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Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung bei einer Schule mit Heimpflicht

Bearbeiter: Jürgen Romstorfer

EStG 1988: § 34 Abs 8

Verordnung des Bundesministers betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Woh-nortes, BGBl 1995/624: § 2 Abs 3

Abstract

Im vorliegenden Fall hatte sich das BFG mit der Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen für den Besuch einer Schule mit Heimpflicht auseinanderzusetzen. Außergewöhnliche Belastungen können bei Ausbildungen geltend gemacht werden, wenn sich im Umkreis von 80 km vom Wohnort keine Ausbildungsstätte befindet oder wenn im Umkreis von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit besteht und daher außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnt wird. Das BFG kam im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass, wenn im Umkreis von 25 km nur Schulen mit Heimpflicht bestehen, keine andere adäquate Ausbildungsmöglichkeit vorliegt.

BFG 5. 3. 2024, RV/3100385/2022

Sachverhalt

In der Arbeitnehmerveranlagung machte der Bf jeweils den Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung seiner Töchter A und B als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Tochter A besuchte eine Schule in der Entfernung von 12,5 km vom Wohnort, für die monatlich ein Schulgeld iHv 110 € zu entrichten war. Die Tochter B besuchte hingegen eine andere Schule, die 5,5 km vom Wohnort entfernt lag, in der jedoch Heimpflicht bestand. Im Einkommensteuerbescheid für 2016 berücksichtigte das FA für keine der beiden Töchter den Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung, weil sich die Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 25 km vom Wohnort befinden würden. Gegen den Bescheid erhob der Bf Beschwerde. Darin führte er aus, ein Pauschbetrag stehe sehr wohl zu, weil für Tochter A ein monatliches Schulgeld von 110 € zu entrichten war und weil Tochter B innerhalb von 25 km keine andere adäquate Ausbildungsmöglichkeit hatte.

Entscheidung des BFG

Eingangs hält das BFG fest, dass Unterhaltsleistungen für ein Kind an sich durch die Familienbeihilfe sowie durch den Kinderabsetzbetrag abgegolten werden. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst als eine außergewöhnliche Belastung anzusehen sind. Dies ist gem § 34 Abs 8 EStG der Fall, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. In der zu § 34 Abs 8 EStG ergangenen Verordnung (Verordnung des Bundesministers betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl 1995/624 [in der Folge „Verordnung“ genannt]) wird bestimmt, dass Ausbildungsstätten dann außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes liegen, wenn sie vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind. Darüber hinaus gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gem § 2 Abs 3 Verordnung ebenfalls nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen.

Zu Tochter A, für die ein Schulgeld iHv 110 € pro Monat zu entrichten war, hält das BFG fest, dass die Bezahlung von Schulgeld nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs 7 Z 4 EStG zu außergewöhnlichen Belastungen führen kann. Demnach sind solche Aufwendungen nur insofern zu berücksichtigen, wenn sie beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Bei Schulgeld fehlt es jedoch an der Zwangsläufigkeit, weil die Ausbildung kraft freien Willensentschlusses erfolgt. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Zahlung des Schulgeldes als außergewöhnliche Belastung für Tochter A war die Beschwerde somit abzuweisen.

Im nächsten Schritt beschäftigte sich das BFG mit der Berücksichtigung der Ausbildungskosten für Tochter B. Auch ihre Schule liegt an sich im Einzugsbereich des Wohnortes. Da in der Schule der Tochter B jedoch Heimpflicht besteht, ist auf § 2 Abs 3 Verordnung Bedacht zu nehmen. Tochter B bewohnt aufgrund der Heimpflicht außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft. Nach Ansicht des BFG befindet sich innerhalb von 25 km vom Wohnort keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit. Dies begründet das Gericht damit, dass im Umkreis von 25 km keine entsprechende Schule ohne Heimpflicht existiert, weshalb ein Besuch einer gleichartigen Schule durch die Tochter ohne finanziellen Mehraufwand (somit ohne Heimkosten) innerhalb von 25 km nicht möglich war. Der Pauschbetrag nach § 34 Abs 8 EStG war somit zu berücksichtigen (abweichend dazu BFG 24. 3. 2014, RV/2100391/2013).

Da zur Frage, ob bei Heimpflicht einer Schule § 2 Abs 3 Verordnung zur Anwendung gelangen kann, wenn innerhalb eines Umkreises von 25 km keine Schule ohne Heimpflicht existiert, keine einheitliche Rsp vorliegt, ließ das BFG die Revision zu. Soweit ersichtlich wurde diese jedoch noch nicht erhoben.

Conclusio

Unter dem Einzugsbereich ist jener Bereich zu verstehen, in dem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Ausbildungsort zeitlich noch als zumutbar anzusehen ist (VwGH 31. 10. 2000, 95/15/0196). Jedenfalls außerhalb des Einzugsbereichs vom Wohnort liegen Ausbildungsstätten, die mehr als 80 km von diesem entfernt sind. Aber auch Ausbildungsstätten mit einer Entfernung von weniger als 80 km können außerhalb des Einzugsbereichs des Wohnortes liegen, insofern innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit vorliegt und deshalb am Ausbildungsort eine Zweitunterkunft (bspw Internat, vgl LStR 2002 Rz 882) verwendet wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich wohl um einen solchen Fall, weil innerhalb von 25 km vom Wohnort lediglich andere Ausbildungsmöglichkeiten bestehen, für die ebenso ein Heimplatz bezogen werden müsste. Der finanzielle Mehraufwand könnte somit nicht durch den Besuch einer anderen Schule vermieden werden.

Im Erk vom 24. 3. 2014 kam das BFG in einem ähnlichen Fall zu einem abweichenden Ergebnis. Dort brachte der Bf vor, eine tägliche Heimreise sei aufgrund der Internatspflicht nicht möglich gewesen. Das BFG stellte dazu lediglich fest, dass die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln unter einer Stunde betrug, weshalb der Pauschbetrag nicht zustand. Mit der Internatspflicht setzte sich das Gericht nicht näher auseinander: „Aus dem Wortlaut des § 2 (3) der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995, in der Fassung BGBl. II Nr. 449/2001 ergibt sich ebenfalls eindeutig, dass ein (freiwilliger) Internatsaufenthalt bei der gegebenen Entfernung nicht bewirkt, dass die Ausbildungsstätte als außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen gilt“ (BFG 24. 3. 2014, RV/2100391/2013). Da dort keine Sachverhaltsfeststellungen zu alternativen Ausbildungsstätten getroffen wurden, ist ein Vergleich der Fälle nur schwer vorzunehmen. Im Ergebnis überzeugen jedoch die neueren Ausführungen des BFG, wonach bei einem Fehlen einer alternativen adäquaten Ausbildungsstätte in der Umgebung von 25 km vom Einzugsbereich und dem damit im Zusammenhang stehenden Beziehen einer Zweitunterkunft am Ausbildungsort der Pauschbetrag zusteht, weil der durch den Bezug einer Zweitunterkunft entstehende Mehraufwand nicht vermieden werden kann.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35477 vom 31.05.2024