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GrEStG: § 7 Abs 1 Z 2 lit a
Abstract
Das BFG entschied über die Anwendbarkeit einer GrESt-Begünstigung auf Erwerbsvorgänge zwischen ehemaligen Lebensgefährten. Der Stufentarif und die GrESt-Berechnung vom Grundstückswert sind anwendbar, wenn ein früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz der Lebensgefährten zumindest im zeitlichen Nahebereich der Liegenschaftsübertragung gegeben ist.
BFG 31. 1. 2020, RV/2101230/2018
Leitsatz
Eine Rechtsauslegung, wonach ehemalige Lebensgefährten stets die Begünstigung des Stufentarifs und der GrESt-Berechnung vom Grundstückswert erhalten sollen, sofern sie nur jemals einen gemeinsamen Hauptwohnsitz gehabt haben, ist laut BFG gesetzlich nicht gedeckt. Eine solche extensive Auslegung würde zu einer Begünstigung von Lebensgemeinschaften gegenüber Ehen und Partnerschaften führen, die als systemwidrig einzustufen ist.
Sachverhalt und Rechtsfrage
Die Bf und Herr X erwarben mittels Kaufvertrags im April 2004 je zur Hälfte eine Liegenschaft mit einem Haus, das zwischen September 2006 und Jänner 2010 den gemeinsamen Hauptwohnsitz begründete. Zwischen den Vertragsparteien bestand eine Lebensgemeinschaft, die im Jänner 2011 aufgelöst wurde. Nach Auflösung der Lebensgemeinschaft blieb die Liegenschaft aber weiterhin im Miteigentum der beiden ehemaligen Lebensgefährten. Die Kosten wurden geteilt. Im Juni 2013 heiratete die Bf Herrn Y. Im April 2018 erfolgte die Übertragung der Liegenschaftshälfte von Herrn X an die Bf, weil es bis zu diesem Zeitpunkt jedem der beiden Miteigentümer finanziell nicht möglich war, die Kosten allein zu tragen.
Strittig war, ob es sich bei der Übertragung der Liegenschaft um einen Erwerb unter Lebenden zwischen Lebensgefährten handelt, womit die Abgabe nicht von der Gegenleistung, sondern vom Grundstückswert zu berechnen ist und der Stufentarif nach § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG zur Anwendung zu gelangen hat.
Erwägungen des BFG
Gem § 7 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG gilt ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs 1 Z 1 GGG angeführten Personenkreis als unentgeltlich. Der Personenkreis dieser begünstigen Erwerbsvorgänge umfasst die Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder iZm der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers. Nach den Erläuterungen (ErlRV 1984 BlgNR 24. GP 7) muss ein früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz zumindest im zeitlichen Nahebereich der Liegenschaftsübertragung gegeben sein. Dies werde immer dann zu bejahen sein, wenn zwischen der Aufhebung der Lebensgemeinschaft und der Liegenschaftsübertragung noch ein klar erkennbarer Zusammenhang bestehe, etwa die Liegenschaftsübertragung binnen Jahresfrist nach Aufhebung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes erfolge.
Das BFG stellt mit Verweis auf vorhergehende BFG-Rechtsprechung (vgl BFG 28. 5. 2018, RV/5101333/2017; BFG 20. 5. 2019, RV/5100942/2018; BFG 14. 5. 2019, RV/5101875/2017) darauf ab, ob zwischen der Auflösung der Lebensgemeinschaft und dem Liegenschaftserwerb ein Zusammenhang besteht. Ein Zusammenhang sei dann gegeben, wenn der Erwerbsvorgang eine unmittelbare Folge der Auflösung der Lebensgemeinschaft ist. Diesen lehnte das BFG aufgrund des beträchtlichen zeitlichen Abstands zwischen dem Erwerb und der Auflösung der Lebensgemeinschaft ab (sieben Jahre). Die Übertragung der Liegenschaftshälfte im Jahre 2018 sei nicht auf die Auflösung der Lebensgemeinschaft zurückzuführen, sondern durch eine Änderung der (finanziellen) Umstände bedingt.
Conclusio
Damit die GrESt-Begünstigung für Erwerbsvorgänge zwischen ehemaligen Lebensgefährten anwendbar ist, muss zwischen der Auflösung der Lebensgemeinschaft und dem Liegenschaftserwerb ein Zusammenhang bestehen. Ein beträchtlicher zeitlicher Abstand zwischen dem Erwerb und der Auflösung der Lebensgemeinschaft ist dabei schädlich.
Bearbeiter: Martin Klokar, Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht, WU Wien