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(Lebens-)Versicherung: Rücktritt und Rückkauf – BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz mit dem das Versicherungsvertragsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert werden

BGBl I 2018/51, ausgegeben am 14. 8. 2018

Einheitliches Rücktrittsrecht – § 5c VersVG

Durch Neufassung des § 5c VersVG wird ein einheitliches Rücktrittsrecht geschaffen, das die bisherigen Regelungen des § 165a und § 5b Abs 2 bis 6 VersVG ebenso ersetzt wie die Rücktrittsrechte betr Versicherungsverträge nach §§ 3 und 3a KSchG. Versicherer müssen Versicherungsnehmer damit nur noch über das Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG belehren (und im Falle des Vertragsabschlusses im Fernabsatz: nach § 8 FernFinG).

Ausgenommen vom Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG sind Versicherungsverträge über Großrisiken gem § 5 Z 34 VAG 2016 (§ 5c KSchG Abs 7 VersVG).

Das neue Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG ist ebenso wie jenes nach § 3 KSchG von keinen weiteren Voraussetzungen abhängig. Der Versicherungsnehmer kann gem § 5c Abs 1 VersVG „vom Versicherungsvertrag“ innerhalb von 14 Tagen, bei Lebensversicherungen innerhalb von 30 Tagen, ohne Angabe von Gründen zurücktreten. Dies schließt wie bislang auch einen Rücktritt vom Antrag bzw einer Vertragserklärung ein, sodass der Versicherungsnehmer auch bis zum Zustandekommen des Vertrags zurücktreten kann.

Die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts beginnt gem § 5c Abs 2 VersVG mit dem Tag, an dem der Versicherungsvertrag zustande gekommen ist und der Versicherungsnehmer darüber informiert worden ist, jedoch nicht bevor der Versicherungsnehmer folgende Informationen erhalten hat:

1.den Versicherungsschein (§ 3 VersVG),
2.die Versicherungsbedingungen,
3.die Bestimmungen über die Festsetzung der Prämie, soweit diese nicht im Antrag bestimmt ist, und über vorgesehene Änderungen der Prämie sowie
4.eine Belehrung über das Rücktrittsrecht.

Diese Belehrung über das Rücktrittsrecht muss gem § 5c Abs 3 VersVG enthalten:

1.Informationen über die Rücktrittsfrist und deren Beginn,
2.die Anschrift des Adressaten der Rücktrittserklärung,
3.einen Hinweis auf die Regelungen der § 5 Abs 4 bis 6 VersVG.

Die Rücktrittsbelehrung genügt jedenfalls diesen Anforderungen, wenn das Muster gem Anlage A verwendet wird. Die Erläuterungen zum IA weisen darauf hin, dass es den Versicherern unbenommen bleibt, dem Versicherungsnehmer über den Mindestinhalt hinaus zusätzliche Erläuterungen zu geben (insb zum Versicherungsprodukt, zum Versicherer und zu allfälligen Gruppenunternehmen des Versicherers, Werbematerialien), ohne dass allein dadurch die Rechtssicherheit entfällt. Jedenfalls muss die Rücktrittsbelehrung aber in gut lesbarer Schrift in unmittelbarer Nähe vor der Unterschrift des Verbrauchers abgedruckt werden (IA 302/A BlgNR 26. GP, S. 5).

Der Rücktritt ist „in geschriebener Form“ gegenüber dem Versicherer bzw dem Versicherungsvertreter zu erklären (§ 5c Abs 4 iVm § 45 Abs 1 Z 2 VersVG idF BGBl I 2018/16). Die Vereinbarung einer strengeren Form soll nicht möglich sein, weshalb iZm der Vereinbarung elektronischerKommunikation in § 5a und § 15a VersVG ausdrücklich klargestellt wird, dass die Vereinbarung der Schriftform für Rücktrittserklärungen nach § 5c VersVG unzulässig ist. Die Rücktrittsfrist ist gewahrt, wenn die Rücktrittserklärung innerhalb der Frist abgesendet wird (§ 5c Abs 4 VersVG).

Spätestens einen Monat nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich einer Belehrung über das Rücktrittsrecht erlischt das Rücktrittsrecht (§ 5c Abs 5 VersVG).

Hat der Versicherer vorläufige Deckung gewährt, so gebührt ihm die Prämie, die der Dauer der Deckung entspricht (§ 5c Abs 6 VersVG). In der Nichtlebensversicherung und in der Risikolebensversicherung ist daher die vereinbarte Prämie für eine vorläufige Deckung zeitanteilig abzugrenzen. Für die kapitalbildende Lebensversicherung werden die Rechtsfolgen in § 176 Abs 1a VersVG neu geregelt.

Rücktritt von einer kapitalbildenden Lebensversicherung

Im Hinblick auf die Rsp, wonach dem Versicherungsnehmer bei einer fehlerhaften Belehrung über die Dauer der Rücktrittsfrist ein unbefristetes Rücktrittsrecht zusteht (vgl OGH 2. 9. 2015, 7 Ob 107/15h, Rechtsnews 20368), werden in § 176 Abs 1a VersVG die Rechtsfolgen des Rücktritts (Spätrücktritts) von einer kapitalbildenden Lebensversicherung neu geregelt: Sind nicht alle Voraussetzungen für den Beginn der Rücktrittsfrist gem § 5c Abs 2 VersVG erfüllt, so gebührt dem Versicherungsnehmer bei einem Rücktritt von einer Kapitalversicherung

-innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss die für das erste Jahr gezahlten Prämien;
-ab dem 2. bis zum Ablauf des 5. Jahres nach Vertragsabschluss der Rückkaufswert (s.u.) ohne Berücksichtigung der tariflichen Abschlusskosten und des Abzugs gemäß § 176 Abs 4 VersVG. Trägt der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko, so kann der Versicherer allfällige bis zum Rücktritt eingetretene Veranlagungsverluste berücksichtigen.

Bei einem Rücktritt nach Ablauf von fünf Jahren ab Vertragsabschluss erhält der Versicherungsnehmer den Rückkaufswert gemäß § 176 Abs 1 VersVG (Zeitwert der Versicherung berechnet nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik auf Grund der Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation für den Schluß der laufenden Versicherungsperiode; vgl § 176 Abs 3 VersVG).

Zur Vereinbarkeit der Neuregelung mit dem Unionsrecht weisen die ErläutIA ua darauf hin, dass davon allfällige Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf Ersatz von Schäden unberührt bleiben, die ihm durch Unterbleiben der Rücktrittsbelehrung entstanden sind (etwa weil der Versicherungsnehmer bei ordnungsgemäßer Belehrung zurückgetreten wäre und einen anderen, günstigeren Vertrag abgeschlossen hätte).

Kapitalbildende Lebensversicherung – Rückkaufswert

Wird eine kapitalbildende Lebensversicherung innerhalb des ersten Jahres beendet, so dürfen bei der Berechnung des Rückkaufswerts die rechnungsmäßig einmaligen Abschlusskosten nicht berücksichtigt werden (§ 176 Abs 5 VersVG). Der Vermittler hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Provision samt Nebengebühren (§ 176 Abs 6 VersVG).

Wird eine kapitalbildende Lebensversicherung nach dem ersten Jahr und vor Ablauf von fünf Jahren oder einer vereinbarten kürzeren Laufzeit beendet, so dürfen bei der Berechnung des Rückkaufswerts die rechnungsmäßig einmaligen Abschlusskosten höchstens mit jenem Anteil berücksichtigt werden, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit und dem Zeitraum von fünf Jahren oder der vereinbarten kürzeren Laufzeit entspricht. Ebenso sind diese Kosten bei der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung für die Berechnung der Grundlage der prämienfreien Versicherungsleistung nur anteilsmäßig zu berücksichtigen (§ 176 Abs 5 VersVG) und auch der Vermittler hat in diesen Fällen Anspruch nur auf den aliquoten Teil der Provision samt Nebengebühren (§ 176 Abs 6 VersVG).

Inkrafttreten

Die Neuregelungen treten überwiegend mit 1. 1. 2019 in Kraft.

§ 5c, § 176 Abs 1a und Anlage A VersVG sind auf Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2018 geschlossen werden. Für einen Rücktritt von einer Kapitalversicherung nach den §§ 5b, 5c und 165a VersVG idF vor BGBl I 2018/51, der ab dem 1. 1. 2019 erklärt wird, gelten die Rechtsfolgen gem § 176 Abs 1a VersVG.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25859 vom 16.08.2018