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Lebensversicherung: Spätrücktritt – unterschiedliche Rechtsbelehrungen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1295

VersVG aF: § 165a

Im vorliegenden Fall konnte die Belehrung im Versicherungsantrag vom 15. 5. 2007 nicht als solche nach § 165a Abs 1 Satz 1 VersVG (aF) gelten (ua Bezeichnung des Rücktrittsrechts als „Widerspruchserklärung“ und Abhängigkeit des Beginns der dafür vorgesehenen Frist vom „Erhalt des Versicherungsscheins, der Verbraucherinformation und der Polizzenbedingungen“).

Im Begleitschreiben zur Polizze vom 31. 5. 2007 war der Hinweis enthalten, dass die Kl vom Versicherungsvertrag “innerhalb von 30 Tagen nach Zugang dieses Schreibens zurücktreten“ könne. Diese Belehrung entsprach § 165a Abs 1 Satz 1 VersVG (aF), wenn man unterstellt, dass ein verständiger Versicherungsnehmer den Zugang dieses Schreibens samt Polizze als Hinweis auf die „Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags“ auffassen musste.

Der Zusammenhang zwischen erster und zweiter Belehrung blieb jedoch unklar: In der ersten Rechtsbelehrung (im Antrag) hatte die Bekl darauf verwiesen, dass die Kl auf die ihr zustehende Widerspruchserklärung „bei Überlassung (der) Versicherungsunterlagen nochmals ausdrücklich hingewiesen (werde)“. Ein verständiger Versicherungsnehmer durfte daher annehmen, dass sich die zweite Rechtsbelehrung – wie angekündigt – auf die erste Belehrung bezog; da diese den Lauf der Frist an den „Erhalt des Versicherungsscheins, der Verbraucherinformation und der Polizzenbedingungen“ knüpfte und die Kl die Verbraucherinformation und die Polizzenbedingungen nicht erhalten hatte, konnte der Eindruck entstehen, dass die Frist nicht zu laufen begonnen hat.

Infolge des unklaren und vom Versicherer nicht aufgeklärten Zusammenhangs der beiden Belehrungen war der Beginn der Rücktrittsfrist somit zweifelhaft, was zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht der Kl führte.

OGH 17. 12. 2020, 7 Ob 200/20t

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30661 vom 29.03.2021