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Mit Säumnisbeschwerde nach § 284 BAO kann gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht einer Abgabebehörde vorgegangen werden. Der VwGH hatte sich hier mit der Frage auseinanderzusetzen, ob dies auch für die Nichterledigung eines Rückzahlungsantrages gemäß § 239 Abs 1 BAO gilt. Strittig war dies, weil dem BFG die Kompetenz zur Setzung eines „Realaktes“ (hier: die Überweisung durchzuführen) fehlt. Der VwGH erkannte, dass das BFG – nach Übergang der Entscheidungsbefugnis – aber jedenfalls zu entscheiden hätte: Nämlich entweder durch Abweisung des Antrags, oder durch Ausspruch, dass der betreffende Betrag rückzuzahlen ist.
VwGH 25. 6. 2020, Ro 2019/15/0001
Sachverhalt
Die revisionswerbende Partei beantragte am 22. 2. 2018 über Finanz-Online die Rückzahlung des auf ihrem Steuerkonto ausgewiesenen Guthabens. Mit mehreren Schreiben im März und April 2018 urgierte sie die Bearbeitung des Rückzahlungsantrages. Das Anbringen wurde aber auch weiterhin nicht erledigt: es fand weder eine formlose Erledigung durch faktische Rückzahlung statt, noch wurde der Antrag bescheidmäßig abgewiesen. Am 4. 9. 2018 – somit mehr als sechs Monate nach Antragstellung – brachte die Partei schließlich eine Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO ein. Das BFG wies die Säumnisbeschwerde zurück. Begründend führte das BFG aus, dass ihm zu einer Rückzahlung die Zuständigkeit fehle. Es könne nämlich nur eine rechtsprechende Tätigkeit entfalten, nicht aber faktische Leistungen erbringen und Realakte setzen. Damit könne der behördlichen Säumigkeit über einen Antrag auf Rückzahlung nur in einer der beiden denkmöglichen Entscheidungsrichtungen begegnet werden, nämlich durch Erlassung eines antragsabweisenden Bescheides, nicht aber durch Rückzahlung des Guthabens. Der Erledigungsanspruch sei daher mit dem Instrument der Säumnisbeschwerde nicht durchsetzbar. Gegen den abweisenden Beschluss des BFG richtet sich die gegenständliche ordentliche Revision.
Entscheidung des VwGH
Rückzahlungsanträge iSd § 239 Abs 1 BAO unterliegen gemäß § 85a BAO der Entscheidungspflicht. Über den Antrag ist mit Bescheid abzusprechen, soweit ihm nicht entsprochen wird (vgl Ritz, BAO6, § 239 Tz 14). Wird dem Antrag stattgegeben, findet er in der Rückzahlung seine Erledigung (vgl Stoll, BAO, 2478).
Erhebt eine Partei Säumnisbeschwerde, hat das Verwaltungsgericht der Abgabenbehörde nach § 284 Abs 2 BAO aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
Die Vorlage einer Bescheidabschrift hat „gegebenenfalls“ zu erfolgen. Dieser Wortlaut berücksichtigt Fälle, in denen ein Bescheid nur insoweit zu erlassen ist, als die begehrte Amtshandlung nicht erfolgt(vgl Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³, § 284 Anm 18). Ein solcher Fall liegt etwa bei einem Antrag auf Rückzahlung eines Guthabens vor (vgl Ritz, BAO6, § 284 Tz 23).
Dass das BFG im Falle eines Übergangs der Zuständigkeit den Antrag nicht durch Setzung des Realaktes der Rückzahlung einer Erledigung zuführen könnte, ändert jedoch nichts am Anspruch des Antragstellers auf Erledigung.
Wenn – wie im Revisionsfall – einem Antrag auf Rückzahlung nach § 239 BAO nicht durch den Realakt der Rückzahlung entsprochen wird, bedarf es eines das Anbringen erledigenden Bescheides. Ergeht ein solcher nicht und kommt es nach Maßgabe des § 284 Abs 3 BAO zum Übergang der Zuständigkeit auf das Verwaltungsgericht, hat das Verwaltungsgericht – bei Bestehen eines entsprechenden Rückzahlungsanspruches und unter Beachtung der Ermessensregelung des § 239 Abs 2 BAO – auszusprechen, dass der betreffende Betrag zurückzuzahlen ist.
Conclusio
Der VwGH sorgt mit dieser Entscheidung für das Schließen einer – vom BFG angenommenen – Rechtsschutzlücke. Auch nicht erledigte Rückzahlungsanträge sind einer Säumnisbeschwerde zugänglich.