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Nichtunternehmer – Unkenntnis von Insolvenzverfahren

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

IO: § 3

Nach § 3 Abs 2 IO wird der Verpflichtete durch Zahlung einer Schuld an den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht befreit, es sei denn, das Geleistete wird der Insolvenzmasse zugewendet oder dem Verpflichteten war zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bekannt und die Unkenntnis beruhte nicht auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt.

Im HInblick auf die allgemein zugängliche Insolvenzdatei und die Verbreitung der technischen Mittel für den Zugang dazu ist die Kenntnisnahme von Insolvenzen heute generell deutlich erleichtert. Es lässt sich aber nicht allein aus dieser Möglichkeit auf eine Pflicht zur Nachschau schließen. Eine Verpflichtung für Nichtunternehmer zur regelmäßigen Kontrolle der Vertragspartner im Hinblick auf mögliche Insolvenzen vor einer Zahlung ist grundsätzlich abzulehnen.

Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann vielmehr nur angenommen werden, wenn im Einzelfall konkrete Umstände hinzutreten, die auch für einen Nichtunternehmer die Annahme der Insolvenz des Vertragspartners nahelegen, und wenn dessen ungeachtet zumutbare Nachforschungen unterlassen werden.

OGH 17. 12. 2020, 9 Ob 33/20y

Entscheidung

Im konkreten Fall wurden die Arbeiten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgesetzt und auch abgeschlossen. Dem Bekl wurde nach Beendigung der Arbeiten eine Rechnung übergeben, die – zwar anders als vereinbart – einen Pauschalbetrag auswies (mit Umsatzsteuer) und zur Überweisung des Rechnungsbetrags auf ein bestimmtes Konto aufforderte. Dass das Konto nicht das des Unternehmens war, fiel dem Bekl auf und wurde von ihm auch hinterfragt. Diesbezüglich erhielt er vom Geschäftsführer der Schuldnerin eine plausible Erklärung. Warum er auf die Richtigkeit dieser Angaben nicht hätte vertrauen dürfen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere der Umstand, dass es sich um eine Überweisung, nicht eine Barzahlung handelte, der Geldfluss daher nachvollziehbar blieb, war geeignet, den Vorgang für ihn unverdächtig zu machen.

Es verbleibt daher im vorliegenden Fall nur das ungewöhnliche Schriftbild der Rechnung als Anhaltspunkt dafür, dass etwas „komisch“ war, die Nichtverwendung des Firmenpapiers, des Firmenlogos und die nicht firmenmäßige Zeichnung. Dass der Bekl allein aus dem Vorliegen einer nicht ordnungsgemäßen Rechnung nicht auf eine Insolvenz des Vertragspartners geschlossen hat bzw sich nicht zu Nachforschungen in diese Richtung verpflichtet sah, ist ihm im konkreten Fall aber nicht als Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen, insb im Hinblick darauf, dass die Arbeiten erst kurz davon regulär abgeschlossen worden waren und eine Überweisung und keine Barzahlung verlangt wurde.

Ausgehend von diesem festgestellten Sachverhalt, kann dem Bekl die Unkenntnis vom Insolvenzverfahren seines Vertragspartners nicht vorgeworfen werden. Ob der Unternehmer, die Insolvenz nicht dennoch kannte, steht noch nicht fest.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30399 vom 09.02.2021