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Kein Kassenstaatsprinzip in Art 18 DBA Österreich-Slowenien

Bearbeiter: Kristof Misic

DBA Österreich-Slowenien: Art 18

Abstract

Der VwGH hatte im Rahmen einer außerordentlichen Amtsrevision über das Besteuerungsrecht an Einkünften aus einer slowenischen Sozialversicherungspension zu entscheiden, deren Bezieher in Österreich ansässig ist. Unter Heranziehung des Art 18 DBA Österreich-Slowenien erkannte der Gerichtshof, dass derartige Ruhegenüsse im Ansässigkeitsstaat zu besteuern sind und hob daher das bekämpfte Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit auf.

VwGH 16. 6. 2021, Ra 2020/15/0034-6

Sachverhalt

Die mitbeteiligte Partei ist ein deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz (und damit unbeschränkter Steuerpflicht) in Österreich. Der Mitbeteiligte bezog im Verfahrensjahr 2018 neben einer deutschen staatlichen Altersrente, einer deutschen Betriebsrente und einer österreichischen Sozialversicherungspension auch eine slowenische staatliche Pension iHv EUR 175,75, die das Finanzamt im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung als nichtselbständige Einkünfte der Besteuerung in Österreich unterziehen wollte. Die mitbeteiligte Partei bestritt im Vorlageantrag, mit diesen Einkünften in Österreich steuerpflichtig zu sein. Das BFG gab der Beschwerde teilweise Folge und qualifizierte die slowenischen Pensionseinkünfte unter Berufung auf Art 18 DBA Österreich-Slowenien (DBA Ö-SLO) als steuerfreie, progressionswirksame Pensionseinkünfte aus dem Ausland. Gegen dieses BFG-Erkenntnis erhob das Finanzamt außerordentliche Amtsrevision.

Entscheidung des VwGH

Die mitbeteiligte Partei ist als natürliche Person gem § 1 Abs 2 EStG iVm § 26 Abs 1 BAO aufgrund des Wohnsitzes in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, daher ist der Besteuerung prinzipiell das Welteinkommen zu Grunde zu legen. Gleichzeitig ist bezogen auf die slowenischen Pensionseinkünfte der persönliche (Art 1 iVm Art 4 Abs 1 DBA Ö-SLO) und sachliche (Art 2 Abs 1 DBA Ö-SLO) Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich-Slowenien erfüllt. Österreich ist der Ansässigkeitsstaat, Slowenien der Quellenstaat. Art 18 DBA Ö-SLO lautet: „Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 2 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.“ Dieser Artikel entspricht dem OECD-Musterabkommen (OECD-MA) und ist auf Sozialversicherungspensionen – wie im vorliegenden Fall – anwendbar, sofern die Zahlungen tatsächlich durch ein früheres Arbeitsverhältnis veranlasst sind (vgl Ismer, in Vogel/Lehner, DBA6 Art 18 Rz 29a). Entgegen der Auffassung des BFG erkennt der VwGH, dass dem Ansässigkeitsstaat (Österreich) das ausschließliche Besteuerungsrecht an der slowenischen staatlichen Pension zugeteilt wird. Eine Kassenstaatsklausel, welche das Besteuerungsrecht an Ruhegenüssen aus der gesetzlichen Sozialversicherung eines Vertragsstaates ebendiesem „Kassenstaat“ zuteilt, bestehe etwa im DBA Österreich-Deutschland (vgl Art 18 Abs 2 DBA Ö-D), nicht aber im DBA Österreich-Slowenien. Insofern ist die Behauptung des BFG unzutreffend, dass „[d]ie Rechtslage zur Besteuerung der slowenischen Rentenbezüge des Bf [...] mit jener für die Besteuerung der staatlichen Alterspension aus Deutschland vergleichbar [ist].“ Das angefochtene Erkenntnis war daher mit Rechtswidrigkeit belastet und wurde durch den VwGH gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufgehoben.

Conclusio

Das vorliegende Erkenntnis verdeutlicht die Notwendigkeit, bei der Lösung DBA-rechtlicher Fragen stets das einschlägige Abkommen heranzuziehen und sich weder auf den Inhalt des OECD-MA noch anderer Abkommen zu verlassen. Ruhebezüge, die unter Art 18 OECD-MA fallen, sind im Ansässigkeitsstaat des Empfängers zu besteuern. Anderes gilt bloß, wenn im einschlägigen DBA zwischen den Vertragsstaaten ein vom OECD-MA abweichender Text vereinbart wurde. Ein Beispiel dafür ist das Kassenstaatsprinzip in Art 18 Abs 2 DBA Ö-D, welches Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung gesondert regelt und das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften dem „Kassenstaat“ zuweist. Im konkreten Fall fehlt eine derartige Regelung, daher darf Österreich die Bezüge aus der slowenischen Sozialversicherungspension besteuern.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31406 vom 03.09.2021