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Abstract
Das BFG hatte sich im vorliegenden Fall mit der Beschwerde gegen einen vom „Amt für Betrugsbekämpfung“ erlassenen Bescheid auseinanderzusetzen, mit dem die Akteneinsicht in einem Finanzstrafverfahren abgewiesen wurde. Ohne sich inhaltlich mit dem Fall zu beschäftigen, sprach das BFG aus, dass sowohl aus dem Kopf des Bescheides als auch aus dem Spruch erkenntlich sein muss, dass das Amt für Betrugsbekämpfung „als Finanzstrafbehörde“ tätig wurde. Da sowohl im Kopf des Bescheides als auch im Spruch die Formulierung „Amt für Betrugsbekämpfung – Bereich Finanzstrafsachen“ gewählt wurde und nicht der Zusatz „als Finanzstrafbehörde“, war der ursprüngliche Bescheid wegen Unzuständigkeit aufzuheben.
BFG 1. 3. 2023, RV/3300001/2023
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) beantragte die Akteneinsicht in einen Strafakt eines Finanzstrafverfahrens. Das dem Strafakt zugrunde liegende Strafverfahren war zum Zeitpunkt des Antrags auf Akteneinsicht bereits rechtskräftig abgeschlossen. Mittels Bescheid wurde der Antrag auf Akteneinsicht teilweise abgewiesen, wobei das „Amt für Betrugsbekämpfung – Bereich Finanzstrafsachen“ als bescheiderlassende Behörde auftrat. Weder aus dem Kopf noch aus dem Spruch des Bescheides war ersichtlich, dass das „Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde“ tätig wurde.
Gegen den abweisenden Bescheid erhob die Bf zeitgerecht Beschwerde, die dem Bundesfinanzgericht (BFG) vorgelegt wurde. Die Bf adressierte die Beschwerde an das „Amt für Betrugsbekämpfung – Bereich Finanzstrafsachen“ und führte auch als belangte Behörde das „Amt für Betrugsbekämpfung – Bereich Finanzstrafsachen“ an. Das BFG hatte zu beurteilen, ob im Kopf und im Spruch des Bescheides eine Bezeichnung als „Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde“ erforderlich gewesen wäre und ob diese Formulierung auch in der Beschwerde gegen den Bescheid gewählt werden hätte müssen.
Entscheidung des BFG
Gem § 58 Abs 1 lit b FinStrG ist das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde für die Durchführung von Finanzstrafverfahren zuständig. Das Recht auf Akteneinsicht leitet sich aus § 79 Abs 1 FinStrG ab, wonach „[d]ie Finanzstrafbehörde […] dem Beschuldigten und den Nebenbeteiligten in jeder Lage des Verfahrens und auch nach dessen Abschluß die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten [hat]“.
Vor der Finanzorganisationsreform (FOR) oblag die Gewährung der Akteneinsicht bei Finanzstrafverfahren nicht den „Finanzämtern“ an sich, sondern den „Finanzämtern als Finanzstrafbehörde“. Mit § 265 Abs 2 lit a FinStrG trat im Zuge der FOR das „Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde“ an die Stelle der „Finanzämter als Finanzstrafbehörde“. Daraus leitet das BFG im vorliegenden Fall ab, dass das „Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde“ zuständig ist. Nach Ansicht des BFG ist der Zusatz „als Finanzstrafbehörde“ aufgrund der expliziten Anführung in der Übergangsbestimmung keinesfalls obsolet geworden.
Die Angabe des Bereichs Finanzstrafsachen vermag nach Ansicht des BFG nicht den Hinweis auf die funktionelle Zuständigkeit „als Finanzstrafbehörde“ zu ersetzen. Die Tatsache, dass ein Rechtsakt dem Geschäftsbereich Finanzstrafsachen zuzuordnen ist, bringt nicht zum Ausdruck, dass die Behörde als Finanzstrafbehörde iSd FinStrG tätig wurde. Auch aus den §§ 2 und 3 ABBG kann nicht abgeleitet werden, dass das Amt für Betrugsbekämpfung immer als Finanzstrafbehörde tätig wird, weil darin auch andere Aufgabenbereiche genannt sind, die dem Amt für Betrugsbekämpfung obliegen.
Zuständig für die Gewährung der Akteneinsicht ist nach Ansicht des BFG im vorliegenden Fall somit nicht das „Amt für Betrugsbekämpfung“, sondern das „Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde“. Das BFG hob den Bescheid daher wegen der Erlassung durch eine unzuständige Behörde auf, ohne auf eine inhaltliche Würdigung der Beschwerde einzugehen. Da bisher jedoch Rsp des VwGH zur Bedeutung des Zusatzes „als Finanzstrafbehörde“ fehlt, ließ das BFG die Revision zu. Gegen das Erkenntnis des BFG wurde Amtsrevision erhoben.
Conclusio
Das Erkenntnis des BFG überzeugt, weil schon aus dem Wortlaut von § 58 Abs 1 lit b FinStrG die Zuständigkeit des Amts für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde abgeleitet werden kann. Da dem Amt für Betrugsbekämpfung neben dem Geschäftsbereich Finanzstrafsachen auch die Wahrnehmung der sonstigen in § 2 Abs 2 ABBG genannten Geschäftsbereiche und die Erledigung der in § 3 ABBG genannten Aufgaben obliegt, ist ohne die Bezeichnung „als Finanzstrafbehörde“ nicht ersichtlich, dass das Amt für Betrugsbekämpfung funktionell als Finanzstrafbehörde tätig wird. Keinesfalls wird das Amt für Betrugsbekämpfung immer als Finanzstrafbehörde tätig (vgl Lehner, Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bei Maßnahmenbeschwerden gegen Amtshandlungen der Finanzpolizei, SWK 2021, 887 [888]). In Zukunft hat sich Amt für Betrugsbekämpfung wohl im Kopf des Bescheides und auch im Spruch eindeutig als „Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde“ zu bezeichnen, wenn es in seiner funktionellen Zuständigkeit als Finanzstrafbehörde tätig wird.