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Makler: Provisionsanspruch bei Wurzelmängeln?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

MaklerG: § 6, § 7, § 15

Nach erfolgreicher Vermittlung des Liegenschaftsgeschäfts durch die Immobilienmaklergesellschaft, konnte der Kl als Käufer den Kaufpreis für die Liegenschaft nicht finanzieren, weshalb der Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktrat – aus damaliger Sicht des Kl berechtigt, weshalb er keinen Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erhob, mit dem er zur Zahlung von Maklerprovision an die Immobilienmaklergesellschaft verpflichtet wurde. In der vorliegenden Wiederaufnahmsklage stützt sich der Kl nun darauf, dass er einstweilen herausgefunden habe, dass das Haus nicht gemäß der Baubewilligung errichtet worden sei; bei Kenntnis dieses Sachverhalts hätte er selbst vom Kaufvertrag zurücktreten können bzw hätte er gegen den Zahlungsbefehl Einspruch erhoben. Entscheidungsrelevant ist hier somit die Frage, ob für den Entfall der Provisionspflicht gegenüber dem Makler auch eine „bloße Anfechtungslage“ zugunsten des Auftraggebers (in Bezug auf das vermittelte Geschäft, den „Hauptvertrag“) genügen kann. Ausgehend vom Erfolgsprinzip des MaklerG hat die Rsp bisher die bloße Anfechtungslage als nicht ausreichend angesehen: Ein Wurzelmangel des vermittelten Geschäfts (etwa ein vom anderen veranlasster Irrtum) berechtigt zwar zur Anfechtung, bis zur erfolgreichen Anfechtung bleibt der Vertrag jedoch aufrecht – und damit der Vermittlungserfolg des Maklers, dem somit die Provision ungeachtet des Wurzelmangels zusteht.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Sonderfall vor, weil bereits der Verkäufer vom Vertrag zurückgetreten ist: Selbst wenn ein rechtliches Interesse des Kl an einer Klagesführung gegen den Verkäufer zu bejahen wäre (zB betr einen Vertrauensschaden iZm den Vertragserrichtungskosten), stellte sich die Frage der Zumutbarkeit einer solchen Klagsführung, wenn der Vertrauensschaden der Höhe nach geringfügig ist und das wirtschaftliche Schwergewicht ohnehin nur in den Auswirkungen auf die Maklerprovision liegt. Der Kl wäre dann gehalten, zwei Prozesse gleichzeitig zu führen (gegen den Liegenschaftsverkäufer und gegen die Maklerin betr die Provision), wiewohl schon feststeht, dass der Erfolg des Geschäfts tatsächlich ausbleibt (die Liegenschaft nach Vertragsrücktritt bereits wieder verkauft wurde) und der Prozess gegen die Liegenschaftsverkäufer in Wahrheit nur den Zweck verfolgt, die Rechtsposition des Kl im Verhältnis zum Makler zu verbessern bzw zu wahren. In derartigen Konstellationen wird eine Klage gegen den Liegenschaftsverkäufer schwerlich zu verlangen sein.

Dem Kl kann im vorliegenden Fall auch nicht entgegengehalten werden, dass der Vertrag schon aufgrund des Rücktritts des Verkäufers infolge des Zahlungsverzugs des Kl nicht mehr aufrecht ist. Wurzelmängel und Leistungsstörungen stehen nicht auf einer Ebene und sind nicht „gleichwertig“; der Zahlungsverzug betrifft „bloß“ die Ausführung eines Vertrags.

Der erk Senat kommt damit zu folgendem Ergebnis: Wurde der Vertrag über das vermittelte Geschäft (ex tunc oder ex nunc) wegen einer Leistungsstörung aufgelöst (die wie hier in die Sphäre des Auftraggebers des Maklers fällt) und ist dem Auftraggeber des Maklers die (nachträgliche) Anfechtung des Vertrags nicht möglich oder zumutbar, entfällt der Provisionsanspruch des Maklers, wenn der Auftraggeber die Anfechtungslage und den Umstand nachweist, dass er den Vertrag – bei hypothetischem Wegfall der Leistungsstörung (und Aufrechtbleiben des Vertrags) – erfolgreich angefochten hätte.

OGH 25. 1. 2023, 6 Ob 194/22f

Entscheidung

Ausgehend von dieser rechtlichen Beurteilung erweist sich die geltend gemachte neue Tatsache (Errichtung des Gebäudes nicht entsprechend der Baubewilligung) nicht als unerheblich und die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage im Vorprüfungsverfahren gemäß § 538 ZPO als nicht rechtsrichtig. Dem ErstG wurde daher vom OGH die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Wiederaufnahmsklage aufgetragen.

Soweit sich der Kl im Hinblick auf die geltend gemachte neue Tatsache auf Gewährleistung stützt, merkt der OGH in seiner Begründung zuletzt an, dass diese als Leistungsstörung nicht geeignet wäre, die Lage zu seinen Gunsten zu verändern:

Der Anspruch auf Provision entfällt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs 2 MaklerG nur, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus Gründen nicht ausgeführt wird, die nicht vom Auftraggeber zu vertreten sind. Der Auftraggeber hat diesbezüglich nach stRsp nachzuweisen, dass die Ausführung des vermittelten Geschäfts ohne sein Verschulden unmöglich oder unzumutbar wurde (7 Ob 157/09b, RdW 2010/31; s auch RS0062829). Im vorliegenden Fall steht jedoch fest, dass die Durchführung des Vertrags jedenfalls (auch) aus einem Grund scheiterte, den der Auftraggeber zu verantworten hat, womit die Voraussetzungen des § 7 Abs 2 MaklerG nicht erfüllt sind (vgl auch Knittl/Holzapfel [Maklerrecht Österreich2 {2015} 100] zum Provisionsanspruch des Doppelmaklers gegenüber beiden Teilen bei Verschulden beider Vertragsteile an Leistungsstörungen).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33905 vom 12.04.2023