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Mietvertrag über eine Liegenschaft, auf der sich ein Superädifikat befindet, unterliegt nicht der Gebührenbefreiung für Mietverträge über Wohnraum

Bearbeiter: Yasmin Lawson

GebG: § 33 TP 5 Abs 4 Z 1

Abstract

Der Revisionswerber (Rw) schloss einen Mietvertrag über eine Liegenschaft ab, auf dem sich ein im Eigentum des Mieters stehendes Ferienwohnhaus als Superädifikat befand. Da Gegenstand des Mietvertrages aber nur das Grundstück, nicht auch das Superädifikat war, konnte die Befreiung des § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG nicht zur Anwendung kommen: Laut VwGH setzt diese nämlich die Vermietung eines Gebäudes oder einer Räumlichkeit in einem Gebäude, das zumindest auch eine Nächtigung ermöglicht, voraus. Die vertragsgegenständliche unbebaute Liegenschaft erfüllt diese Voraussetzung nicht.

VwGH 29. 6. 2022, Ro 2021/16/0005

Sachverhalt

Der Rw schloss einen Mietvertrag über ein Grundstück ab, auf dem sich ein im Eigentum des Mieters stehendes Ferienwohnhaus als Superädifikat befand. Zweck des Vertrages war die Nutzung „zu privaten Zwecken, und zwar zur Errichtung bzw. Belassung eines Superädifikates in Form eines Ferienhauses zur Nutzung als Zweitwohnung“. Die Vermieterin war der Ansicht, dass dieser Mietvertrag unter die Befreiung des § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG fallen müsste, da das Grundstück ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden dürfe. Während das Finanzamt dieser Ansicht nicht folgte und die Befreiungsbestimmung des § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG nicht anwendete, gab das BFG der Beschwerde statt. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die verfahrensgegenständliche Amtsrevision.

Entscheidung des VwGH

Über welchen Gegenstand der Vertrag geschlossen wird, ist ausschließlich anhand des Urkundeninhalts zu prüfen (VwGH 30. 6. 2016, Ro 2016/16/0011). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vertragstext eindeutig als Mietgegenstand ein unbebautes Grundstück; der Vertragszweck der „Errichtung bzw Belassung eines Superädifikates“ und auch der Bauzwang bewirken keine Änderungen des vereinbarten Mietgegenstandes. Der VwGH hatte sich daher mit der Frage zu befassen, ob ein Mietvertrag über ein unbebautes Grundstück, auf dem sich ein zu Wohnzwecken nutzbares Superädifikat befindet oder auf dem laut Vertrag ein solches zu errichten ist, der Gebührenbefreiung des § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG für „Verträge über die Miete von Wohnräumen“ unterliegt.

Zur Auslegung des Begriffes des „Wohnraums“ kann auf die Begriffe „Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen“ in § 33 TP 5 Abs 3 letzter Satz GebG in der Fassung vor BGBl I 2017/147 zurückgegriffen werden. Hier legt, so der VwGH in seinem Erkenntnis vom 18. 8. 2020, Ra 2020/16/0077, die Syntax nahe, dass sich der Halbsatz „die überwiegend Wohnzwecken dienen“ auf „Gebäude oder Gebäudeteile“ bezieht, wobei „Wohnzwecke“ lt der Materialien zum AbgÄG 1998 als Gebäude oder Räumlichkeit in Gebäuden, jedenfalls aber als abgeschlossenen Raum, der zumindest auch eine Nächtigung ermöglicht, zu verstehen ist (ErläutRV 1471 BlgNR 20. GP 27). Ein unbebautes Grundstück erfüllt diese Kriterien nicht und ist daher weder von seinem Wortlaut noch sachlich als ein „zu Wohnzwecken“ bestimmtes Bestandobjekt und damit auch nicht als „Wohnraum“ iSd § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG anzusehen.

Der VwGH gab sohin der Amtsrevision statt und verneinte die Anwendbarkeit der Gebührenbefreiung.

Conclusio

In seiner anderslautenden Entscheidung vom 15. 2. 2021, RV/7101260/2020 (siehe im Detail Pacher, LexisNexis Rechtsnews 30893 v 17. 5. 2021) brachte das BFG folgendes Beispiel vor: In Variante 1 mietet A von C ein Ferienhaus zu Wohnzwecken und den umliegenden Garten. Dieser Vertrag unterläge nach hA zur Gänze der Befreiungsbestimmung für Wohnraum. In Variante 2 handelt es sich bei dem Ferienhaus jedoch um ein Superädifikat: Nun sei nur mehr der Mietvertrag über das Gebäude gebührenbefreit, jener über den Garten unterläge plötzlich der Rechtgeschäftsgebühr — diese unterschiedliche Behandlung sei nicht von der allgemeinen Lebenserfahrung gedeckt und verfassungsrechtlich bedenklich.

Zu beachten ist jedoch, dass auch Variante 1 für eine Gebührenbefreiung voraussetzt, dass der Garten gemeinsam mit dem Wohnraum in Bestand gegeben wird (vgl Lehner/Schaffer in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG § 33 TP 5 Rz 223) — vorliegend wird aber, wie der VwGH richtig ausführt, überhaupt kein Wohnraum in Bestand gegeben. Das Superädifikat befindet sich bereits im Eigentum des Mieters der Liegenschaft. Die vom BFG vorgebrachte Variante 2 korrespondiert daher nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt. UU hätte der VwGH anders entschieden, wenn neben der Liegenschaft auch das Superädifikat (sohin tatsächlich Wohnräume) in Bestand gegeben worden wäre, diesfalls könnte eine Gesamtbetrachtung von Wohnraum und Liegenschaft wie sonst für Gärten oder Abstellplätze erwogen werden und § 33 TP 5 Abs 4 Z 1 GebG greifen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33067 vom 22.09.2022