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Lebensversicherung – Rücktrittsrecht

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

RL 2009/138/EG : Art 185, Art 186

Dann, wenn der Versicherer ein vom Interessenten an einem ihrer Produkte auszufüllendes und bei ihr einzureichendes Antragsformular verwendet, ist es dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer schon nach allgemeinen Grundsätzen verständlich ist, dass sein Antrag eine Annahme erfordert und dass damit der Vertrag zustande kommt. Dies ergibt sich auch schon allgemein verständlich aus dem Begriff „Antrag“. Ein Antrag kann nicht ohne Annahmeerklärung des Vertragspartners ein Vertrag sein. Für diesen Fall ist der für den Versicherungsnehmer von seinem Empfängerhorizont wahrnehmbare Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jener des Zugangs der Polizze. Damit ist für den durchschnittlichen, redlichen und vernünftigen Versicherungsnehmer der Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags und damit der Beginn der Rücktrittsfrist mit Zugang der Annahme seines Anbots durch den Versicherer klar. Der Zugang der Polizze als wirksame Annahme des Versicherungsantrags ist daher gleichzeitig die Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags. Mit dieser Verständigung vom Zustandekommen ergibt sich somit auch der Beginn der Rücktrittsfrist.

Die Belehrung dahin, dass das Rücktrittsrecht binnen 30 Tagen ab Zustandekommen des Vertrags – statt ab Verständigung vom Zustandekommen – besteht, ist daher unschädlich, weil auch dem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer klar ist, dass die Zustellung der Polizze gleichzeitig die Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags ist.

OGH 19. 2. 2020, 7 Ob 6/20p

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28881 vom 09.04.2020